WebID Solutions: „Die Zeiten unzähliger ausgedruckter Seiten Vertragsunterlagen sind vorbei“

Die Pandemie ist Digitalisierungstreiber in nahezu allen Branchen. Besonders in der Wirtschafts- und Finanzwelt sind schnelle, sichere und gesetzeskonforme Lösungen wichtiger Basutein für digitalisierte Prozesse. Marktführer WebID um Gründer Frank S. Jorga* leistete 2014 Pinonierarbeit, als man 2014 den ersten digitalen GwG-konformen Identifikationsprozess entwickelte.

Herr Jorga, mit Ihren vielfältigen Lösungen für digitale Identifikationsprozesse haben Sie bei WebID unzähligen Branchen einen Zugang zur Digitalisierung ihrer Prozesse gegeben. Welche Vorteile bieten rechtskonforme digitale Identifikationsverfahren?
Nicht zuletzt die Pandemie hat vielen Branchen gezeigt, dass sie sich intensiv mit der Digitalisierung beschäftigen müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Jedoch gehören zu digitalisierten Prozessen immer im gleichen Maße sichere Wege, diese durchzuführen. In der Finanzwelt sind die Banken beispielsweise genau wie ihre Kunden von Prozessen abhängig, die bei hoher Benutzerfreundlichkeit möglichst sicher sind. Dazu kommt, dass Finanzprozesse in Deutschland und Europa in einem hohen Maße durch gesetzestechnische Rahmenbedingungen abgesichert werden. Digitale Identifikationsprozesse bieten dabei eine sichere, transparente und gleichzeitig schnelle Umsetzung von einst sehr langwierigen Prozessabwicklungen.

Durch die Coronapandemie mussten Unternehmen und ganze Branchen neue Wege finden, beispielsweise ihre KYC-Prozesse [Know your Customer / KYC] zu digitalisieren. Wie konnten Sie als Anbieter schnellstmöglich auf die Anforderung neuer Kunden und Branchen reagieren?

Die Grundlage dafür ist ein funktionierendes und starkes Team, das mit voller Leidenschaft und Expertise Branchenanforderungen vorhersehen und verstehen kann. Dabei arbeiten wir partnerschaftlich mit unseren Kunden zusammen, um beste Ergebnisse zu erzielen und unsere Lösungen praxisgerecht weiterzuentwickeln. Mit all unserer Erfahrung, die wir seit unserer Gründung und durch die Zusammenarbeit mit Marktführern verschiedener Branchen gesammelt haben, wissen wir, wie man mit neuen Ansprüchen und Anforderungen umgeht. Dazu gehört auch, wie man bestehendes Knowhow an die Anforderungsprofile neuer Branchen anpasst und dabei den technologischen Fortschritt richtig einsetzt.

Welche Finanzmärkte und Branchen haben derzeit in Sachen Digitalisierung noch am meisten Nachholbedarf?
Wir haben gerade seit Beginn der Pandemie verstärkt gesehen, dass KYC-Prozesse und digitale Unterschriften für jede Branche wichtig werden. Die Zeiten von unzähligen Seiten ausgedruckter Vertragsunterlagen sind langsam aber sicher vorbei. Egal, ob es lokal oder online genutzt wird, E-Signing stellt eine hohe Nutzerfreundlichkeit dar. Autohändler beispielsweise haben dies bereits erkannt und nutzen solche Lösungen heute vermehrt. Bei behördlichen Abläufen, die etwa bei Anträgen eindeutige Personenidentifizierungen sowie Unterschriften erfordern, gibt es deutlichen Aufholbedarf. Zwar öffnen sich Behörden längst digitalen Prozessen, allerdings brauchen diese auch ein gezielt auf ihre Anwendungsfälle angepasstes digitales Ökosystem aus verschiedenen Lösungen. Dann aber könnte der öffentliche Sektor enorm profitieren, Ressourcen sparen und viele Abläufe optimieren.

Was sind die größten Herausforderungen, denen sich bisher kaum digitalisierte Unternehmen gegenübergestellt sehen?

Zu den größten Herausforderungen gehört es mittlerweile, die Konkurrenz, die sich schon stärker der Digitalisierung geöffnet hat, wieder einzuholen. Unsere Branche und besonders die Möglichkeiten, die sichere digitale Identifikations- und Unterschriftsprozesse bieten, haben sich rasant weiterentwickelt. Außerdem haben sich Verbraucher an digitale Abwicklungen wie beispielsweise bei ihrer Kontoeröffnung gewöhnt. Wer dies nicht anbietet, fällt bei potentiellen Neukunden schnell aus dem Auswahlverfahren. Hier sieht man beispielsweise auch, wieso viele Neo- und Onlinebanken so viele neue Kunden gewinnen konnten beziehungsweise von traditionellen Banken abgeworben haben. Prozesse wie die Kontoeröffnung durch e-KYC sind dort deutlich nutzerfreundlicher und schneller. Doch auch in anderen Branchen müssen Unternehmen, die bisher ihre Prozesse analog durchführen, aufpassen, nicht uneinholbar hinten zu liegen.

