FCR Immobilien: „Solange wir mehr Geld verdienen als Finanzierungen kosten, beschwert sich niemand“

Umtausch- und Zeichnungsfrist für die neue Anleihe der FCR 2023/28 läuft noch bis Dienstag kommender Woche. BondGuide sprach dazu einmal mehr mit Gründer und Vorstand Falk Raudies.

Herr Raudies, mal zum Einstieg eine ganz einfache Frage für Sie. Welche Frage, dessen Thema Sie sich gewünscht hätten, habe ich Ihnen in den vergangenen zehn Jahren Kapitalmarktpräsenz noch nicht gestellt?
Das kann ja nur etwas ganz Aktuelles betreffen. Das wäre meiner Meinung nach die Frage, warum Immobilienunternehmen nicht alle in eine Peergroup gehören. Die einen müssen derzeit stark abwerten, andere müssen das gar nicht. Bauträger haben derzeit die allergrößten Probleme. Die FCR ist im Bereich Nahversorgung, Fachmarktzentren und Lebensmitteleinzelhandel tätig – in dem Bereich also, in dem es auch seit 2020 absolut keinerlei Krise gab und gibt. Ich glaube sogar, dass ist der einzige Immobilien-Untersektor, in dem es keinerlei Schaden irgendwo gab. Warum muss die FCR in diesen Zeiten keine Bestände abwerten? Ganz einfach, wir haben ja auch zuvor nicht offensiv aufgewertet. Unser Portfolio ist nach aktuellen Zahlen gerade mal mit dem 12,7-fachen bewertet.

Mit Indexierung und Nachlauf bei der Inflation dürfte der Faktor sogar weiter sinken, sofern die FCR nicht ihrerseits Bestände aufwertet.
So ist es: Die Inflation und höhere Mieten in unserem Portfolio schlagen sich erst mit sagen wir einem Jahr Nachlauf nieder.

Die Werbung suggeriert aber, alle bestellen nur noch Fertigsachen ins Büro oder nach Hause, im Komfort-Modus zum Nachkochen. Ist das wirklich so?
Das Onlinegeschäft mit Lebensmitteln hat seinen fairen Anteil am Gesamtkuchen – aber dieser Anteil beträgt momentan auch nur 4%. Vielleicht werden nicht unser beider, aber künftige Generation noch mehr im Internet bestellen. Dafür arbeiten sie Prognosen zufolge aber weniger, haben also mehr Freizeit und gehen mehr raus und sicherlich auch shoppen. Ich sehe ehrlich gesagt nicht, wie sich dieser Prozentsatz in Deutschland in für uns absehbarer Zeit vervielfachen könnte.

Nun einmal Blick zurück: FCR-Aktionäre votierten mehrheitlich für neue Aktien statt einer Bardividende. Was heißt das und was bedeutet es?
Aus Vorsichtsgründen war in der Tat unser Favorit, das Kapital aus unserem Jahresüberschuss in der Firma zu belassen. Daher haben wir unseren Aktionären die Wahl gelassen, zumal wir noch nie eine Dividende ausgesetzt hatten. Mehr als die Hälfte hat für neue Aktien statt einer Barausschüttung votiert. Das war aus unserer Sicht ein sehr guter Kompromiss. Was mir im nächsten Jahr machen: Wir werden dann wieder im ersten Quartal der Hauptversammlung einen Dividendenvorschlag unterbreiten.

Vor wenigen Tagen kamen die aktuellen Neunmonatszahlen. Vergleicht man sie mit den Halbjahreszahlen, hätten man in der Tat einfach mal 1,5 nehmen können. Oder stach eine Besonderheit hervor?
Für eine grobe Rechnung reicht es, von zwei auf drei Quartale hochzurechnen. Die höheren Finanzierungskosten, die auch wir natürlich zu berücksichtigen haben, schlagen sich erst mit zeitlichem Verzug nieder. Das Topp bei den gestiegenen Zinskosten sehe ich jetzt aber im Einklang mit Expertenmeinungen auch erreicht. Solange wir mehr Geld verdienen als Finanzierungen kosten, kann sich niemand beschweren. Parallel tilgen wir ja auch einiges jedes Jahr.

Das könnte man langweilig nennen – oder bodenständig und vor allem eines: planbar?
Wenn ich den Taschenrechner bemühe und von den kürzlichen Zahlen auf das Gesamtjahr hochrechne, dann sieht es denke ich ganz gut aus.

Der Aktienkurs litt in den vergangenen zwölf Monaten jedoch trotz robuster Geschäftszahlen: minus 38%. Gibt es dafür eine plausible Erklärung?
Das ist genau, was uns zur Eingangsfrage führte: Viele Investoren schmeißen Immobilienaktien in einen Topf. Die FCR hat sich vor einigen Jahren – also rechtzeitig vor Corona – rein auf die Bestandshaltung fokussiert, weg vom volatilen Projektgeschäft. Das war heute gesehen wohl abgesehen von der Gründung der FCR die sinnvollste Entscheidung, die wir je getroffen haben. Es ist schade, aber einigermaßen erklärbar, wenn unser Aktienkurs auch leidet, obwohl er eigentlich nicht müsste, da sich einige Investoren nicht hinreichend genug mit unseren Details beschäftigt haben.

