Der Debt-Equity-Swap: Ein Weg aus der Krise – eine Roadmap

Geraten Aktiengesellschaften, die eine Anleihe emittiert haben, in eine Krise, wird oft die Restrukturierung der Anleihe notwendig – und die Fälle von notleidenden Anleihen deutscher Aktiengesellschaften, wie z.B. bei der Praktiker AG oder Solarworld AG, häufen sich. Ein Weg aus der Krise bietet ein Debt-Equity-Swap, da dieser die Eigenkapitalbasis des Unternehmens stärkt. Dabei können die Anleihegläubiger Forderungen aus der Anleihe in Aktien des Unternehmens tauschen.

Durchführung des Debt-Equity-Swap von Anleihen in Aktien
Der Debt-Equity-Swap bei dem Schuldverschreibungsgesetz unterliegenden Anleihen ist zulässig, sofern die Anleihebedingungen einen solchen Tausch vorsehen. Die Anleihegläubiger müssen einen Beschluss fassen, dass die Anleiheforderungen in Aktien getauscht werden. Der Beschluss bedarf der Mehrheit von mindestens 75% der teilnehmenden Stimmrechte. Daneben muss auch der Emittent dem Debt-Equity-Swap zustimmen.

Der Beschluss wird aber erst vollzogen, wenn die Aktien wirksam geschaffen worden sind. Daher erfordert der Tausch der Anleiheforderungen eine Erhöhung des Grundkapitals der Aktiengesellschaft. Diese kann durch eine ordentliche Sachkapitalerhöhung oder der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals erfolgen. Bei einer ordentlichen Kapitalerhöhung muss die Hauptversammlung einen Erhöhungsbeschluss unter Angabe der Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, fassen. Bei einer Anleihe bereitet dies Schwierigkeiten, da die einzelnen Gläubiger nur aufwändig zu identifizieren sind. Denn bei Anleihen resultiert die Gläubigerstellung aufgrund des Innehabens der Schuldverschreibungsurkunde, eine namentliche Registrierung der Gläubiger findet nicht statt.

Ausschluss des Bezugsrechts
Daher kann die Einschaltung einer Bank bei Durchführung der Kapitalerhöhung ratsam sein. Bei der Ausnutzung von genehmigtem Kapital ist eine Mitwirkung der Aktionäre nicht erforderlich. Da genehmigte Kapitalia aber auf 50% des Grundkapitals beschränkt sind, können deren Volumina nicht ausreichend sein, um den Tausch aller Anleihen zu vollziehen. In jedem Fall muss der Erhöhungsbeschluss den Ausschluss des Bezugsrechts der bisherigen Aktionäre vorsehen, damit die neuen Aktien den Anleihegläubigern zugeteilt werden können.

Im Zuge der Kapitalerhöhung haben die Anleihegläubiger ihre Forderungen einzubringen und neue Aktien zu zeichnen. Die Einbringung der Forderungen erfolgt durch schriftlichen Einbringungsvertrag. Dabei verpflichten sich die Gläubiger gegenüber dem Emittenten, die Forderung aus der Anleihe an den Emittenten abzutreten und ihm die Schuldverschreibungsurkunde zu übereignen. Grundsätzlich ist dieser Vertrag von jedem Anleihegläubiger und dem Emittenten abzuschließen. Dies ist jedoch impraktikabel, so dass die Abwicklung über eine Bank erfolgen sollte. In diesem Fall schließt die Bank den Einbringungsvertrag ab.

Werthaltigkeit der Anleiheforderung
Die Anleiheforderung muss im Zeitpunkt der Einbringung werthaltig sein. Ihr Wert richtet sich nach dem realen Zeitwert, der sich aus den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen ergibt. Bei sanierungsbedürftigen Emittenten ist dieser zumeist niedriger als ihr Nennwert, da insbesondere die Solvenz des Anleiheschuldners zu berücksichtigen ist. Nur in Höhe des so ermittelten Werts können die Anleiheforderungen eingebracht und den Anleihegläubigern Aktien zugeteilt werden. Der Wert der Forderung ist durch ein Gutachten eines Prüfers nachzuweisen.

Auf die gerichtliche Werthaltigkeitsprüfung kann aber verzichtet werden, sofern die Anleihen zu einem gewichteten Durchschnittspreis bewertet werden können, zu dem sie während der letzten drei Monate vor dem Tag der Einbringung auf einem organisierten Markt gehandelt worden sind. In Deutschland ist der regulierte Markt i.S.d. Börsengesetzes organisierter Markt, nicht jedoch der Freiverkehr. Unternehmensanleihen sind allerdings häufig im Freiverkehr notiert. Dies gilt insbesondere für die Mittelstandsanleihen, die an den für sie eingerichteten Segmenten der deutschen Börsen notiert sind.

Folgen des Debt-Equity-Swaps

Bringt der Anleihegläubiger im Tausch gegen neue Aktien seine Anleiheforderung in die Aktiengesellschaft ein, wird die Gesellschaft Inhaber der Forderung. Mit Aushändigung der Schuldverschreibungsurkunde wird sie auch Eigentümer dieser Urkunde. Die Übertragung der Forderung auf die Gesellschaft führt aber nicht zugleich zu deren Erlöschen. Da die Schuldverschreibungsurkunde noch vorhanden ist, entweder beim Emittenten oder einer Wertpapiersammelbank, besteht die Forderung beim Emittenten gegen sich selbst fort. Man spricht vom „Ruhen der Forderung“. Erst wenn der Emittent die Urkunden vernichtet oder, falls diese bei einer Bank verwahrt sind, einzieht und entwertet, erlischt die Forderung. Dieses Erlöschen führt zur bilanziellen Reorganisation bei der Gesellschaft, da die Verbindlichkeit aus der Anleihe auszubuchen ist.

Der ehemalige Anleihegläubiger ist mit Aktienausgabe Aktionär der Gesellschaft. Allerdings droht ihm bei Scheitern der Restrukturierung eine Nachschusspflicht in bar, sofern der Wert der eingebrachten Anleiheforderung bei der Kapitalerhöhung zu hoch angesetzt war. Diese Nachschusspflicht ist auf die Differenz zwischen dem bei der Sacheinlage angegebenen Wert der Forderung und ihrem wahren, niedrigeren Wert gerichtet. Für tauschende Anleihegläubiger ist diese Haftung bedeutsam, da sie sich nicht durch Werthaltigkeitsgutachten exkulpieren können.
Von Dr. Markus Friedl, Rechtsanwalt, Dechert LLP*

Ursprünglich erschienen im Special „Anleihen 2013“ des GoingPublic Magazins

*) Dr. Markus J. Friedl ist Rechtsanwalt der Sozietät Dechert LLP in Frankfurt/Main und Mitherausgeber des Frankfurter Kommentars zum Schuldverschreibungsgesetz.