
Aktuell blicken deutsche Wirtschaftsverbände eher pessimistisch in die Zukunft. Steuerstrategien könnten helfen. Von Prof. Dr. Christoph Juhn*
Aufgrund einer schwächelnden Weltkonjunktur, von Zinserhöhungen und Unklarheiten beim Bundeshaushalt, so die Prognose des Institutes der Deutschen Wirtschaft, rechnen Betriebe nun im zweiten Jahr in Folge mit einer schwachen Dynamik. Anstatt Gelder etwa in Nachhaltigkeitsprojekte oder in die digitale Transformation zu investieren, stehen vielerorts die Zeichen auf Sparkurs. Um ihre Liquidität nicht zu gefährden, setzen Unternehmen den Rotstift an. Entsprechend wichtig sind Strategien und Gestaltungsmöglichkeiten zur steuerlichen Optimierung von Investitionen und Kapitalanlagen.
Besser geht immer, oder?
Unternehmen stehen vor der ständigen Herausforderung, ihre Kapitalanlagen zu optimieren. Eine beliebte Strategie sind Investitionen in renditeträchtige Immobilien. Sie bieten nicht nur die Möglichkeit zur Diversifikation des Portfolios, in der Regel sind auch laufende Renditen beträchtlich. Zwar kann der Erwerb von Gebäuden oder Grundstücken angesichts der aktuell hohen Preise auf dem Immobilienmarkt kostspielig sein, unter bestimmten Bedingungen bieten solche Anlagen jedoch auch zahlreiche steuerliche Vorteile.
Darunter Abschreibungen auf den Wert der Immobilie, die Möglichkeit, Zinskosten abzusetzen, und in einigen Fällen Steuervergünstigungen für bestimmte Arten von Immobilieninvestitionen. So lockt etwa beim Kauf von renditeträchtigen Objekten eine durch Fremdkapital finanzierte Investition über eine vermögensverwaltende Immobilien GmbH. Der Vorteil? Unternehmen profitieren nicht nur von der erweiterten Grundstückskürzung, wodurch die Gewerbesteuer entfällt, sondern auch vom sogenannten Leverage-Effekt.
Bei einer üblichen Rendite von 3% lässt sich mit einer 90%igen Fremdfinanzierung und einer 1%-Verzinsung des Fremdkapitals eine vielfache Steigerung der Gesamtrendite erreichen. Haben Unternehmen die Möglichkeit, über Sicherheiten eine Fremdfinanzierung zu 100% zu vereinbaren, dann ist der Leverage-Effekt enorm, weil die Eigenkapitalrendite bei fehlendem Eigenkapital ins Unermessliche wächst. Hinzu kommt, dass die Zinsen steuerlich absetzbar sind. Wer solche Vorzüge voll ausschöpfen möchte, sollte dies im Rahmen einer Due-Diligence-Prüfung gegen potenzielle Nachteile, wie etwa den zeitintensiven Verwaltungsaufwand, Haftungsrisiken oder individuelle steuerliche Gegebenheiten, abwägen.
Etwas mit Aktien machen
Neben Immobilien bieten auch Aktien und andere Wertpapiere Chancen, mehr aus Investitionen herauszuholen. Am einfachsten geht das über die Gründung einer Trading GmbH – einer klassischen Kapitalgesellschaft, deren einziger Zweck die eigene Vermögensverwaltung ist. Steuerlich bringt das zahlreiche Pluspunkte. So unterliegen Veräußerungsgewinne aus Kapitalvermögen, die in einer Trading GmbH gehalten werden, einem Steuersatz von etwa 1,5%. Bei Dividenden fallen 15% Körperschaftssteuer und etwa genauso viel Gewerbesteuer an – es sei denn, Anleger halten mindestens 15% aller Aktien.
Im Vergleich dazu: Privatpersonen zahlen in aller Regel den höheren Steuersatz von 25% an Kapitalertragsteuer. Außerdem beträgt die Gewerbesteuer für GmbHs ungefähr 15%, die Haftung der Gesellschafter ist auf das eingezahlte Stammkapital beschränkt und durch die Trennung von privatem und geschäftlichem Vermögen können Vermögensübertragungen steuerlich optimiert werden. Gleichzeitig fallen beispielsweise höhere Buchhaltungskosten an und in bestimmten Fällen besteht weniger Flexibilität bei Vermögensübertragungen zwischen Gesellschaftern und ihrer GmbH.
