ANALYSE/Pictet: Weiter Vorsicht bei Aktien – Europa und China als Risiko

FRANKFURT (dpa-AFX) – Trotz der Kursrally in den vergangenen Monaten ist bei Aktien weiter Vorsicht geboten. ‚Ein zusätzlicher deutlicher Anstieg der Märkte erfordert erkennbare Anzeichen für ein positiveres wirtschaftliches Umfeld‘, sagte Alfred Roelli, Sprecher für Finanzanalyse bei der Schweizer Privatbank Pictet, am Mittwoch in Frankfurt.

In Europa sei die Lage unverändert schwierig, fuhr der Experte fort. ‚Der Euroraum ist weiterhin instabil und bleibt ein Problemfall.‘ Insbesondere in Frankreich sei die Krise noch nicht vorbei.

Zudem stiegen in den Schwellenländern die Risiken. Angesichts der niedrigeren Zinsen nehme die Verschuldung auf Firmen- und Staatsebene wieder zu, sagte Roelli. Sorgen bereitet dem Experten vor allem China: ‚Das industrielle Wachstum schwächt sich ab, die Bautätigkeit aber nimmt weiter zu. Das ist ungesund.‘ Insgesamt jedoch blieben die Emerging Markets auf Wachstumskurs.

Positiv stimme dagegen die Entwicklung in den Vereinigten Staaten. ‚Die USA bleiben die Lokomotive der Weltwirtschaft‘, meinte der Pictet-Fachmann. Die Amerikaner hätten ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Rest der Welt zum Teil wieder erreicht. Der Nachholbedarf auf dem Immobilienmarkt gebe der Wirtschaft nun anhaltende Impulse und sorge für ein andauerndes Beschäftigungswachstum.

Sollte der Weltkonjunkturzyklus dank des Rückenwindes aus den USA eindeutig nach oben drehen, sei mit einem Anstieg der Aktienmärkte und insbesondere der zyklischen Werte zu rechnen, sagte Roelli: ‚Die Anzeichnen verdichten sich, dass die Märkte nach über fünf Jahren von einem Krisenregime zu einem von fundamentalen Faktoren getriebenen Regime zurückkehren.‘ So rückten die Unternehmensgewinne immer mehr in den Fokus der Investoren und die Schuldenkrise in den Hintergrund. Die Bilanzen der Firmen seien wieder in der Nähe des Vorkrisen-Niveaus.

Derzeit seien die Anleger insgesamt immer noch stärker an den festverzinslichen Werten als an Aktien interessiert. Die liege daran, dass Anleihen als eher sicher gelten. Die jüngsten Zuflüsse, die die Aktienmärkte so stark nach oben getrieben hätten, tauchten in den Statistiken als ‚Ausreißer‘ auf. Von einem eindeutigen Stimmungsumschwung könne noch keine Rede sein. ‚Das könnte ein Hinweis darauf sein, was uns noch bevorsteht, wenn die Masse der Anleger auf den fahrenden Zug aufspringt‘, hieß es./la/rum