„reconcept ist aktiver Teil der Energiewende“

Die reconcept feiert in den Iden des März ihr 25-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass sprach BondGuide noch einmal mit Geschäftsführer Karten Reetz – Zeit für ganz grundsätzliche Dinge außerhalb aktuellen Emissionsgeschehens.

BondGuide: Herr Reetz, die Nachrichtenlage bei Ihnen war zuletzt ja überaus positiv: Sowohl der Green Asset Bond II wie auch der Solar Bond Deutschland waren vollplatziert. Waren Sie wenigstens ein bisschen überrascht, dass Sie Ihre Angebote entgegen den allgemeinen Markttrends so gut unterzubringen vermochten?
Reetz: Wir waren vor allem über die schnelle Platzierung erfreut, weniger überrascht. Denn tatsächlich ist der Marktrend für unsere Angebote, also fest verzinste Anleihe-Investments in Erneuerbare Energien, sehr positiv und ungebrochen hoch.

BondGuide: Dieses Jahr, und ich glaube in Kürze schon, steht ja ein Jubiläum an. Worum handelt es sich und was bedeutet es Ihnen?
Reetz: Wir begehen dieses Jahr im März unser 25-jähriges Firmen-Jubiläum. Seit einem Vierteljahrhundert verfolgen wir somit ein grünes Geschäftsmodell und gehören damit zu den Pionieren am Markt der grünen Geldanlage, als Projektentwickler von Erneuerbare-Energien-Anlagen sind wir zudem aktiver Teil der Energiewende. Unsere Bilanz kann sich durchaus sehen lassen. Gemeinsam mit mehr als 16.000 Privatanlegern haben wir über 53 nachhaltige Investmentangebote 242 EE-Anlagen bzw. rund 350 Megawatt Grüne-Strom-Kapazität realisiert. Das macht uns schon etwas stolz.

BondGuide: Bleiben da denn noch Ziele?
Reetz: In Zeiten, in denen der Klimawandel ins allgemeine Bewusstsein von Wirtschaft und Gesellschaft gedrungen ist und die Frage nach einer nachhaltigen Ökonomie drängender denn je ist, gibt es für uns weiterhin viel zu tun. Erneuerbare Energien sind ein außerordentlicher Wachstumsmarkt. Ein Umfeld, das auch in den kommenden Jahren anhalten wird und auch für unser Unternehmen eine Wachstumsphase einläutet. Wir wollen vor allem unsere Geschäftsfeld Projektentwicklung ausbauen.

BondGuide: Wie haben Sie die Weiterentwicklung des Begriffs ‚Nachhaltigkeit‘ erlebt?
Reetz: Diese Entwicklung hätte vor 25 Jahren kaum jemand für möglich gehalten. 1998, im Gründungsjahr der reconcept GmbH, waren Erneuerbare Energien noch ein Expertenthema, Green Bonds ein Fremdwort für Banker wie Anleger und der Begriff Nachhaltigkeit war vor allem Förstern bekannt. Damals galt es noch, grüne Geschäftsideen gegen Widerstände durchzusetzen.

BondGuide: Eine Frage, die ich Ihnen glaube ich, bisher nie stellte: Wem gehört eigentlich die derzeitige reconcept?
Reetz: reconcept ist ein inhabergeführtes Unternehmen.

BondGuide: 100 Prozent der Gesellschaftsanteile liegen demnach bei Ihnen, Herr Reetz?
Reetz: Das ist richtig.

BondGuide: Was machen die einstmaligen Gründer von damals heute?
Reetz: Gegründet wurde die reconcept GmbH einst als Tochterunternehmen der WKN Windkraft Nord AG. Die heutige WKN GmbH ist weiterhin ein Windenergieprojektentwickler in Husum.

BondGuide: Heute ist reconcept in Deutschland ja vor allem im Bereich Photovoltaik unterwegs.
Reetz: Ja, unsere Projektentwickler konzentrieren sich in Deutschland vor allem auf die Flächenakquise für PV-Freiflächenanlagen. Unser Team arbeitet aktuell an einer Projektpipeline mit einem Leistungsumfang von rund 1.000 Megawatt-Peak.

BondGuide: Vor welchen Marktherausforderungen stehen Sie? Gibt es beim Photovoltaikausbau z.B. tatsächlich einen Flächenmangel in Deutschland?
Reetz: Die Frage ist nicht, ob wir zu wenig Flächen bundesweit für Solarparks haben, sondern wie wir schnellstmöglich das Flächenpotenzial ausschöpfen. Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung 80% des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen und 215 Gigawatt-Peak, GWp, Photovoltaikleistung installiert sehen. Derzeit haben wir rund 62 GWp installiert. Ab sofort müssten somit jedes Jahr 22 GW hinzugebaut werden, um dieses Ziel zu erreichen. Für eine zuverlässige grüne Energieversorgung braucht es große Solarparks.

BondGuide: Sind wir mit dem aktuellen EEG in Deutschland denn wenigstens auf einem akzeptabel ambitionierten Wege?
Reetz: Das neue EEG 2023 ebnet mit größeren Ausschreibungsmengen und höheren Vergütungssätzen für PV-Dach- und Freiflächenanlagen den Weg. Das ist gut so, doch gleichzeitig gelten aktuell noch sehr weitreichende gesetzliche Beschränkungen für mögliche Solarpark-Standorte. Im EEG sind genau definierte Flächenkulissen vorgegeben, in denen PV-Anlagen förderungsfähig sind. Das EEG zählt dazu allein die Realisierung von PV-Freiflächenanlagen auf Verkehrsrandstreifen, Konversionsflächen und ausgewählte benachteiligte Gebiete. Das wird nicht reichen. Wenn wir unsere Ausbau- und Klimaschutzziele erreichen wollen, werden wir um Standorte auch auf landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht herumkommen. Agri-Photovoltaik kann hierfür die passende Lösung sein: also die intelligente Kombination von Landwirtschaft und Photovoltaik.

