Inflation treibt die Arbeitskosten – und umgekehrt

Der kostenintensivste Bereich der Arbeitskosten ist das Arbeitsentgelt. Sinkt durch Inflation die Kaufkraft, steigen unweigerlich die Arbeitskosten – ein Teufelskreis. Von Robert Steininger*

Inflation bedeutet, dass der Kaufwert des Geldes sinkt. Damit geht auch die Kaufkraft einer Volkswirtschaft zurück. Um den negativen Trend des Konjunkturzyklus an dieser Stelle aufzuhalten, muss der Wert des Geldes stabilisiert und wieder angepasst werden. In den tarifgebundenen Branchen setzten die Gewerkschaften Gehaltserhöhungen durch. Dies beeinflusst die Arbeitskosten eines Unternehmens, da die Personalkosten steigen. Steht den Betrieben weniger Geld für Investitionen zur Verfügung, macht sich dies auch bei der Kapitalanlage bemerkbar. Insofern wirkt sich eine inflationäre Entwicklung nicht zuletzt auf den Anleihenmarkt aus.

Was bedeutet Inflation?

Jede Volkswirtschaft funktioniert durch ein ausgewogenes Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Ein wichtiger Aspekt ist der Preis, der durch die Anbieter festgelegt wird. Hebt ein Unternehmen seine Preise an, sinkt die Nachfrage nach diesem Produkt tendenziell. Konsumenten verwenden ihr verfügbares Einkommen, um ein vergleichbares Produkt zu einem geringeren Preis zu finden.

Dieser Mechanismus funktioniert jedoch nicht mehr, wenn sich in einer Volkswirtschaft ein allgemeiner Preisanstieg abzeichnet, wie wir ihn 2022 allerorten erlebt haben. Da alle Produkte gleichzeitig teurer werden, hat ein Nachfrager kaum eine Möglichkeit mehr, sich für günstigere Angebote zu entscheiden, wenn diese durch die Bank weg teurer sind als zuvor. Die Folge ist eine Inflation, bei der die Kaufkraft des Geldes sinkt. Die Nachfrager müssen ihre Kaufgewohnheiten ändern. Dies bedeutet, dass sie bewusst teurere Preise akzeptieren oder auf den Kauf bestimmter Waren verzichten.

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Eine Inflation hat aber nicht nur Folgen für die Nachfrageseite. Auch ein Unternehmen muss bei einer inflationären Entwicklung seine Arbeits- und Produktionskosten neu überdenken.

Wie setzen sich die Arbeitskosten eines Unternehmens zusammen?

Die Arbeitskosten eines Unternehmens – dies kann sowohl eine Personengesellschaft als auch eine Kapitalgesellschaft sein – setzen sich aus allen Aufwendungen zusammen, die für den Einsatz eines Mitarbeiters im Betrieb notwendig sind.

Der kostenintensivste Bereich der Arbeitskosten ist das Arbeitsentgelt. Zur Entlohnung des Arbeitnehmers ist der Arbeitgeber aufgrund einer gesetzlichen, einer tariflichen oder einer arbeitsvertraglichen Grundlage verpflichtet.

Neben dem Arbeitsentgelt – dies stellt für den Arbeitgeber die Arbeitsgrundkosten dar – muss ein Unternehmen die Lohnnebenkosten aufwenden. Als Lohnnebenkosten trägt ein Unternehmen den Anteil zur Sozialversicherung des Arbeitnehmers und die folgenden Aufwendungen:

– Vermögenswirksame Leistungen
– ggf. Weihnachtsgeld
– ggf. Urlaubsgeld
– Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
– Fahrtkostenzuschüsse

Die Lohnsteuer zählt nicht zu den Arbeitskosten, da sie von dem Arbeitgeber bei der Erstellung der Lohn- und Gehaltsabrechnung nur einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird.



Arbeitskosten und inflationäre Entwicklungen: Gibt es einen Zusammenhang?

Zwischen Arbeitskosten und Inflation besteht ein direkter Zusammenhang. Denn die Geldentwertung einer Volkswirtschaft hat auch negative Folgen für Unternehmen. Hier führt eine inflationäre Entwicklung dazu, dass das Wachstum der Arbeitskosten beschleunigt wird. Dies lässt sich damit erklären, dass für ein Unternehmen der Anpassungsdruck bei den Reallöhnen steigt – siehe ebenfalls wie aktuell 2022 und 2023.

