
Für Automotive-Spezialist Schlote geht es in Kürze auf der 2ten AGV um nicht weniger als den Fortbestand unter eigener Regie. BondGuide sprach wie schon bei Emission der Anleihe 2019 mit CFO Dr. Michael Bormann.
Herr Dr. Bormann, wir hatten uns zuletzt bei Begebung der Anleihe getroffen, Ende 2019. Dann kam Corona. Hat es die Schlote mehr als andere Automotive-Spezialisten getroffen oder trügt der Schein?
Corona und seine Folgen haben die Schlote sicher mehr getroffen als andere, was vor allem auf das Abrufverhalten unserer Kunden zurückzuführen ist. Zum einen haben sich einzelne zukunftsträchtige Projekte nicht so entwickelt, wie sich das die Politik und OEMs gewünscht und es selbst erwartet hatten. Andere Projekte litten unter der allgemeinen deutlichen Kaufzurückhaltung infolge von Corona und Ukraine-Krieg, verbunden mit Energiepreiskrise und Zinsanstieg.
Mit welcher Folge?
Mit sehr klar erkennbarer Folge eines Umsatzrückgangs von ca. einem Fünftel bis einem Viertel gegenüber 2019, dem letzten Vor-Corona-Jahr. Wichtig zu betonen ist, dass wir keinen einzigen Auftrag verloren haben und unsere Kunden mit der Qualität unserer Produkte weiterhin zufrieden sind. Aber sie selbst haben deutlich weniger Nachfrage als prognostiziert vor allem im E-Auto-Bereich verzeichnet und daher entsprechend weniger bei ihren Zulieferern abgerufen.
Nun liegen drei Krisenjahre 2020-23 hinter uns. Die Refinanzierung der Anleihe mal beiseite gelassen: Was ist denn aktuell das größte Problem für Schlote, was ist der Flaschenhals?
Hier sind zwei wesentliche Probleme zu nennen. Stark getroffen hat nicht nur uns, sondern auch viele OEMs die Insolvenz von Hasenclever, der wichtigsten Eisengießerei in Deutschland. Im November 2023 glaubten wir noch, dass es langsam aufwärts ginge. Mit der Insolvenz von Hasenclever kam es zu Umsatzeinbußen im höheren einstelligen Millionen-Euro-Bereich, da wir zum damaligen Zeitpunkt bereits mit voller Mannschaftsstärke in unseren Werken standen, aber nicht weiter produzieren konnten ohne deren Zulieferungen. Ebenso betroffen war beispielsweise Mitsubishi als Hauptauftraggeber und in weiterer Folge Mercedes sowie Volkswagen, doch als Milliardenkonzerne können sie solch einen Schlag wesentlich einfacher wegstecken als ein mittelständischer Zulieferer wie Schlote.
„Als Ende 2023 Deutschlands wichtigste Eisengießerei Hasenclever in die Insolvenz ging, standen wir mit voller Mannschaftsstärke in unseren Werken, konnten aber nicht weiter produzieren.“
Und die E-Projekte laufen noch gar nicht, wie man hört. Mercedes hat ja neulich sogar angekündigt, weiterhin auf Verbrennungsmotoren zu setzen – umgangssprachlich zusammengefasst.
Die nicht laufenden E-Projekte sind das zweite Problem. Unser E-Projekt für Mercedes hat bisher noch rein gar nicht performt. Und unser E-Projekt für Audi bzw. die MEB-Plattform von VW liegt ebenfalls weit hinter den Planungen zurück. Hier sprechen wir von einer Verzögerung von ca. 18 Monaten. Dies zusammengenommen hat uns Ende 2023 zur Erkenntnis gebracht, dass eine Restrukturierung unserer Anleihe zwingend erforderlich ist. Diese wurde in den vergangenen Monaten in enger Absprache und nach konstruktiven Gesprächen mit der SdK ausgehandelt mit dem klaren gemeinsamen Ziel, jeden Anleihegläubiger um ein möglichst geringes Zugeständnis zu bitten, das unseren weiteren Fortbestand sicherzustellen vermag.
Wenn ich das Gesamtkonzept richtig verstanden habe und wie ich hörte, wäre sogar noch ein Plus drin.
Stimmt, da haben Sie recht. Das Gesamtkonzept der Anleihe-Restrukturierung sieht unter noch festzulegenden Liquiditätsvoraussetzungen nicht nur einen hoffentlich vollständigen Kapitalerhalt vor, sondern bietet auch die Möglichkeit, dass die Anleihegläubiger einen Schlussbonus erhalten. Dieser Bonus ist zwischen der SdK und uns bereits ausverhandelt und wird im Vorfeld der 2ten Gläubigerversammlung im Rahmen der mit uns abgestimmten Gegenanträge der SdK noch im Detail erläutert.
Was waren die Kernbotschaften der Info-Veranstaltung der SdK zur Anleiherestrukturierung neulich?
