Großes Potenzial und hohe Erwartungen an KI

Die Frage bleibt, wie Unternehmen durch KI Geld verdienen – das wird auch in den nächsten Jahren zweifellos der größte Wachstumstreiber sein. Von Jean-Paul van Oudheusden*

Alphabet und Tesla werden als erste Giganten der Technologiebranche ihre Quartalsergebnisse bekannt geben. Angesichts der laufenden Sektorrotation weg von Tech-Aktien werden Anleger nun deutlich kritischer hinschauen. Letztlich dreht sich alles darum, wie Unternehmen mit KI-bezogenen Produkten Geld verdienen – das wird auch in den nächsten Jahren zweifellos der größte Wachstumstreiber sein.

Big Tech bleibt unverzichtbar

Im zweiten Quartal 2024 dürften die Gewinne der sogenannten Magnificent 7 um 29% gestiegen sein – ein spürbarer Rückgang im Vergleich zum Durchschnitt von 35% im Jahr 2023. Diese Zahlen müssen jedoch im größeren Kontext betrachtet werden: Im Vorjahr verzeichneten die übrigen 493 Unternehmen des S&P 500 durchschnittlich Verluste von 5%.

Für das zweite Quartal wird nun ein Gewinnwachstum von 5% prognostiziert, was den breiten Markt unterstützen sollte. Damit könnte das Gewinnwachstum der Magnificent 7 etwa sechsmal höher ausfallen, was ihre dominante Stellung unterstreichen würde. Die weiteren Gewinnprognosen deuten darauf hin, dass sich die Lücke zwischen den Magnificent 7 und dem restlichen S&P 500 in den nächsten Quartalen weiter verkleinern wird.

Ki selbst im Tesla ein Muss

KI ist der wichtigste Wachstumstreiber

Alphabet plant, mit dem KI-Assistenten Gemini die Nutzung der Google-Suchmaschine zu revolutionieren. Gleichzeitig bereitet das Unternehmen die Einführung eines neuen Spezialchips (TPU) vor, der AI-Aufgaben im Vergleich zu herkömmlichen GPUs energieeffizienter bewältigen soll und als direkte Konkurrenz zu NVIDIAs AI-Chips positioniert ist. Diese Strategien sollten Alphabet in die Lage versetzen, seine Führungsrolle in technologischen Innovationen zu behaupten und den langfristigen Fokus auf die Weiterentwicklung fortschrittlicher KI-Technologien zur Stärkung seiner Marktposition beizubehalten.

Die strategische Bedeutung der KI bleibt auch für Tesla unverzichtbar, insbesondere im Kontext der Weiterentwicklung seiner selbstfahrenden Autotechnologie. Trotz dieser Priorität hat das Unternehmen die Vorstellung des Robotaxis bis Oktober verzögert, was auf technische Herausforderungen hinweist. Hinzu kommt ein gedämpfter Ausblick für den Markt der Elektroautos, der Teslas Wachstumsperspektiven beeinträchtigt und zusätzliche strategische Anpassungen erfordert, um in einem sehr wettbewerbsintensiven Marktumfeld erfolgreich zu bleiben. 

KI treibt Aktienbewertungen in die Höhe

Alphabet und Tesla sind überdurchschnittlich hoch bewertet, was zuerst auf hohe Markterwartungen hinweist. Die Google-Mutter ist mit einem KGV von 27 am wenigsten überbewertet. Der US-Autohersteller sticht mit einem KGV von 61 heraus und gehört zu den teuersten Aktien im S&P 500. Die Tesla-Aktie kämpft sich nach einem schwachen Jahresbeginn zurück und verzeichnet seit Monatsanfang einen Anstieg von 21%.

Gewinnwachstum der M7, befeuert durch KI

Gewinnwachstum der M7

Trotz des allgemeinen Hypes um KI steht die Anwendung in der Realwirtschaft noch am Anfang. Die Entwicklung von KI erfordert immense Investitionen, die nur wenige große Unternehmen stemmen können. Doch je schneller die Monetarisierung voranschreitet, desto stärker werden die Gewinnerwartungen nach oben korrigiert – das Aufwärtspotenzial ist enorm.

Machtkonzentration und technologische Abhängigkeit

Die Risiken im Zusammenhang mit KI sind vielfältig: Dazu gehören die Konzentration von Macht auf wenige große Player und die zunehmende technologische Abhängigkeit. Für Alphabet und Tesla könnte die Regulierung, die in Europa deutlich strenger ist als in den USA, eine erhebliche Wachstumsbremse darstellen.

Jean-Paul van Oudheusden

Erfolgsentscheidend bleiben die Produkte und Dienstleistungen, deren Entwicklung sehr kostenintensiv ist. Alphabet hat fast dreimal so hohe Schulden wie Tesla, dafür aber viermal so viel Cash. Die größeren Cash-Reserven bieten Alphabet eine stärkere finanzielle Ausgangslage und mehr Flexibilität für Investitionen. Dies ermöglicht gleichzeitig eine bessere Absicherung gegen wirtschaftliche Unsicherheiten, was das Unternehmen insgesamt stabiler macht.

*) Jean-Paul van Oudheusden ist Analyst bei eToro, einer Social-Investing-Plattform, die Menschen befähigt, ihr Wissen und ihren Wohlstand als Teil einer globalen Gemeinschaft erfolgreicher Anleger zu vergrößern. Die Plattform wurde 2007 gegründet.

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