Inflationszahlen: keine Kehrtwende nach oben, sondern vielmehr Stabilisierung

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In den vergangenen Wochen wurden unter anderem die US-Inflationszahlen für Januar veröffentlicht, die sowohl bei den Verbraucher- als auch bei den Erzeugerpreisen über den Erwartungen lagen. Angesichts der Tatsache, dass die Normalisierung der Inflation die wesentliche Voraussetzung für eine reibungslose Fortsetzung des Konjunkturzyklus ist, empfiehlt es sich, diesen Daten besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Der aktuellen Investmentausblick März 2024 „The Globe“ von Eurizon:

Hierzu ist zunächst anzumerken, dass die Daten im Vergleich zu den Erwartungen zwar eine Überraschung darstellten, jedoch nicht so, dass sie dem Trend zuwiderliefen. Tatsächlich ist festzustellen, dass die Inflation für die Verbraucher im Jahresvergleich zwischen Dezember und Januar von 3,4 auf 3,1% gesunken ist, während die Inflation für die Produktion erheblich niedriger ist und im letzten Monat von 1,0 auf 0,9% fiel. Folglich zieht die Inflation nicht an, sondern stabilisiert sich bei den Erzeugerpreisen im Bereich von 1% und bei den Verbraucherpreisen im Bereich von 3%.

Dennoch fällt die Annäherung der Verbraucherpreise von derzeit 3% auf 2% langsamer aus als der drastische Abbau der Höchststände (9% in den USA und 10% in der Eurozone). Es handelt sich um die „letzte Meile“, die am langsamsten vorangeht. Genau aus diesem Grund haben es die Zentralbanken nicht eilig, den Kampf gegen die Inflation endgültig für beendet zu erklären.

Dass sich der Anstieg der Inflation abschwächt und nicht umkehrt, zeigt sich bei der Analyse der Güter, aus denen sich der Warenkorb für Verbraucherpreise zusammensetzt. Seit einigen Monaten überwiegt sowohl in den USA als auch in der Eurozone die Anzahl der Güter, bei denen sich die jährliche Inflation abschwächt, bei weitem die Anzahl der Güter, bei denen die Inflation anzieht.

Diese Anzeichen, die auf dem Höhepunkt der Inflation eine Abwärtsbewegung andeuteten, bedeuten nunmehr keine Kehrtwende nach oben, sondern vielmehr eine Stabilisierung. Zudem gibt es sowohl in den USA als auch in der Eurozone Spielraum für eine Stabilisierung auf einem tieferen Stand als derzeit. Allerdings sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass die Annäherung an 2% nur schleppend erfolgen wird. Die Annahme einer Stabilisierung (und nicht einer Trendwende nach oben) wird auch vom Markt geteilt. Aus dem Vergleich der Laufzeiten nominaler und realer Anleihen abgeleitete Inflationsschätzungen zeigen für alle Laufzeiten eine stabile Breakeven-Inflation, die seit einigen Monaten im Bereich von 2% liegt.

Ohne die Zinserwartungen zu verzerren, trugen die US-Inflationsdaten dazu bei, dass diese weiter angepasst wurden.
Die Märkte rechneten Ende 2023 damit, dass die Lockerungsphase bereits im März beginnen würde. Jetzt gehen die Geldmarkt-Futures von einer ersten Zinssenkung sowohl bei der EZB als auch bei der Fed im Juni aus. Die gegenwärtigen Erwartungen erscheinen realistischer als jene von Ende 2023. In der den Futures zugrundeliegenden aktuellen Prognose liegt das Zinsniveau der Fed bei 3,0 bis 3,5% und das der EZB bei 2,0 bis 2,5%. In beiden Fällen liegt dies 200 BP unter dem aktuellen Niveau, aber deutlich unter den Tiefstständen des letzten Zyklus. Diese Prognosen sind vereinbar mit dem Ende des Inflationsschocks und der Fortsetzung des Konjunkturzyklus – die optimale Kombination für das mittelfristige Szenario.

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Angesichts der Stärke der Makrodaten ist nicht auszuschließen, dass sich der Aufschwung in nächster Zeit fortsetzt. Eine Stabilisierung der Erwartungen dürfte jedoch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Für die Anleger dürften die Märzsitzungen der EZB am 7. und der Fed am 20. März richtungsweisend sein.

Eine Kombination aus Stabilisierung der Inflation und Fortsetzung des Konjunkturzyklus lässt sich auch an der inversen Form der Zinskurven der Staatsanleihen erkennen.
Die kurzfristigen Zinssätze, die sowohl in den USA als auch in der Eurozone höher sind als die langfristigen Zinssätze, deuten darauf hin, dass die Zinsen der Zentralbank jetzt ihren Höchststand erreicht haben und dass die weitere Entwicklung nach unten gerichtet sein wird. Den Terminkurven zufolge werden sich die kurzfristigen Zinssätze in einem Jahr um einen Punkt unter dem derzeitigen Niveau bewegen. Die Laufzeitkurven wären zu diesem Zeitpunkt flach, während sie Mitte 2025, d.h. nach Abschluss der Normalisierung der Zentralbankzinsen, voraussichtlich eine positive Steigung erreichen werden.

Den Forward-Kurven zufolge würden sich die Zinssätze für Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten trotz der Zinssenkungen der Zentralbanken kaum vom derzeitigen Niveau wegbewegen. Dieser Wert erklärt sich durch die Erwartung eines anhaltenden Konjunkturzyklus in den nächsten Jahren. Für das allgemeine Szenario und die Aussichten für Risikoanlagen ist dies beruhigend. Gleichzeitig deutet es aber auch darauf hin, dass das derzeitige Niveau der Zinssätze für langlaufende Staatsanleihen eine komfortable Rückversicherung gegen einen möglicherweise kürzer als erwarteten Konjunkturzyklus darstellt.

Für die Aktienmärkte, die in den letzten Wochen sowohl in den USA (S&P 500) als auch in der Eurozone (EURO STOXX) auf neuen absoluten Höchstständen notierten, bleibt das Marktumfeld günstig.
Kurzfristig könnte die Neubewertung von Zinssenkungserwartungen den Aufwärtstrend zwar bremsen (selbst in Anbetracht des rasanten Anstiegs von November bis heute), doch hat dies anscheinend keinerlei Auswirkungen auf den grundsätzlichen Trend. Hauptstütze der Aktien ist das Gewinnwachstum, das jüngst durch die Berichtssaison für das letzte Quartal 2023 bestätigt wurde.

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Analystenschätzungen zufolge dürften die Unternehmensgewinne in diesem Jahr, 2025 und auch 2026 im gleichen Tempo steigen wie die Durchschnittswerte vorangegangener Zyklen. Dies sind realistische Annahmen für einen Konjunkturzyklus, der sich nach dem stürmischen Start nach der Corona-Krise endgültig gefestigt hat und nun mit (mäßiger) Marschgeschwindigkeit voranschreiten kann.

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