„Keine einfache Blase, sondern ein ganzes Bündel aus aufgeblasenen Luftballons“

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Ein klassisches V, Rekordstände bei Indizes und Einzelwerten, vierstellige Kurs-Gewinn-Verhältnisse: Die Börsen sind in Jubellaune. Angesichts eines mit Geld gefluteten Marktes und eines Zinses nahe null ist das verständlich, aber gefährlich. „Dieses Mal haben wir es nicht mit einer einfachen Blase zu tun, die platzen kann“, sagt Ivan Mlinaric, Geschäftsführer der Quant.Capital Management GmbH.

„Dieses Mal sehen wir ein Bündel aus aufgeblasenen Luftballons – und davon platzen immer mehr.“

Vor allem die Aktienbewertungen sind aufgebläht. „Wenn Unternehmen wie Tesla oder Nikola vierstellige KGV zeigen, ist das nicht mehr zu rechtfertigen“, sagt Mlinaric. Oder nur noch rechnerisch, denn natürlich ist der kleinste Gewinn besser als ein Zins von null oder gar ein Negativzins. „Insofern würde eine dumme künstliche Intelligenz diese Wetten noch eingehen, eine risikobewusste eher nicht mehr“, so Mlinaric.

Für die hohen Bewertungen gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder passen sich die Gewinne an die Bewertungen an, steigen also stark. Das ist aber bei vielen Wachstumsunternehmen derzeit nicht wirklich in Sicht. Tesla erzielt magerste Margen und muss stark kämpfen, um überhaupt Gewinne auszuweisen, andere versuchen es erst gar nicht. „Die zweite Möglichkeit ist, dass sich die Preise an die Gewinne anpassen, um die Bewertungen wieder ins Gleichgewicht zu bringen“, sagt Mlinaric. „Das bedeutet einen deutlichen Rückgang der Kurse.“

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So ist es auch keine Überraschung, wenn aus manchen dieser Kursballons bereits die Luft entweicht. Tesla und Nikola haben schnell und viel verloren. „Auch wenn sich Tesla wieder ganz gut erholt hat, zeigen diese Bewegungen doch den Pfad zum nächsten großen Crash auf“, sagt Mlinaric. Dieser wird sich nicht durch eine enorm hohe Volatilität ankündigen, es müssen nicht erst Schockwellen durch den gesamten Markt rauschen. „Der nächste Crash kommt auf leisen Sohlen und zu sehen ist das am Platzen immer weiterer Ballons“, sagt Mlinaric. So sind es einzelne Branchen wie Luftverkehr oder Tourismus, bei denen ganz die Luft raus ist, oder einzelne Unternehmen wie eben Tesla und Nikola, bei denen die eigene kleine Blase platzt.

Ivan Mlinaric, Quant.Capital

„Das reicht bislang nicht aus, da immer noch ausreichend Luftballons den Gesamtmarkt tragen“, so Mlinaric. „Aber irgendwann kippt das Verhältnis, der Auftrieb wird zu gering und der gesamte Markt driftet nach unten weg.“ Dieses Szenario könnte sich beschleunigen, wenn rund um die US-Wahl ohnehin die wahltypische höhere Volatilität einsetzt. „Der US-Markt zeigt sich dann gern sprunghaft und unstet“, sagt Mlinaric. „In einem angespannten Umfeld mit nur noch wenigen tragfähigen Ballons könnte das der Moment sein, in dem der gesamte Markt das Vertrauen verliert.“ Und die große Talfahrt einsetzt.

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