mwb Kapitalmarkt-Standpunkt: MAGA ist nicht MEGA

Der mwb Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb Wertpapierhandelsbank – dieses Mal u.a.: Batman ohne Robins in Absurdistan.

„Such a Sh.t on the Map and so many Currencies“ kommentierten US-Investoren in den 70er und 80er Jahren den Blick auf die zersplitterte Landkarte Europas, wie ich von einem leider schon lange verblichenen US-Broker-Fossil namens Rolf S. lernen konnte. Nun stand Europa aber spätestens seit Helmut Schmidt und Giscard d’Estaing ja für eine Vision des Zusammenwachsens der Nationen zu einer friedlichen Einheit und faszinierte vor allem die jungen Menschen.

Und ja, sogar die Einführung der gemeinsamen Währung wurde zumindest vordergründig als weiterer Schritt betrachtet, wenngleich die wahren Gründe andere waren und die Währungsunion schon damals nicht zu Ende gedacht und zu Ende gebracht wurde. Heute haben wir eine gemeinsame Währung mit dem Konstruktionsfehler der dysfunktionalen europäischen Legislative und einer fehlenden Exekutive. Und die pan-europäische Legislative ist letztlich nur ein Vehikel für einen Binnenmarkt, an dem doch alle partizipieren und einer exponentiell explodierenden Überregulierung. Ansonsten von Einigkeit keine Spur mehr, was bleibt wird leider immer mehr wieder ein „Sh.t on the Map“.

<em>Flickenteppich Europa: für Trump zu kompliziert</em>, für die mwb Basis für MEGA

Flickenteppich Europa: für Trump zu kompliziert

Dasa Europa strukturell eine tiefere Integration braucht, haben wir an dieser Stelle schon mehrfach geschrieben. Exemplarisch auszugsweise hier:

„Und es ist, wie es immer ist: ‚was sich nicht vorwärtsentwickelt, entwickelt sich rückwärts‘. Und die bei den jüngsten Wahlen vielerorts triumphierenden EU-Gegner beweisen das. Wir sind gespannt, wie weit der Frust über die vermurkste Struktur Wähler und Politik noch treibt.”

Und während Europa weiter auseinanderdriftet wird mehr und mehr Realität, was wir in „Was wäre wenn“ und „Der Greis ist heiß“ beschrieben haben. Im geopolitischen Spiel gerät Europa immer weiter zwischen die Fronten der Großmächte. Insbesondere jenseits des Atlantiks entwickeln sich aktuell schwer kalkulierbare Sachverhalte.

So sah der Professor Ivan Light der Universität Berkeley Trump schon lange in der Tradition der fiktiven Figur von Bruce Wayne der sich in Gotham City (aka New York, der Geburtsstadt Trumps) als Erbe eines Familienunternehmens und Milliardär gerne mit schönen Frauen umgibt. Und in einem Fledermauskostüm auf Verbrecherjagd geht und brutale Selbstjustiz übt ohne sich jemals um Gesetze, Richter oder ähnliches gekümmert zu haben.

„Spinnt der Autor jetzt komplett?“, wird sich der eine oder andere Leser nun fragen, aber man muss, das glaube ich, um zu verstehen, warum 77 Mio. Amerikaner:innen in der Sehnsucht nach einem Erlöser diesen Präsidenten gewählt haben, dies alles in einem großen Bild sehen.

„Als 2011 Szenen für den Film ‚The dark Knight rises‘ im Trump Tower gedreht wurden, kam es nach Erinnerung des Bruce-Wayne-Darstellers im Batman-Kostüm, Christian Bale, zu einer absurd anmutenden Szene. Irgendwann habe Trump ihn in sein Büro gebeten. ‚Ich glaube, er dachte, ich sei Bruce Wayne, weil ich gekleidet war wie Bruce Wayne. Also sprach er mit mir, als wäre ich Bruce Wayne, und ich habe mitgemacht.‘ “ (Quelle: SPON). Ob nun Imperator (Spiegel), Kolonialherr aus dem 19 Jahrhundert oder Batman.

Batman steht für Disruption: „Er wird mit allem brechen, wofür die USA bisher standen“. Nato, UNO, freier Welthandel, Pariser Klimaabkommen? Das alles steht in Frage. Europa ist auf diese Situation weder strukturell noch aktuell vorbereitet. Deutschland ist praktisch ohne Regierung und in Frankreich funktioniert sie nicht. Der Rest fällt sukzessive in rechtspopulistische oder postfaschistische Hände, die bestenfalls ihre eigenen Nationalstaaten ‚Great Again‘ machen wollen und das mit teilweise hanebüchenen Plänen.

Trump, wie er sich wohl selbst im Spiegel sieht – ohne Gewähr

Aber auch ohne diese Wahlergebnisse wäre Europa komplett überfordert gewesen. Ein MEGA (Make Europe Great Again) wird es in diesem Umfeld nicht geben. Im Gegenteil, der Batman aus New York wird die Europäer und andere Großmächte gegeneinander ausspielen. Kommen zur Inauguration eines neuen Präsidenten traditionell nur die Botschafter der Staaten, so hat Batman diesmal auch linientreue Staatenlenker und Politiker eingeladen.

Nach anfänglichem Zögern kommt nun fast die ganze rechtspopulistische Garde Europas wie ein Strom Lemminge zur Inauguration angereist. Deutsche Bundeskanzler sind hier keinesfalls erwünscht. Also alle rechten Lemminge reisen nach USA? Nein, erstaunlicherweise hat Victor Orban abgesagt. Vielleicht hat der einst liberale Politiker und verflossene EU-Ratspräsident genug Erfahrung und den Braten gerochen, dass die Kleinstaaterei und Katzbuckelei vor Batman Europa keinen einzigen Vorteil bringen.