Nach unserem Kenntnisstand verlief die Veranstaltung sehr sachlich und konstruktiv. Im Kern wurden die Punkte erläutert, über die wir jetzt gerade sprechen. Die SdK ist vom angepassten Gesamtkonzept der Anleihe-Restrukturierung überzeugt und bittet daher alle Anleihegläubiger dringend um eine fristgerechte Anmeldung zur 2ten Gläubigerversammlung am 21. Mai in Harsum. Die Anmeldefrist endet am Samstag, 18. Mai um 24 Uhr. Der Bitte der SdK schließen wir uns an, da jede Stimme zählt, um das erforderliche Quorum zu erreichen. Wer nicht persönlich an der 2ten Gläubigerversammlung teilnehmen kann oder möchte, hat die Möglichkeit, einem selbst ausgewählten Dritten eine Vollmacht oder dem von Schlote benannten weisungsgebundenen Stimmrechtsvertreter eine Vollmacht mit Weisungen zur Abstimmung zu erteilen. Alle erforderlichen Formulare sind natürlich auf unserer Webseite verfügbar.
„Diejenigen Investoren, die persönlich teilnehmen, sollen sehen, wo die Schlote ist, was wir dort machen und dass es dort um sehr viele Arbeitsplätze geht.“
Und warum eigentlich diese wichtige AGV in Harsum bei Hildesheim? – mit dem recht nahen Hannover hätte man eine Landeshauptstadt mit Börsenplatz als Alternative gehabt.
Das hat einen konkreten Grund. Ich war schon auf mehreren wichtigen Präsenz-AGVs in meiner Tätigkeit und die Variante, für die man sich entschieden hat, war stets der Unternehmenssitz. Das hat etwas mit Authentizität zu tun. Diejenigen Investoren, die persönlich teilnehmen, sollen sehen, wo die Schlote ist, was wir dort machen und dass es dort um sehr viele Arbeitsplätze geht. Mit einem sterilen Konferenzsaal wäre das nicht möglich.
Schlote hatte 2021 ja sogar eine Stärkung durch den WSF erhalten – das hat wirklich nicht jeder geschafft. Muss man dazu systemrelevant sein in seiner Sparte oder wie kann sich ein Laie das vorstellen?
Ja, das ist korrekt. Die Systemrelevanz war tatsächlich eine der Formal-Voraussetzungen für eine Beantragung und den Erhalt von Geldern aus dem WSF. Schlote hat die Bescheinigungen sowohl vom Volkswagen-Konzern als auch von Mercedes, also unseren beiden großen Auftraggebern, erhalten, dass sie die Schlote als systemrelevanten Zulieferer für sich einschätzen.
„Systemrelevanz war tatsächlich eine der Formal-Voraussetzungen für eine Beantragung und den Erhalt von Geldern aus dem WSF.“
Der WSF hat eine Stärkung des Eigenkapitals vorgenommen bzw. ging dort hinein. Heißt das, der Staat redet bei der Schlote seither mit, direkt oder indirekt?
Nein und ja. Nein, da der WSF nicht direkt mitredet. Aber ja, da es einen recht umfangreichen Katalog an zustimmungspflichtigen Geschäften gibt – und zwar zusätzlich zur monatlichen Berichtspflicht mit anschließendem Reporting via Videocall. Das kann man sich so vorstellen, dass der WSF seine rund 30 Beteiligungen wie Konzerntöchter beaufsichtigt.
Wem gehört dann aktuell eigentlich vom Eigenkapital her die Schlote Holding, wer hat das Sagen?
Das ist unverändert mehrheitlich die Familie Schlote. Der CEO ist auch ein Familienmitglied – Sie hatten ihn 2019 bei unserem Gespräch kennengelernt. Schlote ist und bleibt ein bodenständiges mittelständisches Familienunternehmen.
Notlage hin oder her: Leisten denn alle Stakeholder ihren wie auch immer geartet erforderlichen Aderlass der Fortführung wegen?
Ja, sämtliche Stakeholder leisten einen wichtigen Beitrag. Die Familie Schlote verzichtet vollständig auf ihr Gesellschafterdarlehen in Höhe von 4,5 Mio. EUR. Die vier Hausbanken halbieren notwendige Tilgungen bis März 2026. Der dann verbleibende Restbetrag von 9 Mio. EUR wird auf weitere vier Jahre verteilt. Kunden beteiligen sich mit Preiserhöhungen, die beispielsweise mit ZF und Mitsubishi schon verhandelt sind und gezahlt werden. Bei der Volkswagen-Gruppe befinden wir uns unmittelbar vor dem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen. Die Preiserhöhungen werden uns eine wieder profitable Geschäftsentwicklung ermöglichen.
Herr Dr. Bormann, ganz herzlichen Dank für das interessante Update!
Interview: Falko Bozicevic
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