Geldpolitik bringt den Bondmarkt aus der Balance

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat offenbar weiter Probleme, Anleihen von deutschen Banken aufzukaufen und so die Märkte mit Zentralbankgeld zu fluten.

Dies ist aus einem Schreiben der Deutschen Bundesbank ersichtlich. So hat eine stichprobenartige Erhebung ergeben, dass kaum eine deutsche Bank beabsichtige, einen Verkauf marktfähiger Aktiva im Rahmen des Programms zu tätigen. Es werde aber mit höherer Liquidität aufgrund gestiegener Kundeneinlagen gerechnet, die unter anderem für die Kreditvergabe genutzt werden soll.

Weiter heißt es, dass die deutschen Geldhäuser keinerlei Auswirkungen der EZB-Käufe auf ihre Bedingungen für ihre Kreditvergabe erwarteten und dass das Kaufprogramm der EZB ein zweischneidiges Schwert sei. Zwar haben sich laut Bundesbank die Finanzierungsbedingungen der Banken verbessert, aber dadurch werde auch ihre Ertragslage stark belastet.

Vor diesem Hintergrund war bereits im Vorfeld der EZB-Sitzung erwartet worden, dass die Notenbank den Kreis der Emittenten, von denen Anleihen aufgekauft werden, erweitern würde. Und so kam es dann auch. Insgesamt rutscht der Bondmarkt aufgrund der expansiven Geldpolitik immer stärker in einen krisenhaften Zustand, in dem Risiken nicht mehr mit der entsprechenden Rendite belohnt werden. Oder, wie es schon andere Kommentatoren ausgedrückt haben, „der Bondmarkt gleicht einem Absurdistan“. Beispielhaft steht dafür die in der vergangenen Woche neu emittierte zehnjährige Anleihe der Schweiz, die bereits bei der Begebung mit (minus!) -0,055% rentierte. Die Schweiz ist damit der erste Staat, der eine Neuemission bester Bonität mit Minuszinsen am Markt platzieren konnte. Es ist zu erwarten, dass sich diese Entwicklung fortsetzt und der Bund-Future schon bald die 160-Punkte-Marke nachhaltig überspringen wird. Kein Zweifel, die Geldpolitik der Notenbank hat den Bondmarkt aus der Balance gebracht.

Im Gegensatz zu Deutschland trifft das EZB-Kaufprogramm im restlichen Euroraum indessen auf großes Interesse. So wollen die teilnehmenden Banken die gewonnene Liquidität laut eigenen Angaben vor allem zur Kreditvergabe an Unternehmen verwenden. Damit scheint zumindest außerhalb Deutschlands das Kalkül der EZB aufzugehen, mit ihrer Geldschwemme unter anderem die schwache Kreditnachfrage anzuschieben. Auch planen Euroraum-Banken außerhalb Deutschlands nach Erkenntnissen der Bundesbank, im Zuge des Programms ihre Kreditbedingungen zu lockern.

Dass dieser Prozess bereits angelaufen ist, darauf weist der „Bank Lending Survey“ der EZB hin. Demnach sind im 1. Quartal 2015 die Hürden für Firmenkredite weiter gesunken. 9% der befragten Banken berichteten von einer Lockerung der Vergabebedingungen. Im 4. Quartal 2014 lag die Quote noch bei 5%.

RWE blickt ins Jahr 2075
Unterschiedlicher könnte die Bonität der Emittenten nicht sein, die sich in dieser Woche am Kapitalmarkt mit Liquidität versorgten. Dennoch sind die Neuemissionen oftmals mehrfach überzeichnet.

150409_BMW_X5M_X6M_Header_1270x420_image.jpg.resource.1428589313679So legte beispielsweise der Automobilkonzern BMW mittels seines amerikanischen Tochterunternehmens zwei Anleihen auf. Die erste Tranche (WKN A1ZZ01) ist am 20.04.2022 endfällig und mit einem jährlichen Kupon von 0,625% ausgestattet. Bei einem Emissionskurs von 99,48% ergab sich ein Spread von +35 bps über Mid Swap. Die zweite Tranche (A1ZZ02) steht erst am 20.04.2027 zur Rückzahlung an und hat einen Kupon von 1%. Gepreist wurde die Anleihe bei 98,66%, was einem Emissionsspread von +50 bps über Mid Swap gleich kommt. Beide Anleihen wurden mit einer Mindeststückelung von nominal 1.000 EUR ausgestattet. Das Emissionsvolumen der kürzeren Tranche beträgt 1 Mrd. EUR und das der längeren 500 Mio. EUR.

blobBonitätsmäßig schlechter eingestuft wird das Versorgungsunternehmen RWE, das insgesamt 1,25 Mrd. EUR am Kapitalmarkt refinanzierte. Dazu wurden zwei Hybridanleihen mit Fälligkeit 21.04.2075 aufgelegt. Die erste Anleihe (A14KAA) im Volumen von 700 Mio. EUR ist mit einem jährlichen Kupon von 2,75% ausgestattet und seitens des Emittenten zum 21.10.2020 zu pari kündbar. Bei einem Emissionspreis von 99,38% entsprach dies einem Spread von +264,3 bps über Mid Swap. Die zweite Anleihe (A14KAB) hat ein Volumen von 550 Mio. EUR, ist seitens des Emittenten zum 21.04.2025 zu pari kündbar und mit einem Kupon von 3,5% versehen. Der Emissionspreis von 100% bedeutete einen Spread von +299,5 bps über Mid Swap. Auch diese beiden Anleihen wurden mit der Mindeststückelung von nominal 1.000 EUR aufgelegt.

Klaus Stopp
Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

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