Europa braucht Einigkeit und gemeinsames entschlossenes Handeln. (klingt wie Science-Fiction). Denn es droht ein Hasenfußrennen, da die USA sich mit den protektionistischen Maßnahmen auch selbst Schaden zufügen. Wird Europa von dieser Ehrerbietung profitieren? Das ist zu bezweifeln. Man sonnt sich lediglich im internationalen Glanz. Und mit Impfprotegé Bill Gates hat sich nun auch der letzte Tech-König wie Vercingetorix vor Cäsar auf die Knie begeben.

Die Trump-Anhänger sind sich in vielen Punkten gar nicht einig, wie der Konflikt zwischen Trumps Alt-Stratege Steve Bannon und Elon Musk in der Migrationsfrage zeigt, aber in der Außenpolitik scheint man dort eher auf einer Linie zu sein.

Bestenfalls ist zu vermuten, dass Europa mit der Drohung, die NATO praktisch in die Mülltonne der Geschichte zu befördern, wenn die Rüstungsausgaben nicht erhöht werden, nur erpresst werden soll. Aber das bleibt ohnehin ohne Alternative. Auch bei einem Zerfall der NATO müssen die Rüstungsausgaben drastisch steigen. Ohne Aufrüstung der Europäer werden die imperialistischen Hegemonialansprüche Putins in Richtung Westen noch mehr Fahrt aufnehmen.

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Die neuen Zölle dürften Deutschland und Europa stark treffen. Etwas könnte man auch davon profitieren, wenn die Zölle für chinesische Produkte mit 60% noch höher sind als die angedachten 20% für die Europäer.

Und das alles in einer Situation, in der die USA im Jahre 2024 China als wichtigsten Handelspartner Deutschlands abgelöst haben, wie dpa am Sonntag aus einer Studie der bundeseigenen Agentur „Germany Trade and Invest“ berichtete.

Damit steigt der Druck auf Deutschland, sich den USA im Wirtschaftskrieg mit China anzuschließen. Dem entgegen steht das Potenzial, das mehr chinesische Waren nach Europa fließen, wenn die amerikanischen Zollbarrieren erst intakt sind. Die Bundesbank warnte bereits im November, dass derartige Zustände bis zu 1% der Wirtschaftsleistung kosten könnten. Klingt eher vorsichtig.

Das all dies seine Spuren in den Märkten hinterlassen wird bzw. das bereits tut, liegt auf der Hand. Wir hatten das im mwb-Standpunkt „Der Greis ist heiß“ schon dargelegt.

Und die nun angekündigten Massenverhaftungen und Abschiebungen von Millionen illegal eingereister Migranten durch Razzien im ganzen Land wird nicht nur drastische Folgen für geschätzt rund 20 Mio. Familien in den USA haben. Wie zerrissen die USA sind, zeigt, dass sich demokratisch regierte Städte wie Chicago als Fluchtorte deklariert haben. „Man werde sich den Bundesbehörden nicht entgegenstellen, aber auch nicht kooperieren“. So das Motto der nächsten Tage.

Und der US-Bondmarkt beginnt die Reanimation der Inflation durch die künftige US-Regierung konsequent einzupreisen. So stieg die Rendite der 10jährigen Bonds bereits auf 4,8% und die kleine Beruhigung durch jüngst veröffentlichte Inflationsdaten dürfte technischer Natur sein. Das sind hochaktuelle Daten.

„The Bondmarket is starting to suspect that Trump really is who he seems to beschreibt der Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman. Beim Dollar sieht man die Entwicklungen ebenfalls und die Märkte haben ein feines Gespür. Wenn die Rendite auf 5% oder darüber steigt, dann könnte der Katzenjammer auch auf den Aktienmarkt übergreifen. Steuererleichterungen und Hoffnung auf Deregulierung zum Trotz.

Heim ins Reich? – Panama Kanal im Visier von Trump 2.0

Und zu allem Überfluss hat Batman am 18. Januar noch eine eigene Kryptowährung gelauncht. Den Meme-Coin. Die „Börse Daily“ (BD) kommentiert die 6 Mrd. USD Marktkapitalisierung, die dieses Ding innerhalb weniger Stunden erreicht hat, mit „Absurdistan“. Man vermutet dahinter aber eben eine neue Ausrichtung der US-Finanzpolitik und erwartet zunehmende Investments sogar der sonst sehr konservativen US-Pensionskassen. „So entstehen aus dem Nichts Milliardenwerte“, so BD weiter. Es sei „der nächste Schritt zur Gamification des US-Marktes“.

Wie wirr das alles ist, beweist die jüngst stattgefundene ‚Turning-Point-USA‘-Konferenz in Phoenix. Hier hatte Batman angekündigt, den Panama Kanal zurückzuholen. Auch der   QAnon-Schamane wurde hier gesichtet – jener Mann mit den Büffelhörnern in der Pelzmütze, der am 6. Januar 2021 das Kapitol mit gestürmt hat und danach ins Gefängnis wanderte. In Phoenix versammelten sich Verschwörungstheoretiker, windige Anlageberater und das Spitzenpersonal der künftigen US-Regierung.

Ob das nun alles für ewig ist, wird an der weiteren Entwicklung der Gesamtsituation und der Demokratie in den USA liegen. Schon bei den Midterm-Wahlen in zwei Jahren könnte die hauchdünne Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus dahinschmelzen und vielleicht auch im Senat. Wo Europa und die Märkte dann stehen, wird man sehen. Aber eines sollten sich Europas Regierungen, egal welcher Couleur, hinter die Löffel schreiben: „MAGA ist nicht MEGA“.

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Kai Jordan, mwb

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