Bei den Anleihen sieht es besser aus: Die halten sich beide – Fälligkeit 2024 und 2025 – bei knapp unter pari. Bei der neuen laden Sie folgerichtig zum Umtausch aus der in sechs Monaten fälligen. Was spricht aus Anlegersicht für weitere fünf Jahre mit der FCR?
Zum einen refinanzieren wir die bald fällige bestehende Anleihe. Zum anderen gibt es aber auch vermehrt Opportunitäten in unserem Markt. Was über das Volumen der Altanleihe hinausgeht, können wir also für weiteres Wachstum der FCR verwenden. Wir rechnen damit, dass wir ca. die Hälfte dieses Jahr gezeichnet bekommen und die andere im kommenden Jahr. Weder Plan noch Prognose ist bei uns, dass das gesamte Volumen von bis zu 60 Mio. EUR in diesem Jahr und innerhalb der DirectPlace-Zeichnungsfrist untergebracht werden müsste.

FCR Immobilien - die Aktie litt auch die letzten Quartale

FCR Immobilien – die Aktie litt auch die letzten Quartale

Die FCR war zunächst Anleihe-notiert, später dann ab November 2018 Aktien-notiert. Waren die vorherigen Jahre mit den Anleiheemissionen eine gute Übung für den kompletten Auftritt am Kapitalmarkt?
Auf jeden Fall. Mit einer Anleihe ist man quasi mit einem Fuß im Kapitalmarkt, in unserem Falle seit 2014 also. Zum kompletten Auftritt gehörte dann naheliegend für unsere Investoren in der AG, dass wir auch die Notierung der Aktien folgen lassen, was dann Ende November 2018 geschah. Das Jubiläum war übrigens gerade vor wenigen Tagen. Wer sich über die FCR informieren möchte, kann dies seither mit ganz wenigen Klicks auf unserer Homepage und erfährt dort zu 99%, was wir wann warum und wo machen. Und für die restlichen 1% kann mich jeder gern auf Konferenzen, Web-Calls oder im persönlichen Kontakt ansprechen.

Da stellt sich natürlich die Frage: Unterscheiden Sie überhaupt zwischen Anleihe- und Aktieninvestoren und falls ja, in welchen Themen?
Richtig ist, dass es tatsächlich Investoren gibt, die sich entweder nur für die Aktie oder nur für die Anleihe interessieren. Beantworten können müssen mein Co-Vorstand und CFO, Christoph Schillmaier, und ich natürlich gleichermaßen alle Fragen zu Aspekten beider Seiten. Im Moment in Zeiten wie diesen dominieren verstärkt Fragen zur Debt-Seite, also zu den Anleihen. Das schließt den Kreis etwas zur vorangegangenen Frage nach dem Aktienkurs. Der jährliche Kupon der neuen Anleihe von 7,25% ist angesichts unseres stabilen Geschäfts natürlich auch recht überzeugend, wie ich finde. Da stehen Steine hinter: Grund und Boden.

Falk Raudies, CEO, FCR Immobilien

Falk Raudies, CEO, FCR Immobilien

Kleiner Einspruch: 7% hat man auch, wenn der Aktienkurs nur von 10,80 auf 11,60 EUR klettert – plus Dividende. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Aktie nur wieder auf 12 EUR steigt, scheint mir statistisch wahrscheinlicher als dass die neue Anleihe 105% erreicht.
Aber Sie sind auch Mathematiker. Eines ist doch klar: Die Opportunität für ein Engagement in der FCR liegt nach wie vor in der Aktie – das gilt sicherlich für jeden Emittenten, der sowohl Aktien als auch Anleihen notiert hat.

Herr Raudies, einmal mehr ganz herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit und Muße für uns genommen haben!

Interview: Falko Bozicevic

—————————-

! NEU ! Die zweite BondGuide Jahresausgabe 2023 ist erschienen: „Digitalisierung, Krypto, künstliche Intelligenz 2023“ kann wie gewohnt kostenlos als e-Magazin oder pdf heruntergeladen werden.

Ausgabe 3/2023 Biotechnologie 2023 der Plattform Life Sciences ist erschienen. Die Ausgabe kann bequem als e-Magazin oder pdf durchgeblättert oder heruntergeladen werden.

Bitte nutzen Sie für Fragen und Meinungen Twitter – damit die gesamte Community davon profitiert. Verfolgen Sie alle Diskussionen & News zeitnaher auf Twitter@bondguide !