Regierungskrise in Italien – Anleihen unter Druck

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Wir rechnen mit weiteren Enttäuschungen bei italienischen Staatsanleihen. Nach einer Schwächephase verspricht der Einstieg bei italienischen Top-Banken mit solider Kapitalausstattung hingegen Chancen. Von Andrea Iannelli, Fidelity International

Der italienische Senat hat die Forderung der Lega von Innenminister Salvini nach einem schnellen Misstrauensvotum abgelehnt. In Italien ist der Sturz der Regierung somit vorerst abgewendet. Wie es mit Italien weitergeht, ist somit weiter völlig offen.

Ermutigt durch den wachsenden Zuspruch dürfte die Lega in den Haushaltsverhandlungen auf Konfrontationskurs gehen. Diese Entwicklungen haben italienische Staatsanleihen nach Wochen mit starker Kursentwicklung erneut unter Druck gesetzt. Wenn das Volumen der Anleihekäufe durch die EZB hinter den Erwartungen zurückbleibt, könnten die Risikoaufschläge weiter nach oben klettern.

Andererseits rücken Italienanleihen nun, da die meisten europäischen Staatsanleihen negative Renditen abwerfen, für Anleger auf der Suche nach Rendite in den Fokus – sofern der Preis stimmt. Chancen bieten zudem nationale Banken-Champions.

Lega will im Alleingang regieren

Wird in den nächsten zwei Wochen die Vertrauensfrage gestellt, könnten Neuwahlen frühestens am 13. oder 23. Oktober stattfinden. Dieser Zeitpunkt wäre nicht nur ein Novum, hat Italien doch noch nie im Herbst gewählt. Vielmehr fällt er auch mit den schwierigen Verhandlungen mit der Europäischen Kommission über Italiens Haushalt 2020 zusammen.

Laut Verfassung entscheidet der Staatspräsident, also Sergio Mattarella, über Neuwahlen. Er beschließt, ob er das Parlament auflöst und einen Wahltermin für Oktober festlegt oder ob er bis zu den nächsten Wahlen einer Regierung aus Technokraten die Amtsgeschäfte übergibt. Ein Haushaltsentwurf muss zunächst von den Parlamentariern abgesegnet werden, bevor er der Kommission vorgelegt werden kann. Italien wird angesichts der Regierungskrise daher wohl kaum die ursprüngliche Frist von Mitte Oktober einhalten können.

Der endgültige Haushalt 2020 muss bis Ende Dezember vorliegen. Bis dahin jedoch werden sich die Zusammensetzung des Parlaments und seine Haltung gegenüber den Haushaltsverhandlungen vermutlich geändert haben.

Politische Unsicherheit hält an

Aktuellen Umfragen zufolge würde die Lega in der neuen Regierung den Ton angeben. Mit einem kleineren Partner einer der Mitte-Rechts-Parteien könnte sie koalieren, um sich eine Mehrheit zu sichern. Ermutigt durch den wachsenden Zuspruch dürfte Salvinis Partei in den Haushaltsverhandlungen mit den europäischen Partnern auf Konfrontationskurs gehen.

Unter dem Strich sind die Ausgabenpläne der Rechtspopulisten zwar konservativer als die der jetzigen Koalition. Ihre Forderung nach einer Einheitssteuer ist jedoch mit den Haushaltszwängen Italiens nicht vereinbar. Erschwerend kommen automatische Maßnahmen zur Stabilisierung des Haushalts hinzu wie insbesondere die Anhebung der Mehrwertsteuer. Sie drohen, wenn der Haushalt nicht rechtzeitig verabschiedet wird.

Innenminister Salvini besteht darauf, dass die Mehrwertsteuer nicht erhöht wird. Dann aber müsste er an anderer Stelle im Budget rund 23 Mrd. EUR einsparen, um das Haushaltsdefizit in Schach zu halten.

Italienische Staatsanleihen und Banken erneut im Rampenlicht

Die plötzlich veränderte politische Lage hat auch die Schwankungen an den Märkten wieder angefacht. Vor allem Anleihen des italienischen Staates stehen nach Wochen mit starker Kursentwicklung nun erneut unter Abgabedruck. Die gemäßigte Haltung der Europäischen Zentralbank (EZB) und die von ihr in Aussicht gestellte Neuauflage des quantitativen Lockerungsprogramms hatten die Sorgen über die italienische Politik vorübergehend gedämpft.

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