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Als Reallohn definiert sich der Betrag, den der Arbeitgeber seinen Beschäftigten als Entgelt für geleistete Arbeit unter Berücksichtigung der inflationären Entwicklung auszahlt. Aufgrund seiner Abhängigkeit von der Inflationsrate gilt der Reallohn als Bewertungsmaßstab für die Kaufkraft der Löhne und Gehälter. Eine hohe Inflation hat zur Folge, dass die Reallöhne einer Volkswirtschaft sinken und damit auch deren Kaufkraft zurückgeht. Der Reallohn grenzt sich vom Nominallohn ab. Dies ist das Nettoentgelt, das einem Arbeitnehmer tatsächlich auf sein Konto überwiesen wird.

Um die Kaufkraft bei einer Geldentwertung wieder zu steigern, fordern die Gewerkschaften in den tarifgebundenen Branchen Gehaltserhöhungen. Dies wirkt sich für die Arbeitgeber in zweifacher Hinsicht negativ aus. Denn neben der Nettoauszahlung beteiligen sich die Unternehmer über den Arbeitgeberanteil auch an der Sozialversicherung.

Anders als gedacht beeinflusst die Inflation auf der Arbeitgeberseite z.B. nicht die Höhe der Lohnsteuer. Denn diese wird vom Nominallohn in Abzug gebracht. Die lohnsteuerlichen Abzüge gehören nicht zu den Arbeitskosten eines Unternehmens. Sie werden allein von den Arbeitnehmern aufgebracht. Der Arbeitgeber trägt allerdings die Verantwortung dafür, dass die Steuer korrekt einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird. Für die Nachfrageseite spielt die Lohnsteuer hingegen eine entscheidende Rolle, da sie das verfügbare Einkommen mindert. Zur Erhöhung der Kaufkraft von Arbeitnehmern werden daher auch stets Steuererleichterungen gefordert.

In den nicht tarifgebundenen Branchen – z.B. im Dienstleistungsbereich – führt eine inflationäre Entwicklung ebenfalls dazu, dass die Kaufkraft der Löhne und Gehälter sinkt. Hier stehen den Beschäftigten meist keine Gewerkschaften zur Seite, die sich für höhere Gehaltszahlungen stark machen. Ob der Mitarbeiter hier eine Gehaltserhöhung durchsetzen kann, hängt fast allein von seinem Verhandlungsgeschick ab. Geht der Chef nicht auf die Argumente ein, muss der Mitarbeiter sich mit dem bisherigen Einkommen begnügen oder sich nach einem alternativen Arbeitsplatz umsehen. Hinsichtlich der Arbeitskosten bleibt festzustellen, dass sich eine Inflation hier nicht zwingend negativ auswirken muss.

Auswirkungen der Inflation auf den Anleihemarkt

Auf dem Anleihemarkt der Börse werden Unternehmensanleihen und andere Bonds gehandelt. Die Ausgabe von Anleihen des eigenen Unternehmens nutzen größere Betriebe des Mittelstands, um liquide Mittel für verschiedene Projekte aufzustocken. Das zusätzlich beschaffte Kapital wird z.B. verwendet, um eine bestimmte Strategie zu verfolgen oder ein anderes Unternehmen zu übernehmen.

Wirkt sich eine Inflation negativ auf die Arbeitskosten eines Unternehmens aus, dient das Tätigwerden am Anleihemarkt noch einem weiteren Zweck. Denn die höheren Kosten beim Personal und in anderen Unternehmensteilen lassen sich temporär auffangen, wenn ein Unternehmen Fremdkapital aufnimmt. Wichtig ist, dass die Voraussetzungen für eine Anleiheemission erfüllt sind und dem Antrag die notwendigen Unterlagen beigefügt werden. Nicht vergessen werden sollte aber, dass die Fremdkapitalmaßnahme lediglich Zeit erkauft – die Laufzeit der Anleihe. Als Kredit muss eine emittierte Anleihe sowohl pünktlich bedient werden als auch natürlich zurückgezahlt.

*) Robert Steininger ist Fachautor für u.a. Anlagestrategien und publiziert regelmäßig zu Fachthemen wie Online- und Investment-Strategien, Glücksspielthemen, Krypto und Verhaltensanalyse

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