Besonders im Finanzmarkt sind GwG-konforme Lösungen unabdinglich. Wie verläuft solch eine Abstimmung mit dem Bundesfinanzministerium ab?

Das Bundesfinanzministerium vergibt keine Lizenzen oder einen Stempel, auf dem steht ‚von der BaFin genehmigt‘. Als Entwickler neuer Lösungen stehen wir in enger Abstimmung mit der Behörde. Dabei geht es darum, dass unsere technologische Umsetzung die Sicherheitsaspekte nach dem Geldwäschegesetz adäquat umsetzt. Als wir seinerzeit das VideoIdent-Verfahren entwickelt haben, führten wir monatelange Gespräche mit dem BMF, in denen wir die Technologie und unsere Ansätze vorgestellt haben. Im Januar 2014 hieß es dann, dass unser technischer Gesamtprozess die Anforderungen aus dem GwG erfüllt. Daraufhin hat die BaFin ein Rundschreiben veröffentlicht, dass in Anlehnung an eben diesen Prozess spezifiziert, wie eine Online-Fernidentifikation zulässig ist. Die Banken hatten durch das BaFin-Rundschreiben die maßgebliche Richtschnur und wir gingen mit unserem Produkt – für das wir längst ein Patent angemeldet hatten – an den Markt.

Finanztransaktionen verlaufen heutzutage bereits größtenteils digital ab. Was sind die größten Sicherheitslücken beziehungsweise potentielle Gefahrenstellen?
Wenn wir unsere tagtäglichen Erfahrungen betrachten, stellen wir fest, dass viele Betrüger noch immer schlicht versuchen, mit überklebten oder gefälschten Ausweisen ein Konto zu eröffnen. Dieses simple Szenario ist tatsächlich noch immer in 90% der versuchten Betrugsfälle anzutreffen. Die restlichen 10% versuchen sich an technisch versierteren Methoden. Hierbei leistet unsere eingesetzte Technologie sehr viel, dazu kommen unsere sicherheitsgeschulten Mitarbeiter, die von Experten, beispielsweise ehemaligen BKA-Mitarbeitern, ausgebildet sind.

Wie steht es mit dem ominösen ‚Known Unknown‘?
Die größten Sicherheitslücken sind in der Tat diejenigen, die es quasi noch gar nicht gibt, weil sie durch neue Methoden und Maschen der Betrüger entstehen. Daher ist es eine wichtige Aufgabe für uns, potentielle neue Gefahrenstellen zu erkennen und zu antizipieren – wofür wir eine ganze Fachabteilung haben.

Frank S. Jorga, WebID Solutions

Welche Schritte planen Sie für die kommenden Jahre?
Bisher sind wir bei WebID aus eigenen Mitteln und über Bankkredite organisch stark gewachsen: Wir sind Marktführer beim VideoIdent-Verfahren für große Banken und haben eigene Gesellschaften in Österreich, der Schweiz und Indien, sowie zwei Niederlassungen in den USA. Nun wollen wir noch schneller wachsen und das Produktportfolio erweitern. Es besteht reges Interesse von Investorenseite, die mit uns den nächsten großen Schritt gehen wollen. Da wir im laufenden Jahr 2021 wieder deutlich wachsen und bereits seit längerem profitabel wirtschaften, sind wir für das Wachstum jedoch nicht auf einen Investor angewiesen. Es könnte dann in Richtung einer weltweiten Expansion gehen, bei der es auch um Wachstum über Beteiligungen und Zukäufe geht. Aber nicht irgendwelche Beteiligungen und Zukäufe, sondern genau die richtigen. Interessant wären hier insbesondere spezialisierte Technologie- und Produktunternehmen, die unsere hauseigene Entwicklung verstärken.

Herr Jorga, ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und Ihre Erläuterungen!

Interview: Falko Bozicevic

*) Frank S. Jorga ist Gründer und CEO der auf digitale Identifizierungsverfahren und Online-Signaturen spezialisierten WebID Solutions GmbH. Er verantwortet die strategische Ausrichtung sowie die weltweite Expansion des 2012 gegründeten Unternehmens. WebID ist mit seiner Erfindung Pionier im Segment der GwG-konformen Video-Identifikation (GwG: Geldwäschegesetz).