Ekosem-Agrar: „Keine negativen Auswirkungen für unsere Anleihegläubiger“

Ekosem-Agrar überraschte gestern Abend mit einer kurzen, aber inhaltsschweren Meldung zu fortgeschrittenen Gesprächen mit seinen wichtigsten russischen Finanzierungspartnern – da bestand durchaus Nachfragepotenzial. BondGuide im Gespräch mit Wolfgang Bläsi, Finanzvorstand der Ekosem-Agrar AG

BondGuide: Herr Bläsi, worum geht es bei den Gesprächen mit den Banken – bestehen Risiken für die weitere Finanzierung?
Bläsi: Die Ekosem-Gruppe ist in den letzten Jahren stark gewachsen, was im Wesentlichen von der russischen Landwirtschaftsbank, der Rosselkhozbank bzw. RSHB, und zu einem geringeren Teil von der russischen Sberbank finanziert wurde. Insbesondere der Ausbau der Milchverarbeitung, aber auch die Fertigstellung laufender Projekte in der Rohmilchproduktion erfordern weitere Kreditmittel, die von den Banken bereits zu Beginn des letzten Jahres zugesagt wurden.

BondGuide: Soweit ja durchaus bekannt.
Bläsi: Derzeit führen wir mit den Banken Gespräche darüber, ob für die weitere Umsetzung der eingeschlagenen Unternehmensstrategie frisches Eigenkapital erforderlich ist. Hierbei besteht grundsätzlich Einigkeit darüber, dass eine Stärkung der Eigenkapitalposition wünschenswert wäre – aus Sicht der bestehenden Gesellschafter aber mit einer angemessenen Bewertung und einem passenden Investor. Unabhängig davon kommt die Gruppe gemäß der aktuellen Unternehmensplanung weiterhin auch ohne zusätzliches Eigenkapital aus und ist entsprechend in der Lage, ihren Kapitaldienstverpflichtungen nachzukommen – so wie sie das bis heute auch getan hat. Im Hinblick auf die kurzfristige operative Finanzierung sieht das Management derzeit keine wesentlichen Risiken.

Ekosem

BondGuide: Die Klage von Ekosem-Agrar deutet darauf hin, dass zwischen der Gesellschaft und der RSHB ein Konflikt bestehen könnte. Wie ist die aktuelle Situation?
Bläsi: Wie eben kurz beschrieben, gibt es unterschiedliche Ansichten hinsichtlich der optimalen Finanzierungsstruktur. Dies ist in solchen Konstellationen nicht ungewöhnlich. Wir befinden uns aber mit der Bank in einem Dialog und sind zuversichtlich, dass wir die Sichtweisen angleichen können. Die rechtliche Auseinandersetzung betrifft einen Aspekt der Gespräche, bei dem es uns darum ging, vorläufigen Rechtsschutz zu erhalten, um ausreichend Zeit für eine konstruktive Lösung der Finanzierungssituation zu haben; das haben wir jetzt erreicht.

BondGuide: Welche Auswirkungen haben die aktuellen Risiken der Bankenfinanzierung auf die Position der Anleihegläubiger in Deutschland?
Bläsi: Es besteht Einigkeit mit der RSHB, dass die Anleihen und die Rechte der Anleihegläubiger in Deutschland, unabhängig vom Ergebnis der Gespräche, nicht gefährdet werden dürfen. Insoweit erwarten wir hier derzeit keine negativen Auswirkungen auf die Anleihegläubiger.

Wolfgang Bläsi, Ekosem Agrar

BondGuide: Haben die Verhandlungen mit den russischen Banken etwas mit der Verschiebung der Finalisierung des Abschlusses 2020 zu tun, der ja anstünde?
Bläsi: Es ist tatsächlich so, dass wir ein gemeinsames Verständnis mit den finanzierenden Banken haben müssen, damit wir den Abschluss final aufstellen und auch testieren lassen können. Sämtliche Arbeiten am Abschluss werden im Laufe der Woche bewerkstelligt und sobald wir eine endgültige Einigung mit den Banken erzielt haben, kann der Wirtschaftsprüfer die Prüfung abschließen und innerhalb weniger Tage testieren.

BondGuide: Herr Bläsi, besten Dank, dass Sie kurzfristig zur Verfügung standen.

Interview: Falko Bozicevic