Auf virtuelles Geld setzen
Immer mehr Unternehmen entscheiden sich außerdem dafür, Kapital in digitalen Währungen anzulegen. Neben der Diversifizierung des Portfolios oder möglichen Profiten durch Kurssteigerungen gehen Investitionen in Bitcoin, Ethereum und Co. auch mit steuerlichen Vergünstigungen einher. Insbesondere wenn Unternehmen sogenannte Kryptos unterjährig handeln, über hohe liquide Mittel im Betriebsvermögen verfügen oder einen Verlust von über 20.000 EUR bei Termingeschäften absetzen wollen, lohnt es sich, digitales Geld in einer Krypto-GmbH im Betriebsvermögen statt im Privatvermögen zu halten.
Auf potenzielle Gewinne fallen so nur ca. 30% Steuern an. Allerdings gilt es zu bedenken: Die Besteuerung von Kryptowährungen ist komplex und birgt insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der Compliance-Anforderungen zahlreiche Herausforderungen. Entsprechend wichtig ist es, sich hier rechtzeitig mit qualifizierten Beratern zusammenzusetzen, die im Einzelfall prüfen, welche gestalterischen Optionen Sinn machen und welche steuerlichen Verpflichtungen damit einhergehen.
Mein Geld, mein Business, meine Steuervorteile
Unternehmen haben auch Möglichkeiten, Gelder in den eigenen Betrieb zu stecken und gleichzeitig die Abgabenlast an den Fiskus zu schmälern – und das ganz ohne Umsiedlung ins Ausland. Dazu gehören neben Abschreibungen für Anlagen und Ausrüstungen auch Betriebsausgaben wie Schulungen und Marketing oder Mitarbeiterbeteiligungsprogramme. Investitionen in den eigenen Betrieb können zudem durch die Unternehmensstrukturen steuerlich optimiert werden.
In einer Personengesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung lässt sich zum Beispiel die sogenannte Thesaurierung von Gewinnen nutzen. Dabei werden diese nicht sofort entnommen, sondern verbleiben im Unternehmen. Als Folge profitieren Firmen von der niedrigeren Besteuerung und somit auch von einem Mehr an Geld für Reinvestitionen. Für eine Holdinggesellschaft kann es hingegen steuerlich besonders attraktiv sein, eine eigene GmbH zu verkaufen, um den Gewinn in neue Beteiligungen zu reinvestieren. Hier fallen auf den Gewinn nur etwa 1,5% Steuern an.
Große Pläne
Um Investitionen in Innovationen und die Liquiditätssituation von Unternehmen weiter zu stärken, diskutieren Bundestag und Bundesrat aktuell über das sogenannte Wachstumschancengesetz. Zur Debatte steht eine Reihe von Optimierungsmöglichkeiten – allen voran eine Investitionsprämie, durch die Firmen Zuschüsse bei der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen erhalten. Außerdem fallen die Rückkehr der degressiven Abschreibung beim Kauf von beweglichen Gegenständen für das betriebliche Anlagevermögen und die Neuregelung für Sammelposten oder die Möglichkeit, eine 50%ige Sonderabschreibung gewinnmildernd geltend zu machen, in die Rubrik TBD.
Des Weiteren sind eine höhere Freigrenze bei Geschenken und Betriebsveranstaltungen sowie geringere Haftungsrisiken für Unternehmen bei Abfindungen offen. Außerdem, so der Plan, soll nicht nur der Verlustrücktrag auf drei Jahre ausgedehnt, sondern auch neue Regeln zum Verlustvortrag etabliert werden. Zusammengenommen können diese Maßnahmen dazu beitragen, die finanzielle Situation von Unternehmen zu stärken, Investitionen zu fördern, die Liquidität zu verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen – vorausgesetzt Bundestag und Bundesrat werden sich einig.
*) Prof. Dr. Christoph Juhn ist Professor für Steuerrecht, Steuerberater und besitzt einen Master of Laws. Seine Schwerpunkte in der Gestaltungsberatung liegen auf Umwandlungen und Umstrukturierungen, Unternehmen- und Konzernsteuerrecht, internationalem Steuerrecht, Unternehmenstransaktionen (M&A), Beratung für Berater sowie der laufenden Steuerberatung. Der Steuerprofi betreibt unter @juhnsteuerberater einen erfolgreichen YouTube-Kanal. JUHN Partner ist eine Kanzlei mit Standorten in Bonn, Köln, Düsseldorf, Frankfurt am Main und Dubai, die sich besonders auf die Steuerberatung von Kapital- und Personengesellschaften spezialisiert hat.
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