Anleiheemission mit Rückendeckung – Abwehr unberechtigter und Befriedigung berechtigter Ansprüche

Aufgrund des weiter anhaltenden niedrigen Zinsniveaus bei Bundesanleihen sind Unternehmensanleihen ein sehr beliebtes und lukratives Ivestment für den nach Alternativen suchenden Anleger. Für Unternehmen dagegen sind Anleihen ein wichtiges Finanzierungsinstrument. Wie bei fast allen Kapitalanlageprodukten können sich auch bei der Emission einer Unternehmensanleihe diverse Risiken für den Emittenten ergeben. Oft werden diese Risiken von Unternehmen allerdings unterschätzt bzw. vernachlässigt. Gerade wenn die Erwartungen der Anleger nicht erfüllt werden, drohen hohe Schadensersatzklagen. 

Zur Verbesserung des Anlegerschutzes hatte der Gesetzgeber im Juni 2012 die Regelungen zur Prospekthaftung novelliert. Das Verkaufsprospektgesetz wurde vollständig durch das Vermögensanlagengesetz ersetzt. Für Emittenten bedeutet dies, dass die Anforderungen an den Verkaufsprospekt deutlich gestiegen sind. Eine weitere elementare Änderung betrifft die Verlängerung der Verjährungsfrist: Die bisher geltende Ausschlussfrist von sechs Monaten nach dem ersten öffentlichen Angebot des Wertpapiers wurde durch eine Ausschlussfrist von zwei Jahren ersetzt. Ebenso gelten durch den Wegfall der Sonderverjährungsvorschrift des § 46 BörsG nun die allgemeinen Verjährungsvorschriften des BGB. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt demzufolge drei Jahre. Unabhängig von einer Kenntniserlangung beträgt die Verjährungsfrist seither zehn Jahre ab Erwerbsdatum.

Zahlungsunfähigkeit kann fast jede Branche treffen
In der jüngsten Vergangenheit sind es zunehmend Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien gewesen, die ihre emittierten Anleihen gar nicht bzw. nicht vollständig bedienen konnten. Aber auch Unternehmen aus anderen Branchen sind betroffen. So kam es im Dezember 2012 bei einem großen Immobilienunternehmen aus dem Rheinland zur Zahlungsunfähigkeit. Noch wird mit Hochdruck an einem entsprechenden Sanierungsplan gearbeitet. Sollte dieser scheitern, so drohen Anlegern Totalverluste ihrer Wertpapieranlagen (u.a. Anleihen sowie Genussrechtsscheine). Wie hoch die Chance der Anleger ist, auch nur einen Teil des investierten Geldes zurückzuerhalten, bleibt abzuwarten.

Wie dargestellt existiert eine Vielzahl von Möglichkeiten für eine Inanspruchnahme gegen den Emittenten einer Anleihe. Diese ergeben sich hauptsächlich aus der Prospekthaftung gemäß Börsen- und Vermögensanlagengesetz. Zusammenfassend beschreibt die Prospekthaftung die Umstände, nach denen der Emittent und das Emissionskonsortium rechtlich belangt werden können, weil und sofern ein Emissionsprospekt irreführende bzw. unrichtige Angaben enthält.

Forderungen in Millionenhöhe entstehen rasch
Schnell können bei der Erstellung des jeweiligen Emissionsprospekts Fehler einfließen, etwa durch eine falsche Darstellung des Verlustrisikos oder eine unrichtige Prognoserechnung. Diese Sachverhalte können dazu führen, dass gegen den Emittenten unter Umständen Forderungen in Millionenhöhe entstehen. Darüber hinaus können Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren folgen.

Auch wenn Klagen letztlich nicht immer Erfolg haben, verursachen sie in jedem Fall hohe Abwehrkosten, starke Belastungen für das Management und einen Imageschaden für das Unternehmen. Neben dem Prospekthaftungsrisiko können Ansprüche auch durch Fehler bei den emissionsbegleitenden Tätigkeiten, wie der Überprüfung des Unternehmens in wirtschaftlicher Hinsicht („Due Diligence“) oder der Bestimmung des günstigsten Zeitpunktes für die Emission („Timing“), sowie beim Kontakt zu Analysten und institutionellen Anlegern („Road Shows“) entstehen.

Versicherungsschutz für die Beteiligten
Um einen größtmöglichen Versicherungsschutz gegen die genannten Risiken zu erlangen, empfiehlt es sich daher, eine sogenannte POSI-Deckung (Public Offering of Securities Insurance) zu installieren. Neben dem Emittenten sind in dieser projektbezogenen Versicherung die Organmitglieder sowie die im Zusammenhang mit der Emission handelnden Personen vom Versicherungsschutz umfasst. Gegenüber dem Einschluss der Prospekthaftung in eine bestehende Manager-Haftpflicht-Police besteht der Vorteil der POSI-Deckung vor allem darin, dass die Bedingungen auf das einmalige Ereignis der Anleiheemission abgestimmt sind und nicht nur die Organmitglieder des Unternehmens, sondern ein sehr viel weiterer Kreis an Personen vom Versicherungsschutz gedeckt sind.  

Vom Versicherungsschutz umfasst sind die Abwehr unberechtigter Prospekthaftungsansprüche sowie die Befriedigung berechtigter Ansprüche im Rahmen der gewählten Versicherungssumme. Zudem bezieht sich die Deckung auch auf weitere Risiken, wie zum Beispiel die Folgen einer in der Öffentlichkeit getätigten Äußerung. Sie bietet umfangreichen Rechtsschutz im Bereich der Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren sowie bei behördlichen und aufsichtsrechtlichen Verfahren. Ein weiterer wichtiger Deckungsbaustein ist die Absicherung der Kosten, die im Zusammenhang mit der Wiederherstellung des Ansehens von versicherten Personen entstehen, wenn dieses im Zusammenhang mit einer Emission beschädigt wurde und sie sich zum Beispiel durch einen PR-Fachmann beraten lassen müssen.

Kosten
Die Prämienhöhe für eine derartige Deckung hängt von vielen Faktoren ab: Die Höhe der Versicherungssumme, die Höhe des Emissionsvolumens sowie Branche und Rating des Unternehmens stellen die Grundlagen zur Prämienkalkulation dar. Im Vergleich zu den Gesamtkosten einer Emission sind die Aufwendungen für die anfallende Einmalprämie einer POSI-Deckung eher gering. Als Aufwendungen der Anleiheemission können sie zudem als Betriebsausgabe steuerlich abgesetzt werden. Für eine Anleihe eines mittelständischen Produktionsunternehmens mit einem Emissionsvolumen von 200 Mio. EUR und einer Versicherungssumme von 10 Mio. EUR sollte ein Emittent eine Einmalprämie in Höhe von 90.000 EUR einplanen. Die Versicherungsbedingungen der einzelnen Anbieter fallen unterschiedlich aus, sodass ein Vergleich vor dem Abschluss anzuraten ist.

Von Olaf Jonda, Diplom-Kaufmann (FH), Underwriter, DUAL Deutschland GmbH
Ursprünglich erschienen im Special "Anleihen 2013" des GoingPublic Magazins.