Law Corner: Aktuelle und künftige Neuerungen durch den Listing Act bei Basisprospekten für nachhaltige und andere Anleihen

Die Law Corner aus BG 18-2025 von Dr. Mirko Sickinger, LL.M., Rechtsanwalt und Partner, Dr. Andreas Meyer, Rechtsanwalt und Senior Counsel, HEUKING

Basisprospekte ermöglichen Emittenten, die regelmäßig Anleihen emittieren, weite Teile der in einem Prospekt erforderlichen Offenlegung einmal im Jahr ‚vor die Klammer zu ziehen‘. So können sie unterjährig kurzfristig Anleihen emittieren, ohne erneut ein Billigungsverfahren durchlaufen zu müssen. Für diese bei deutschen Anleiheemittenten populäre Praxis hält der Listing Act einige Änderungen bereit, die insbesondere bei sog. Green Bonds relevant werden.

Basisprospekt – Grundlagen

In einem Basisprospekt kann auf bestimmte wertpapierbezogene Angaben verzichtet werden, die erst bei Durchführung einer konkreten Emission in endgültigen Bedingungen bestimmt werden. Diese werden veröffentlicht, ohne dass es einer Billigung bedarf. Dabei sind drei Kategorien von Angaben zu unterscheiden. Jene der Kategorie A müssen im Basisprospekt enthalten sein. In der Kategorie B ist es möglich, bei Prospektbilligung noch nicht vorliegende Einzelheiten mit Platzhaltern zu kennzeichnen und so den endgültigen Bedingungen vorzubehalten. Angaben der Kategorie C können in den endgültigen Bedingungen nachgereicht werden.[1]

Basis der Law Corner

Nachträge – Erleichterungen

Der Listing Act [2] ermöglicht Emittenten seit dem 4.12.2024, neue Jahres- oder Zwischenfinanzinformationen in einen gültigen Basisprospekt durch Verweis einzubeziehen, ohne dass dafür ein Nachtrag gebilligt werden muss (dynamische Verweisung). Der Emittent kann aber dazu auch weiterhin einen Nachtrag veröffentlichen. Dies empfiehlt sich, wenn aufgrund der neuen Finanzinformationen weitere Prospektangaben zu aktualisieren sind, etwa Erläuterungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.

Nachträge – Verschärfungen

Umgekehrt stellt der Listing Act klar, dass durch einen Nachtrag keine neue Art von Wertpapieren ergänzt werden darf, die bisher nicht vom Basisprospekt erfasst war. Die ESMA hat dazu Leitlinien vorgeschlagen.[3] Danach muss bereits der Basisprospekt mindestens die mit der jeweiligen Art der Wertpapiere verbundenen Risikofaktoren und die sie bestimmenden grundlegenden Bedingungen enthalten.

Erweiterte Einbeziehung durch Verweis

Für nachhaltige Anleihen sieht der Listing Act eine stärkere Verknüpfung der spezifischen Offenlegung nach der Verordnung über europäische grüne Anleihen (EU Green Bonds) [4] mit den allgemeinen Prospektvorgaben vor. Für EU Green Bonds ist zwingend ein Prospekt zu veröffentlichen. Zudem muss ein Informationsblatt (Green Bond Factsheet) erstellt werden, für das detaillierte Vorgaben gelten und das auf der Website des Emittenten einzustellen ist.

In Prospekten für EU Green Bonds können Angaben aus dem Green Bond Factsheet einbezogen werden. Dies kann erforderlich werden, weil im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot oder der Zulassung von Wertpapieren verbreitete Informationen mit den Angaben im Prospekt übereinstimmen müssen. Wesentliche Informationen, die an Anleger gerichtet sind, müssen aber in den Prospekt aufgenommen oder durch Verweis einbezogen werden.

Ab dem 5.6.2026 sind nunmehr zwingend die im Green Bond Factsheet enthaltenen Angaben zu den in den Prospekt aufzunehmenden Informationen durch Verweis einzubeziehen. Entsprechendes gilt, wenn der Emittent bei der Emission von als ökologisch nachhaltig vermarkteten oder an Nachhaltigkeitsziele geknüpften Anleihen freiwillig die Vorlagen für Offenlegungen vor der Emission verwendet, die die EU Kommission im Wege von Leitlinien veröffentlicht hat.[5]

Diese betreffen insbesondere Green Bonds, die nicht der europäischen Verordnung, sondern den Green Bond Principles der International Capital Markets Association (ICMA) folgen oder sog. Sustainablity Linked Bonds, also Schuldverschreibungen, deren finanzielle oder strukturelle Charakteristik von der Erreichung bestimmter vordefinierter Nachhaltigkeitskennzahlen abhängt. Die so einbezogenen Informationen werden dadurch zum Prospektbestandteil und unterliegen der Prospekthaftung.

