Was von 2023 blieb – und 2024 zu erwarten ist

2023 begann mit einem klaren Ziel: Die Inflation sollte sinken, sogar auf Kosten einer weltweiten Rezession. Der Investmentausblick von Eurizon Asset Management.

Alles in allem können wir sagen, dass sich die Dinge zum Guten gewendet haben: Die Inflation ging zurück, zu einer Rezession kam es nicht.

Die Inflation hatte in der zweiten Jahreshälfte 2020 begonnen, als die Wirtschaft nach der ersten Corona-Welle wieder in Gang gekommen war. Die Inflationshöchststände waren im Juni 2022 in den USA mit 9,1% und im Oktober 2022 in der Eurozone mit 10,6%. Das Jahr 2023 endet nun mit einer jährlichen Inflation von 3,1% in den USA und 2,4% in der Eurozone.

Es stimmt zwar, dass wir formell noch nicht bei den von den Zentralbanken als Ziel angegebenen 2% Kerninflation angelangt sind. Auch ist es zutreffend, dass die Kerninflation langsamer zurückgeht und derzeit bei 4,0% in den USA und 3,6% in der Eurozone liegt. Aber es ist unbestreitbar, dass der Trend hin zu einem stabilen Preisumfeld bereits in vollem Gange ist.

Betrachtet man die Rohstoffpreise, die seit einigen Monaten stabil sind, und die Wirtschaftstätigkeit, die sich nach den Exzessen in der Zeit nach der Corona-Krise normalisiert hat, besteht kein Grund zu der Annahme, dass der Disinflationsprozess in den kommenden Monaten aufgehalten werden könnte.

Einschätzung von Eurizon für 2024, auf Basis von 2023

Die eigentliche Überraschung im Jahr 2023 war die Widerstandsfähigkeit des Wirtschaftswachstums, insbesondere das der USA.

Die befürchtete und von vielen vorhergesagte weltweite Rezession ist nicht eingetreten. Die düsteren Prognosen Ende 2022 hatten den Fokus zu sehr auf die Straffung der Geldpolitik gelegt und dabei unterschätzt, dass die Fiskalpolitik die Wirtschaft förderte – und dies auch weiterhin tut. Außerdem hat die sinkende Inflation seit der zweiten Jahreshälfte dazu geführt, dass die Kaufkraft der Verbraucher wieder gestiegen ist, was die Konjunktur gestützt hat.

Die Stärke der US-Wirtschaft ist wirklich erstaunlich. Ende 2022 lag die Konsensschätzung für das Wachstum im Jahr 2023 nur wenige Dezimalstellen über Null. Diese Zahl wurde systematisch nach oben korrigiert, sodass das Wachstum im Jahr 2023 in der Größenordnung von 2,4% liegt.

Eine ausgewachsene Rezession konnte auch in der Eurozone vermieden werden. Allerdings war die Wachstumsabschwächung hier deutlich spürbar. Die Lage war nicht so schlimm wie bei der Schätzung Ende 2022, bei der ein Negativwachstum prognostiziert wurde. Allerdings war die Entwicklung im Jahr 2023 kaum positiv. Für positive Überraschungen sorgten lediglich die ersten Monate des Jahres. Seit dem Frühjahr überwiegt die konjunkturelle Abkühlung.

Die Schwäche der Eurozone im Vergleich zur Stärke der USA hängt vor allem mit der mangelnden wirtschaftlichen Wachstumsbeschleunigung in China und dem Welthandel zusammen.

Es ist zwar richtig, dass die Binnennachfrage in der Eurozone im Vergleich zu den Zyklen vor der Corona-Krise mehr Unterstützung durch die Finanzpolitik erfährt. Aber die Eurozone ist nach wie vor sehr stark von den Exporten und damit von der Entwicklung des Welthandels abhängig.

So gesehen ist die Tatsache, dass Chinas Wirtschaftswachstum geringer ausfiel als erwartet ein negativer Faktor. Es ist jedoch anzumerken, dass China das Wachstumsziel der Regierung von 5% erreicht hat, ohne eine V-förmige Erholung zu erleben, wie sie die USA und Europa in der Zeit nach der Corona-Krise erlebt hatten. Und alles in allem trug die Entscheidung der chinesischen Regierung für eine moderate Entwicklung dazu bei, den Rückgang der weltweiten Inflation zu beschleunigen.

Mit Blick auf die Zukunft ist erfreulich, dass sich die Indikatoren für den Welthandel Ende 2023 nach zwei Jahren des Rückgangs stabilisieren. Es ist anzunehmen, dass sich der Konjunkturzyklus nach den Exzessen der Jahre 2021/2022, die 2023 abgebaut wurden, nun wieder normalisiert.

Im Jahr 2023 haben die Zentralbanken die 2022 begonnenen Maßnahmen abgeschlossen. Die FED hob die Zinsen 2023 viermal an (+100 BP) und beendete damit eine Serie von elf Zinserhöhungen, die im März 2022 begonnen hatte. Insgesamt stiegen die Fed Funds von 0,25 auf 5,5%.

Bei der EZB liegt der Einlagenzins, der im Juli 2022 mit -0,5% negativ war, Ende 2023 bei 4,0%. Das bedeutet eine Erhöhung um 450 BP, aufgeteilt in zehn Schritte, davon sechs im Jahr 2023 (+200 BP). Die absolute Rendite von Staatsanleihen im Jahr 2023 ist positiv, sogar für US-Anleihen.

Sie erlebten die größte Zinserhöhung. Die Volatilität war jedoch das zweite Jahr in Folge extrem hoch und lag weit über den historischen Werten für Anleihemärkte. Es ist zu hoffen und sogar wahrscheinlich, dass die für 2024 erwartete Korrektur der Inflation und des Wirtschaftswachstums die Volatilität an den Anleihemärkten auf ein für diese Finanzanlagen typisches Niveau zurückführt.

Erstaunlicherweise erzielten die ebenfalls sehr volatilen Anleihemärkte der Eurozone eine bessere absolute Rendite als die USA, obwohl die EZB die Zinsen im Jahr 2023 stärker anhob als die Fed (200 gegenüber 100 BP). Der Grund dafür ist die Verlangsamung der Wirtschaft in der Eurozone. Dadurch wurde der Anstieg der Anleihezinsen unabhängig von den Maßnahmen der EZB effektiv gebremst. […]

Obwohl sich die Spreads von Investment- Grade-, Hochzins- und Schwellenländeranleihen 2023 zusammenzogen, liegen sie immer noch über den typischen Niveaus am Ende des Zyklus. Das macht sie im Jahr 2024 attraktiv. […]

——————————-

! NEU ! Die dritte BondGuide Jahresausgabe 2023 ist erschienen: ‚Mittelstandsfinanzierung 2023 – Chancen und Risiken investierbar machen‘ kann wie gewohnt kostenlos als e-Magazin oder pdf heruntergeladen werden.

Ausgabe 3/2023 Biotechnologie 2023 der Plattform Life Sciences ist erschienen. Die Ausgabe kann bequem als e-Magazin oder pdf durchgeblättert oder heruntergeladen werden.

Bitte nutzen Sie für Fragen und Meinungen Twitter – damit die gesamte Community davon profitiert. Verfolgen Sie alle Diskussionen & News zeitnaher auf Twitter@bondguide !