Folgepflichten nach den Freiverkehrsregelungen – Folgen bei deren Verletzung

Um die mittelständischen Anleihen attraktiver zu machen, haben nunmehr fast alle Börsen in Deutschland als Teil des Freiverkehrs besondere Handelssegmente wie den Entry Standard, Bondm, mittelstandsmarkt oder m:access eingerichtet. Die Freiverkehrsregelungen der Börsen sehen für diese Handelssegmente Anforderungen sowohl hinsichtlich der Aufnahme in das jeweilige Börsensegment als auch Folgepflichten vor.

Typische Voraussetzungen für die Aufnahme und Folgepflichten
Die Voraussetzungen und Folgepflichten sollen insbesondere die Transparenz erhöhen. Unabhängig davon, ob ein öffentliches Angebot vorliegt, muss z.B. für eine Einbeziehung in den Handel der besonderen Segmente ein von einer Aufsichtsbehörde gebilligter Prospekt vorliegen. Nach der Aufnahme zum Handel sind jährliche und halbjährliche Finanzinformationen zu veröffentlichen und das Rating ist jährlich zu aktualisieren. Weiterhin besteht die sogenannte Quasi-Ad-hoc-Pflicht, nach der konkrete Informationen über bisher nicht öffentlich bekannte Umstände zu veröffentlichen sind, die wegen ihrer Auswirkungen auf dessen Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage geeignet sind, den Börsenpreis der jeweiligen Anleihe erheblich zu beeinflussen. Wann genau bei Anleihen eine Quasi-Ad-hoc-Mitteilung zu veröffentlichen ist, ist strittig. Nach dem Emittentenleitfaden der BaFin wird dies bei Anleihen in der Regel nur ausnahmsweise vorliegen und zwar, wenn die Erfüllung der mit der Anleihe verbundenen Verpflichtungen des Emittenten, wie z.B. die Rückzahlung und die Zinszahlung, aufgrund der Informationen beeinträchtigt sein dürfte. Bei mittelständischen Emittenten kann dies im Einzelfall selbst bei „normalen“ Geschäften bereits der Fall sein.

Folgen bei Verstoß gegen die Folgepflichten nach den Freiverkehrsregelungen
Zunächst sehen die Freiverkehrsregelungen selbst Folgen vor, wenn die Folgepflichten nicht eingehalten werden: So kann die Börse deren Einhaltung verlangen, den Verstoß veröffentlichen und im Extremfall eine Einbeziehung im jeweiligen Segment beenden. Inzwischen sind Freiverkehrsregelungen auch um Strafzahlungen bei einem Verstoß ergänzt. Fraglich ist, ob auch die Anleger Ansprüche gegen den Emittenten haben, wenn eine Quasi-Ad-hoc-Mitteilung oder andere Veröffentlichung falsch ist, verspätet oder gar nicht erfolgt. Ausdrückliche Regelungen gibt es hierzu nicht. Die §§ 15, 37 b, c WpHG über Ad-hoc-Mitteilungen und fehlerhafte Kapitalmarktinformationen zum Beispiel sind auf die Freiverkehrssegmente gerade nicht, nach überwiegender Ansicht auch nicht entsprechend anzuwenden. Ansprüche können grundsätzlich nur geltend gemacht werden, wenn ein deliktischer Anspruch nach den §§ 823 ff. BGB und insbesondere ein Fall der vorsätzlich-sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB erfüllt ist. Die Anforderungen an die Kausalität der Schädigung und den Schaden sind dabei häufig schwer zu erfüllen. Bislang nicht bestätigt ist die Überlegung, dass die Folgepflichten der Freiverkehrsregelungen der Börsen Nebenbestimmungen zu den Anleihen sind und Anleger damit unmittelbar aus den Anleihebedingungen Ansprüche ableiten können, wenn die Folgepflichten nicht eingehalten werden.

Fazit
Auch wenn die Risiken bei einem Verstoß gegen die Freiverkehrsregelungen bislang als relativ gering bewertet werden, sollten die Emittenten sich darauf nicht verlassen. Es bestehen Rechtsgrundsätze, aufgrund derer die Haftung insbesondere auch gegenüber den Anlegern erweitert werden könnte. Die Börsen haben außerdem begonnen, den Emittenten Strafzahlungen aufzuerlegen. Zudem dürften die Initiativen auf europäischer Ebene, die gesetzlichen Regelungen zu Insiderinformationen und Ad-hoc-Mitteilungen umfassend auch auf den Freiverkehr auszudehnen, auch zu einem erweiterten Haftungssystem führen.