
Lewis Jones, CFA, FRM, Portfoliomanager im Emerging Markets (EM) Debt-Team von William Blair Investment Management, zu EM-Währungen
Die Schuldtitel der Schwellenländer behaupteten sich im ersten Quartal, doch wer die Nase vorn behalten will, muss selektiv agieren. Angesichts zunehmender Unsicherheiten durch Handelskonflikte und die US-Politik überprüfen wir unsere Positionierung bei Währungen und Zinsen mit hohem, niedrigem und Frontier-Beta neu.
Gutes erstes Quartal
Das erste Quartal war geprägt von wachsender Unsicherheit in Bezug auf die wirtschaftspolitische Agenda der neuen US-Regierung. Dennoch entwickelten sich Anleihen in lokaler Währung (EM-Währungen) aus Schwellenländern gut, gestützt durch eine solide fundamentale Ausgangslage in den EM-Staaten sowie durch Rückenwind von fallenden US-Staatsanleiherenditen und einem schwächeren US-Dollar. Der J.P. Morgan Government Bond Index – Emerging Markets Global Diversified (GBIEM-GD) erzielte eine Rendite von 4,31%, wobei Währungen und lokale Zinsen nahezu gleichermaßen zum Gesamtergebnis beitrugen.
Vorsichtigerer Ausblick
Obwohl wir den mittelfristigen und langfristigen Ausblick für EM-Anleihen weiterhin konstruktiv einschätzen, haben wir unsere kurzfristige Einschätzung für diese Anlageklasse zurückgenommen – wie mein Kollege Marco Ruijer in seinem Blog erläutert hat.
Im Bereich lokaler Währungen haben wir unsere Netto-Exponierung gegenüber höher-beta- und liquiden Währungen gegenüber dem US-Dollar sukzessive reduziert, da wir davon ausgehen, dass der Devisenmarkt ein wichtiger Anpassungsmechanismus bei einem globalen Handelsschock sein wird.
Allerdings dürfte sich dieser globale Schock von jenen der vergangenen Jahrzehnte unterscheiden: Er wird durch die US-Politik ausgelöst, und wir erwarten, dass die USA in Bezug auf Wachstum und Inflation stärker negativ betroffen sein könnten – möglicherweise sogar mehr als die Schwellenländer.
In den vergangenen Wochen konnten wir eine relativ starke Entwicklung bei EM-Aktien beobachten sowie Kapitalabflüsse aus US-Anlagen. Sollte die Risikoneigung gegenüber lokalen Märkten anhalten, hätten die Zentralbanken in den EM-Ländern mehr Spielraum, die Zinsen zu senken – ohne das zusätzliche Risiko einer Währungsabwertung und steigender Inflation. Dieses antizyklische geldpolitische Instrument wurde in den vergangenen Jahren kaum genutzt. […]
In Frontier-Märkten haben wir unsere Positionierung an den Rändern über Absicherungen bei stark exponierten Währungen wie dem vietnamesischen Dong und idiosynkratischen Währungen wie dem argentinischen Peso reduziert. […]
Im Folgenden stellen wir einige unserer größten aktiven Positionen nach Beta-Kategorie dar – entsprechend unserer Risikoallokation:
Low-Beta-Segment
In der Low-Beta-Kategorie sind wir bei der Duration in Indien und bei der Rupie übergewichtet. Der Rückgang der Inflation auf ein Niveau innerhalb des Zielkorridors der Zentralbank rechtfertigt unsere Übergewichtung. Zusätzliche Liquidität durch die Zentralbank und ein günstiger Anleihekalender dürften sinkende Renditen weiter begünstigen.
In Ungarn sind wir beim Forint übergewichtet – aufgrund einer attraktiven Bewertung im Vergleich zum polnischen Zloty und einem vergleichsweise höheren Carry. Obwohl die ungarische Zentralbank zu den restriktivsten in der Region zählt, sehen wir Ungarn dem Endzins näher als andere Märkte. Bei ungarischen Anleihen konzentriert sich unsere Übergewichtung auf eine grüne Staatsanleihe. Reale Zinssätze sind attraktiv. Die zunehmend europäische Ausrichtung auf die Einhaltung der Defizitkriterien dürfte das ungarische Haushaltsdefizit begrenzen – trotz wachsender Einigkeit, dass Europa mehr für Verteidigung ausgeben muss.
In Malaysia bleiben wir beim Ringgit übergewichtet. Das Wirtschaftswachstum ist robust, getragen von einem stabilen privaten Konsum. Die fiskalische Konsolidierung schreitet voran. Die Währung hat im Vorjahr überdurchschnittlich abgeschnitten, bleibt aber handelsgewichtet günstig bewertet. Die Zentralbank hat staatlich verbundene Unternehmen und Exporteure dazu ermutigt, Fremdwährungsbestände zurückzutauschen – diese Effekte könnten sich jedoch erst nach dem Abflauen globaler Unsicherheiten zeigen. Bei der Duration sind wir untergewichtet, da die Bewertungen nicht attraktiv erscheinen. Die Binnennachfrage bleibt stabil, auch wenn sich das externe Umfeld eintrübt. […]
In Rumänien sind wir beim Leu untergewichtet – wegen Sorgen über die Zwillingsdefizite, vor allem im Wahljahr. […]
Beim chinesischen Renminbi sind wir untergewichtet – wegen der Möglichkeit weiterer US-Zölle. […]
Den Singapur-Dollar halten wir für überbewertet und mit niedrigem Carry wenig attraktiv – zudem ist Singapur stark exportabhängig und somit anfällig bei rückläufiger globaler Nachfrage.
In Taiwan sind wir bei Duration übergewichtet, da Zinserhöhungen bereits eingepreist sind. […]
Bei Thailand sind wir bei Duration untergewichtet – trotz bereits eingepreister Zinssenkungen. […]
High-Beta-Segment
Wir haben die direkte FX-Exposure gegenüber dem Dollar im Portfolio reduziert und setzen verstärkt auf Relative-Value-Strategien innerhalb der EM-Währungen.
So kombinieren wir beispielsweise eine Übergewichtung im brasilianischen Real mit einer Untergewichtung im chilenischen Peso. […]
In der Türkei ist die politische Unsicherheit gestiegen, doch der Reformkurs bleibt intakt. […]
In Südafrika sind wir leicht im Rand übergewichtet – gestützt auf die überdurchschnittliche Entwicklung gegenüber anderen High-Beta-Währungen in den vergangenen Monaten. […]
In Indonesien sind wir beim Rupiah untergewichtet – wegen wachsender Zweifel an der fiskalischen Disziplin. […]
In Kolumbien haben wir nach einer Reduzierung in Mexiko eine leichte Übergewichtung in der Duration aufgebaut. […]
Frontier-Segment
Wir halten eine Benchmark-freie Position in Usbekistan – gestützt auf hohe Goldpreise und einen sich erholenden Rubel. Gold ist ein zentraler Bestandteil der Wirtschaft und stärkt Reserven und Fiskaleinnahmen. Russland bleibt ein Schlüsselhandelspartner, und ein stärkerer Rubel entlastet die Wettbewerbsfähigkeit Usbekistans.
In Nigeria bleiben wir beim Naira long – wegen attraktiver Renditen bei OMO-Papieren (Open Market Operations). […]
Wir bleiben beim argentinischen Peso untergewichtet – denn der reale Aufwertungsdruck nimmt zu. Die Inflation ist von einem Jahreswert von 290% auf über 60% gefallen. […]
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