Adler Gruppe: doch Verstoß gegen die Anleihebedingungen?

Falls Adler nicht bereits Gespräche mit den besicherten Gläubigern führt, werden sie dies in jedem Fall bald tun – hat DMR Legal in einer ganz frischen Analyse herauskristallisiert (‚vorläufige rechtliche Einschätzung‘).

DMR Legal hat eine rechtliche Analyse der Rechte der Anleihegläubiger nach der Veröffentlichung des Jahresabschlusses der Adler Gruppe am 30. April 2022 mit Versagungsvermerk der KPMG Luxemburg erstellt. DMR sei der vorläufigen Auffassung, dass die Veröffentlichung des Jahresabschlusses mit Versagungsvermerk, weil der Abschlussprüfer nicht in der Lage war, ein Prüfungsurteil abzugeben, nicht die rechtlichen Anforderungen an einen ‚geprüften‘ Jahresabschluss im Sinne der Anleihebedingungen von einigen der Adler Group S.A. emittierten Anleihen erfülle.

Aus diesem Grund halte DMR nach einer erforderlichen Auslegung der Anleihebedingungen unter deutschem Recht – im Gegensatz zu öffentlichen Bekanntmachungen des Managements der Adler Gruppe – die entsprechende Verpflichtungserklärung unter den Anleihebedingungen für verletzt.

Die Analyse umfasst knapp fünf Seiten und kann bei BondGuide oder DMR Legal als pdf angefragt werden.

Das vorläufige Fazit:

Es bedeute, dass Anleihegläubiger, wenn sie das in den Anleihebedingungen festgelegte Quorum (meist 15% des Nennwerts) erreichen, die Anleihen fällig stellen und die sofortige Rückzahlung zum Nennwert verlangen können. Das bedeutet auch, dass die Cross-Default-Klauseln ausgelöst werden könnten und das Unternehmen daher so schnell wie möglich Restrukturierungsmaßnahmen ergreifen muss. Die Anleihegläubiger müssen sich organisieren und sollten Finanz- und Rechtsberater engagieren, um Verhandlungen mit dem Unternehmen aufzunehmen.

Wenn Adler nicht bereits Gespräche mit den besicherten Gläubigern führt, werden sie dies in jedem Fall bald tun. Die Gespräche werden wahrscheinlich Zugeständnisse wie Forderungsverzichte oder ähnliches beinhalten. Dies geschieht in der Regel zu dem Zweck, einen Ausfall unter den Darlehensverträgen und in der Folge einen nach den Anleihebedingungen möglichen sogenannten Cross-Default zu vermeiden.

Nach Einschätzung der DMR Legal sei es für Anleihegläubiger unerlässlich, sich zu organisieren und in den Verhandlungen vertreten zu lassen, um von Anfang an und auf Augenhöhe an diesem Restrukturierungsprozess teilzunehmen. Andernfalls sei zu befürchten, dass Banken oder andere Beteiligte ihre bereits vorteilhafte Position zum Nachteil der Anleihegläubiger weiter ausbauen werden.