BondGuide: Bei unseren letzten Gesprächen waren Sie noch zuversichtlich, dass sich die Genehmigungspraxis für neue Projekte in Deutschland verbessere, verbessern müsse – so war es ja von der Ampelkoalition ausgelobt. Inzwischen höre ich jedoch: kaum ein Unterschied. Wie beurteilen Sie dies aus erster Hand?
Reetz: In der Umsetzung ist der Genehmigungsprozess weiterhin ein Hemmschuh. Genehmigungen für neue EE-Anlagen müssen noch schneller als derzeit erteilt werden.

BondGuide: Wie steht es um die Akzeptanz in der Bevölkerung für neue Solarparks?
Reetz: Wir erleben in unseren Gesprächen mit Gemeinden und Bürgern ein großes Interesse an dem Thema Photovoltaik, es gibt eine grundsätzliche Offenheit für neue Solarparks. Eine Umfrage im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien aus Dezember 2022 bestätigt unsere Erfahrung: So sprachen sich 69% der Befragten für Solarparks in der direkten Umgebung des eigenen Wohnorts aus, 2021 waren es noch 6 Prozentpunkte weniger. Und unabdingbar für Akzeptanz ist natürlich stets eine gute Kommunikation mit Bürgern und Gemeinden. Unser Team legt darauf sehr viel Wert.

BondGuide: Teilhabe und Transparenz sind stets das große Thema bei neuen Projekten. Was haben Gemeinden davon, wenn ein Solarpark bei ihnen vor Ort gebaut wird?
Reetz: Zunächst können Solarparks für zuverlässige, langjährige Gewerbesteuer-Einnahmen sorgen. Die Betreiber-Gesellschaften von Solarparks sind schließlich steuerpflichtige Unternehmen. In unserer Kooperation siedeln wir die Gesellschaften stets vor Ort an, um den Mehrwert in der Region zu halten. Zudem können Gemeinden nach EEG23 an jeder eingespeisten Kilowattstunde Solarstrom in Höhe von 0,2 Cent/kWh mitverdienen. Da kommen je Freiflächenanlage schnell fünf- oder sechsstellige Euro-Beträge Jahr für Jahr zusammen – auf die gesamte Projektlaufzeit gerechnet, befinden wir uns im Millionenbereich. Solche Mehreinnahmen können für neue kommunale Projekte eingesetzt werden, für die ansonsten das Gemeindebudget nicht ausreichen würde. Solarparks verleihen einer Gemeinde zudem eine klimafreundliche Aufstellung – das wirkt sich standortfördernd aus.

BondGuide: Ist der Konflikt mit der Natur eigentlich auch bei PV-Parks immanent?
Reetz: Photovoltaik ist nicht nur eine kosteneffiziente Technologie zur Stromerzeugung. Photovoltaik generiert CO2-frei Strom und ist daher eine tragende Säule der Energiewende und zur Erreichung unserer Klimaziele unverzichtbar. Klimaschutz ist eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt unserer Umwelt und der Artenvielfalt. Ein verstärkter Ausbau der Photovoltaik ist daher auch im Interesse des Natur- und Artenschutzes, für die der Klimawandel zu den größten Bedrohungen zählt. Jede PV-Freiflächenanlage ist natürlich zunächst ein Eingriff in die jeweilige vorhandene Umgebung und Landschaft. Umso wichtiger ist eine naturverträgliche Planung vor Errichtung einer PV-Freiflächenanlage.

Karsten Reetz, reconcept GmbH

BondGuide: Naturverträgliche Planung eines Solarparks – was heißt das konkret: Haben Sie Beispiele?
Reetz: Ein gut geplanter Solarpark fördert durch gezielte naturverträgliche Begrünung und Umzäunung durch Hecken und Buschwerk letztendlich die Bodenbeschaffenheit. Insbesondere Flächen, die über lange Zeit intensiv genutzt wurden, können sich durch neue Blühflächen und Gehölzanpflanzungen regenerieren. Die Extensivierung der Bodenbearbeitung führt relativ rasch zu einer Zuwanderung von Insekten und einer steigenden Pflanzenvielfalt. Zudem entstehen neue Brut- und Rastplätze für Vögel – u.a. für inzwischen gefährdete Arten wie die bodenbrütende Feldlerche oder der inzwischen immer seltener werdende Neuntöter. Auch eine gut gemanagte Schafbeweidung zwischen den Paneelen kann ein Instrument zur Entwicklung der biologischen Vielfalt sein. Ein intakter Boden ist nicht nur von Vorteil für die Pflanzen- und Tierwelt. Er kann auch überschüssiges Regenwasser aufnehmen und angrenzende Flächen vor Hochwassern schützen. Während der Bauarbeiten sind Eingriffe in die Natur zumeist nicht zu vermeiden. Doch auch hier kann vorsorglich agiert werden, beispielweise können Bodenmatten in Einsatz kommen, um einer Bodenverdichtung durch schwere Fahrzeuge zu verringern.

BondGuide: Herr Reetz, ganz herzlichen Dank, dass Sie sich im Umfeld des Firmenjubiläums noch einmal Zeit für unser Gespräch ‚frei-projektieren‘ konnten!

Interview: Falko Bozicevic,
Fotos/Bilder: @reconcept GmbH

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