Mutares: „Sehen uns in Europas Spitzengruppe“

Die Nachrichtenfrequenz beim Turnaround-Beteiligungsspezialisten Mutares ist hoch. Grund genug für BondGuide, einmal bei CIO Johannes Laumann nachzuhören, wie denn die generellen Pläne und weitere Strategie ausschauen.

Herr Laumann, die Mutares scheint sehr umtriebig: Im neuen Jahr bereits zwei Akquisitionen, dazu die neuerliche Anleiheaufstockung – ein kausaler Zusammenhang?
Ich würde generell das Eine sehr wohl mit dem Anderen verknüpfen, nicht jedoch bezogen auf die beiden Transaktionen 2021. Wir nutzen das Fremdkapital, um unseren Wachstumskurs weiter zu beschleunigen und interessante und profitable Portfolios aufzubauen, die dann auch wieder veräußert werden.

Die jüngste Akquise La Rochette hat einen recht beachtlichen Jahresumsatz, Ericsson Services Italia rund ein Drittel davon. Können Sie diese beiden jüngsten kurz in ihrer Bedeutung einordnen?
Beide Akquisitionen möchte ich ziemlich ähnlich einordnen. Beides sind Plattforminvestitionen, von denen ich mir in den kommenden Jahren viel (an)organisches Wachstum verspreche. Ganz typisch ist der Verkäufertyp, der bei beiden Transaktionen ein internationaler Konzern war. Wir orientieren uns größentechnisch zwischen 100 und 500 Mio. EUR Umsatz, schauen uns aber auch Investitionen mit Potenzial unter- und oberhalb dieser Größenordnung an. Dies haben wir unter anderem bei unserer größten Transaktion „Lapeyre“ im vergangenen Jahr gezeigt, die mehr als 650 Mio. EUR Umsatz pro Jahr generiert.

Bei nunmehr 50+20+10 Mio. EUR hat der Floater sein Limit erreicht. Wie geht’s weiter – bei Bedarf?
Wir sind sehr zufrieden mit der kürzlichen Aufstockung der Anleihe und hatten schon nach kurzer Zeit das Orderbuch überzeichnet. Mit dem aktuellen Volumen fahren wir aktuell ganz gut, allerdings kommt hier auch mit mehr Wachstum mehr Bedarf.

Apropos Bedarf: Im Zuge der Corona-Krise dürften in den nächsten Quartalen noch so einige Mittelständler in Bedrängnis kommen, operativ, finanziell oder beides. Wie sind denn Ihre Suchkriterien?
Unsere Suchkriterien kann man per se nicht generalistisch formulieren. Wir arbeiten opportunistisch in gewissen Leitplanken. Gerne schauen wir uns, wie bereits erwähnt, Unternehmen in Umbruchsituationen zwischen 100 und 500 Mio. EUR Umsatz an. Mir ist dabei sehr wichtig, dass wir mit unserem stetig wachsenden und heute über 70 Kolleginnen und Kollegen zählenden Beraterteam den Unterschied machen und die Unternehmungen wieder auf Vordermann bringen können. Dabei zählt neben dem operativen Handwerkszeug auch das Knowhow von Markt und Produkt.

An der Börse wie bei Immobilien gilt: Im Einkauf liegt der Gewinn. Wann ist denn eine Beteiligung ‚reif‘ für einen Exit? – es gab 2021 ja auch schon einen.
Der für uns richtige Zeitpunkt zum Verkauf einer Beteiligung hängt stark mit unserer Buy-and-Build-Strategie zusammen. Wir sehen uns selbst in Europas Spitzengruppe, wenn es um Carve-out, Restrukturierung und darauf aufbauendes anorganisches Wachstum geht. Sobald diese Schritte erreicht und wir bei einer Beteiligung in der Harvesting-Phase sind, sollten wir den Exit forcieren. Typischerweise ist das nach drei bis fünf Jahren der Fall.

Nachfolgeregelungen sind ja auch ein generelles Thema in Deutschland: Die Nachkriegsgeneration ist inzwischen in die Jahre gekommen. Auch ein Blickpunkt für die Mutares? – eine Führungskrise mündet häufiger mal in eine operative Krise.
Gerade in der Covid-19-Krise sehen wir deutlich mehr Familienunternehmen mit Problemen in der Nachfolgeregelung. Hier sind meistens die Finanzierungsstruktur und die Preisvorstellung eine schwierige Kombination, die wir lösen müssen. Mit keeeper und KiCo haben wir allerdings in den vergangenen beiden Jahren gezeigt, dass wir auch das können.

CIO Johannes Laumann, Mutares

Gibt es eigentlich hebbare Synergieeffekte innerhalb der Gruppe – oder auch innerhalb Ihrer drei hauptsächlichen Sektoren-Säulen Automotive & Mobility, Engineering & Technologie, Goods & Services?
Natürlich. Ein gutes Portfolio-Management ist das A und O. Hierzu gehört auch das Potenzial, das aus Synergien zwischen den einzelnen Investments genutzt werden kann. Hauptsächlich natürlich innerhalb der Segmente, aber auch segmentübergreifend. Schon bei der Akquisition wird evaluiert, inwiefern Synergieeffekte genutzt werden können, um ein Unternehmen schneller auf einen profitablen Wachstumspfad zu bringen. Für die Umsetzung verantwortlich ist hier unser sehr erfahrenes Operationsteam, das im vergangenen Jahr von 40 auf 70 Mitarbeiter aufgestockt wurde – und bis 2023 auf über 140 Mitarbeiter wachsen soll.

Herr Laumann, ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und die interessanten Erläuterungen!

Interview: Falko Bozicevic