Vorschläge der ESMA zu Mindestangaben

Besondere Bedeutung dürften die neuen Vorgaben für die Offenlegung von Nachhaltigkeitsaspekten erlangen, die die ESMA zur Ergänzung der delegierten Verordnung vorgeschlagen hat und die Prospektschemata für Mindestangaben in Wertpapierprospekten festlegt.[6]

Die ESMA sieht bei (Basis-) Prospekten für als ökologisch nachhaltig vermarktete oder an Nachhaltigkeitsziele geknüpfte Anleihen, einschließlich EU Green Bonds, die in einem neuen Anhang 21 zur o.g. delegierten Verordnung spezifizierten Mindestangaben vor. Dabei wird zunächst zwischen Use of Proceeds Bonds, also Anleihen, deren Erlöse (oder ein diesen entsprechender Betrag) nachhaltigen Zwecken zugeordnet werden, und Sustainability Linked Bonds differenziert. Sonderregelungen werden für Anleihen vorgesehen, die Nachhaltigkeitsaspekte verfolgen, die von einem Basiswert abhängen sowie für EU Green Bonds.

Im Fall der Use of Proceeds Bonds müssen deren wesentliche Strukturmerkmale, wie die verfolgten Nachhaltigkeitsziele und wie diese erreicht werden sollen, in ihren Grundzügen bereits im Basisprospekt genannt werden. Im Fall von Sustainability Linked Bonds gilt Entsprechendes für die Kennzahlen, anhand derer die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen gemessen wird. In Bezug darauf soll ausgeführt werden, ob diese Ziele mit sektorspezifischen wissenschaftlich basierten Zielen sowie der Nachhaltigkeitsstrategie des Emittenten konsistent sind.

Baustelle Anlegerschutz

Im Fall von EU Green Bonds kann die Offenlegung der nachhaltigkeitsbezogenen Strukturmerkmale durch die Einbeziehung des Green Bond Factsheet in den Basisprospekt erfolgen. Sofern dies zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Basisprospekts noch nicht möglich ist, genügt die Einbeziehung durch die endgültigen Bedingungen. Ein ähnliches Konzept schlägt die ESMA auch im Fall der freiwilligen Nutzung der von der EU-Kommission veröffentlichten Vorlagen vor.

Fazit

Die Anforderungen an die Offenlegung in Basisprospekten für Anleihen befinden sich im Wandel. Einige Änderungen durch den Listing Act gelten bereits seit Ende 2024, so die Klarstellungen und Erleichterungen bei der Nachtragspflicht. Hingegen sind die Anforderungen an die Angaben in Bezug auf nachhaltige Anleihen noch im Fluss. Hier gilt es zunächst weiterhin die durch die ESMA bereits unter geltendem Recht konkretisierten Erwartungen zu berücksichtigen.[7]

Die aktuelle Law Corner von Dr. Mirko Sickinger (li.) & Dr. Andreas Meyer, RAe, HEUKING

Dr. Mirko Sickinger (l.) & Dr. Andreas Meyer, RAe, HEUKING

Die vorgeschlagenen, ab Mitte 2026 geltenden, Mindestangaben lassen einen noch höheren Detaillierungsgrad der Offenlegung bereits im Basisprospekt erwarten. Allerdings strebt die ESMA offenbar an, einen Anreiz zu schaffen, die freiwilligen Formate des EU Green Bond und der in den Leitlinien der EU-Kommission enthaltenen Vorlagen zu nutzen. In diesem Fall soll eine Verlagerung von Angaben vom Basisprospekt in die endgültigen Bedingungen möglich sein. Es bleibt indes abzuwarten, inwieweit die EU-Kommission diesem Vorschlag in den von ihr zu erlassenden delegierten Rechtsakten folgen wird.

[1] Dazu Meyer in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 5. Aufl. 2025, § 35 Rz. 35.122 ff.

[2] Verordnung (EU) 2024/2809 v. 23.10.2024, dazu Sickinger/Radke/Pfeufer in BondGuide Law Corner 25/2024

[3] ESMA Consultation Paper on the Guidelines on supplements which introduce new securities to a base prospectus, ESMA32-1953674026-5808 v. 18.2.2025.

[4] Verordnung (EU) 2023/2631 v. 22.11.2023 über europäische grüne Anleihen, dazu de Boer/Dresler-Lenz, BondGuide – Special Green & Sustainable Finance 2024, S. 28,

[5] Mitteilung der Kommission – Leitlinien für die Vorlagen, über die Emittenten von Anleihen, die als ökologisch nachhaltig vermarktet werden oder an Nachhaltigkeitsziele geknüpft sind, vor der Emission Informationen offenlegen, C(2025)4 v. 16.4.2025.

[6] ESMA Final Report – Technical advice concerning the Prospectus Regulation and the RTS updating the CDR on metadata, ESMA32-117195963-1417 v. 12.6.2025 mit Vorschlägen zur Ergänzung der Delegierte Verordnung (EU) 2019/980 v. 14.3.2019; dazu auch de Boer, BondGuide – Special Green & Sustainable Finance 2025, S. 44,

[7] ESMA Public Statement – Sustainability disclosure in prospectuses, ESMA32-1399193447-441 v. 11.7.2023.

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