Stärkt die Coronakrise den Anleihemarkt?

Durch die Coronakrise haben Unternehmen und Anleger ihr Handeln verändert. Das wird in den kommenden Monaten tiefgreifende Auswirkungen auf den Anleihemarkt haben, argumentiert Paul Brain, Newton IM.

Durch die Coronakrise wird die Bilanzstärke eines Unternehmens wieder wichtiger als der Shareholder-Value. Das war auch in den Zeiten der globalen Finanzkrise so. Wir glauben, dass dieses Umdenken zu einem anleihefreundlichen Umfeld beiträgt.

Die wirtschaftliche Herausforderung, vor der die Unternehmen stehen, ist größer als je zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg. Viele Firmen fokussieren sich nicht mehr auf die Maximierung des Shareholder-Value durch Aktienrückkäufe und Dividendenzahlungen. Stattdessen investieren sie ihr Kapital in die Substanz des Unternehmens, um die Krise, in der ihnen der Cashflow weggebrochen ist, zu überstehen.

In vielen Ländern werden im Rahmen der QE-Programme nicht nur Staatsanleihen, gekauft, sondern auch Unternehmen mit Investment-Grade-Status, damit sie sich in der Krise finanzieren können. Das stärkt das Vertrauen von Anlegern in den Anleihemarkt, weil sich dadurch deren Risiko reduziert, Verluste zu machen.

Anleger könnten sich auch durch den Wegfall von Dividendenzahlungen Anleihen zuwenden, deren Erträge vertraglich festgelegt und daher stabiler sind. Die wirtschaftliche Unsicherheit hat zwar das Potenzial für Herabstufungen und Ausfälle von Anleihen erhöht, aber gleichzeitig auch die Renditen über ein breites Anleihen-Universum hinweg steigen lassen und damit den zukünftigen Einkommensstrom verbessert.

Der Markt für Investment-Grade-Anleihen verzeichnet durch die Unterstützung der Zentralbanken und die Aussicht auf eine wirtschaftliche Erholung einen Rekord an Neuemissionen. Wir bleiben allerdings vorsichtig, was Schwellenländerstaatsanleihen und auch Hochzinsanleihen betrifft, da wir davon ausgehen, dass die Ausfallraten stark steigen werden. Außerdem denken wir nicht, dass die Renditen am Hochzinsmarkt das Risiko ausgleichen, das Anleger momentan eingehen müssten.

Paul Brain, Newton IM

Für Unternehmen wie für Anleger gilt jedenfalls, dass sie aus der derzeitigen Krise lernen und zukünftig ihre Barmittel erhöhen sollten, um nicht (wieder) in eine Zwangslage zu geraten.

Paul Brain, Leiter des Fixed Income Teams bei Newton IM, einer Gesellschaft von BNY Mellon Investment Management, und Manager des BNY Mellon Global Dynamic Bond Fund.