Wie die Pandemie den Populismus entlarvt

Politische Systeme sind entscheidend für die Folgen der Corona-Krise. Das FERI Cognitive Finance Institute analysiert Konsequenzen für politische Landkarten: Trumps Wiederwahl ist durch Corona in Frage gestellt. Von Dr. Heinz-Werner Rapp*

Die Dramaturgie der CoViD19-Pandemie wird in erheblichem Umfang davon geprägt, wie die Politik mit der neuen Bedrohung umgeht. Dass sich in Ländern wie den USA, Großbritannien und Brasilien nun medizinische Katastrophen besonderen Ausmaßes anbahnten, liege auch im jeweiligen politischen System begründet.

Alle genannten Länder werden seit kurzem von Populisten regiert. Die Grundhaltung von Populisten besteht darin, dass externe Einflüsse und komplexe Probleme stets negiert, verharmlost oder als „Fake News“ diffamiert würden. Folglich wurden in den genannten Ländern Nachrichten zu CoViD19 lange Zeit unterdrückt oder als „Panikmache“ des jeweiligen politischen Gegners verunglimpft. Wertvolle Zeit zur Vorbereitung gegen die Pandemie ist so durch politische Ignoranz, Dummheit oder Unfähigkeit schlicht verschenkt worden.

Populistische Verhaltensmuster fordern hohen Preis

Durch seinen Ansatz der ‚Deconstruction‘ hat der amerikanische Präsident in den ersten Jahren seiner Amtszeit zudem gezielt wichtige Behörden – etwa für Gesundheitsversorgung und Katastrophenschutz – ausgedünnt und Amtsleiter ohne vollwertigen Ersatz entlassen. Wissenschaftliche Argumente wurden unterdrückt oder per Dekret verboten. Eine leistungsfähige und rational arbeitende Administration – das Rückgrat effizienten politischen Handelns gerade auch in Krisenzeiten – ist so von Trump noch kurz vor der CoViD19-Pandemie systematisch demontiert worden.

Diese typisch populistischen Verhaltensmuster werden am Ende einen sehr hohen Preis fordern. Gleichzeitig kann CoViD19 die politische Landkarte der westlichen Welt massiv verändern: Insbesondere eine Wiederwahl von Donald Trump, vor kurzem noch sehr wahrscheinlich, könnte durch eine mögliche Zuspitzung der Situation (US-Rezession und massive medizinische Krise, verstärkt durch Inkompetenz und schlechtes Krisenmanagement des US-Präsidenten) in Frage gestellt sein.

Ansehen erfahrener Politiker steigt wieder

Aufgrund ihres grob fahrlässigen Umgangs mit CoViD19 könnten auch Boris Johnson (Großbritannien) und Jair Bolsonaro (Brasilien) massiv unter Druck kommen. Der angekündigte BrExit wird vor dem Hintergrund der akuten Krise in Europa keinesfalls mehr so stattfinden, wie von Boris Johnson vollmundig angekündigt. Generell ist davon auszugehen, dass die Wucht der CoViD19-Pandemie die banalen Versprechungen vieler Populisten schon bald entlarven und für längere Zeit massiv diskreditieren wird.

Das politische Spielfeld ganzer Nationen könnte sich durch den Druck der Krise stark verändern. Dieser Aspekt gilt im Wahljahr 2020 ganz besonders für die USA, könnte jedoch auch die Karten im deutschen Wahlkampf 2021 neu verteilen. Wie aktuelle Umfragen bereits belegen, steigt hierzulande das Ansehen erfahrener Politiker wieder, während Talkshow-Plauderer und andere politische Leichtmatrosen einen schweren Stand haben dürften. Bei der Auswahl möglicher Kanzlerkandidaten dürften dann gutes Management und glaubwürdige Kommunikation in der CoViD19-Krise wichtiger sein als raffiniertes Taktieren in politischen Hinterzimmern.

Bereits 2018 hat das FERI Cognitive Finance Institute eine viel beachtete Studie über die Auswirkungen des sich verstärkenden Populismus auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft veröffentlicht. 2019 folgte die Analyse zum „Risikofaktor USA – Das Problem der Un-United States of America“. Beide Papiere sind auf der Website des FERI Cognitive Finance Institute zum Download erhältlich.

*) Dr. Heinz-Werner Rapp ist Gründer und Leiter des FERI Cognitive Finance Institute.

https://www.feri-institut.de/media-center/studien/

Das FERI Cognitive Finance Institute ist strategisches Forschungszentrum und kreative Denkfabrik der FERI Gruppe, mit klarem Fokus auf innovative Analysen und Methodenentwicklung für langfristige Aspekte von Wirtschafts- und Kapitalmarktforschung. Das Institut nutzt dazu neueste Erkenntnisse aus Bereichen wie Verhaltensökonomie, Komplexitätstheorie und Kognitionswissenschaft.