Law Corner: Wertpapieremissionen bis 8 Mio. EUR künftig prospektfrei

I. Wegerich und E. Recklin, Luther RAs
I. Wegerich und E. Recklin, Luther RAs

Um nicht qualifizierte Anleger zu schützen, sind bei prospektfreien Emissionen ab 1 Mio. EUR ferner bestimmte Einzelanlageschwellen zu beachten. Möchten Emittenten allerdings für grenzüberschreitende Angebote von dem Europäischen Pass profitieren, müssen sie nach der EU-Prospektverordnung bereits ab 1 Mio. EUR einen Prospekt erstellen und billigen lassen, der dann in andere Mitgliedstaaten notifiziert werden kann.

Das Wertpapier-Informationsblatt darf erst veröffentlicht werden, wenn die BaFin die Veröffentlichung gestattet. Es darf nicht mehr als drei DIN-A4-Seiten umfassen und muss mindestens die wesentlichen Informationen über die Wertpapiere, den Anbieter, den Emittenten und etwaige Garantiegeber in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise enthalten – das Gesetz nennt hier die relevanten Mindestinformationen und auch die vorgesehene Reihenfolge.

Die BaFin hat dem Anbieter innerhalb von zehn Werktagen nach Eingang mitzuteilen, ob sie die Veröffentlichung gestattet. Geprüft wird hier auf Vollständigkeit und auf das Einhalten der Reihenfolge der erforderlichen Angaben, nicht aber auf die inhaltliche Richtigkeit.

Foto: © XtravaganT – stock.adobe.com

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Bei prospektfreien Emissionen ab 1 Mio. EUR dürfen die Wertpapiere ausschließlich im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung über ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen vermittelt werden, das rechtlich zudem verpflichtet ist, zu prüfen, ob der Gesamtbetrag der Wertpapiere, die von einem nicht qualifizierten Anleger erworben werden können, folgende Beträge nicht übersteigt:

1. 1.000 EUR
2. 10.000 EUR, sofern der jeweilige nicht qualifizierte Anleger nach einer von ihm zu erteilenden Selbstauskunft über ein frei verfügbares Vermögen in Form von Bankguthaben und Finanzinstrumenten von mindestens 100.000 EUR verfügt, oder
3. den zweifachen Betrag des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des jeweiligen nicht qualifizierten Anlegers nach einer von ihm zu erteilenden Selbstauskunft, höchstens jedoch 10.000 EUR.

Es ist vorgesehen, dass die dargestellten Regelungen ab dem 21. Juli 2018 in Kraft treten und dass zu diesem Zeitpunkt prospektfreie Wertpapieremissionen bis 8 Mio. EUR möglich sind.

KMU-InteressenverbandFazit
Grundsätzlich ist aus Sicht des kapitalmarktorientierten deutschen Mittelstandes sehr erfreulich, dass nun in vollem Umfang von der Prospektbefreiung bis zu 8 Mio. EUR Gebrauch gemacht wird – der Anlegerschutz wird zugleich durch das Wertpapier-Informationsblatt gewährleistet.

Sehr kritisch müssen jedoch die Schwellenwerte und insbesondere die zwingende ausschließliche Verpflichtung des Vertriebes über Anlageberatung und Anlagevermittlung über ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen gesehen werden, das dann auch noch die Einhaltung der Schwellenwerte überprüfen soll. Hier erscheint die Praktikabilität dieser Regelungen doch sehr fraglich.

Prospektfreie Eigenemissionen und ein Vertrieb über die Website oder den Ladentisch sind nach dem Wortlaut danach ausgeschlossen.

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