Frauenquote* – sie scheint zu kommen!

GSK Stockmann

Dr. Anne de Boer, Partnerin und Rechtsanwältin, und Runa Ruccius, Rechtsanwältin, GSK Stockmann + Kollegen, Stuttgart

Am 20. Juni 2014 haben das Justizministerium und das Bundesfamilienministerium einen Referentenentwurf für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vorgelegt, kurz: die Regelung der Frauenquote.

Grundstruktur

Der Referentenentwurf erfasst 3 unterschiedliche Arten von Gesellschaften und zwar:

börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen mit einer verbindlichen Geschlechterquote von mindestens 30% für Aufsichtsräte

börsennotierte oder mitbestimmte Unternehmen, die für Aufsichtsräte, Vorstände und oberste Management-Ebenen Zielgrößen festlegen müssen

Unternehmen des Öffentlichen Dienstes des Bundes.

Die Regelungen für die Privatwirtschaft sollen nebeneinander gelten. Unternehmen sind dabei börsennotiert, wenn die Aktien im regulierten Markt zum Handel zugelassen sind, nicht jedoch bei einem Handel nur im Freiverkehr einschließlich Entry Standard.

Feste Mindestquote für Aufsichtsräte

Für Aufsichtsräte in börsennotierten und der paritätischen Mitbestimmung unterliegenden Gesellschaften soll eine feste Mindestquote von 30% gelten, und zwar für Anteilseigner- und Arbeitnehmerbank gesondert. Erfasst werden nur Unternehmen, für die das Mitbestimmungsgesetz, das Montan-Mitbestimmungsgesetzt oder das Mitbestimmungsergänzungsgesetzt gilt. Damit erfasst die Regelung die AG und die KGaA. Die mitbestimmte SE sowie börsennotierte Unternehmen, die aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehen und dort der Mitbestimmung unterliegen, ‚sollen‘ die Quote beachten.

Sofern die Regelungen nicht eingehalten werden, ist die Wahl zum Aufsichtsrat weitgehend nichtig und die betroffenen Plätze bleiben in der Regel unbesetzt („Leerer Stuhl“). Für die Arbeitnehmerseite bestehen hier jedoch komplexe Regelungen, die in der Begründung zum Referentenentwurf näher dargestellt sind.

Die Quote soll ab dem 1. Januar 2016  für jeweils neu zu besetzende Aufsichtsratsposten gelten; bestehende Mandate bleiben hiervon unberührt.

Verbindliche Zielgrößen für Vorstand, Aufsichtsrat und Management Börsennotierte oder mitbestimmte Unternehmen haben ab dem 1. Januar 2015 Zielgrößen für den Aufsichtsrat, Vorstand und die ersten beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands verbindlich festzulegen. Die Besetzung muss mindestens einen Mann und eine Frau vorsehen. Zugleich sollen ein Verschlechterungsverbot gelten und Umsetzungsfristen festgelegt werden, die nicht länger als drei Jahre betragen dürfen. Konkrete Sanktionen für die Nichteinhaltung der Zielgrößen sieht der Referentenentwurf allerdings nach unserem Verständnis nicht vor.

Die Mitbestimmung greift in der Regel bereits ab 500 Mitarbeitern und erfasst neben der Aktiengesellschaft und der Kommanditgesellschaft auf Aktien insbesondere auch die GmbH, die eingetragene Genossenschaft (eG) und den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG).

Fazit
Die verpflichtende Frauenquote für den Aufsichtsrat soll für ca. 120 Unternehmen der Privatwirtschaft gelten. Die Zielgrößen für Vorstände, Aufsichtsrat und Management werden nach Schätzung der Ministerien für 3.500 Unternehmen gelten. Zudem sollen Verstöße gegen Zielgrößen wohl nicht unmittelbar sanktioniert werden. Es bleibt abzuwarten, was die Endfassung des Gesetzes vorschreiben wird und in wie weit die Unternehmen es umsetzen werden. Spannend ist auch, ob es die Kultur in Deutschland nachhaltig und breit verändern wird oder ob sich die weiblichen Aufsichtsratsmandate auf einen kleinen, exklusiven Kreis Goldener Röcke aufteilen werden.

*) das Gesetz ist natürlich neutral formuliert und enthält damit auch eine ‚Männerquote‘.