Warum nicht über die Börse direkt in Fußball-Aktien – oder -anleihen investieren? – warum das schwieriger ist, als es sich anhört. Von Holger C. Hinz
Deutschland ist im Fußballfieber: Die UEFA Euro 2024, wie die Fußball-Europameisterschaft offiziell heißt, zog Jung und Alt in ihren Bann – nicht zuletzt nach dem starken Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft in der Vorrunde. Angesichts dieses Events der Superlative könnten Anleger auf die Idee kommen, diese Euphorie und die eigene Begeisterung für ein Börseninvestment zu nutzen. Aber lohnt sich das?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in das Thema Fußball zu investieren. So gibt es etwa börsennotierte Clubs wie Borussia Dortmund, Manchester United oder Juventus Turin, deren Aktien über die Börse gehandelt werden und daher auch für Privatanleger käuflich sind. Allerdings sind nur die wenigsten Vereine zugleich börsennotierte Aktiengesellschaften. So ist etwa Rekordmeister FC Bayern München zwar eine Aktiengesellschaft, allerdings hat der Verein mit 75% der Aktien die alleinige Kontrolle. Die Aktien sind nicht börsennotiert, Privatinvestoren sind also außen vor. Die Spielvereinigung Unterhaching hingegen ist börsennotiert, so dass jeder Anleger investieren kann.
Kapital für Vereine, Kursschwankungen für Anleger
Fußball-Aktien haben vor allem für die Vereine Vorteile: Durch die Ausgabe von Aktien erhält der Verein frisches Eigenkapital, um zum Beispiel neue Spieler oder Trainer unter Vertrag zu nehmen oder ein neues Stadion zu bauen. Gleichzeitig erleichtern Aktien die Beteiligung von Investoren, Kapitalerhöhungen und Verträge mit Sponsoren.
Für Anleger sind Fußball-Aktien hingegen vor allem mit Risiken verbunden. Denn es handelt sich nicht um Unternehmen mit stabilen Geschäftsmodellen, und Gewinn oder Verlust hängen maßgeblich von sportlichen Erfolgen ab. Daher ist eine Prognose der Geschäftsentwicklung kaum seriös möglich und erfordert überdies erhebliches Know-how des Fußballbetriebes.
Doch selbst mit einer seriösen Prognose bleibt für Anleger ein erhebliches Verlustrisiko. Ein Beispiel: Als Borussia Dortmund in der Saison 2022/23 kurz vor dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft stand, stieg die BVB-Aktie kurz vorher um rund 30%. Als der BVB am letzten Spieltag die Meisterschale überraschend verspielte, fielen die Aktien in wenigen Tagen um mehr als 30%. Heute notiert die Aktie rund 65% unter ihrem Allzeithoch.
Dass die Club-Aktien vom sportlichen Erfolg abhängen, macht sie sehr volatil und riskant. Hinzu kommt, dass etliche der börsennotierten Vereine zuletzt herbe Verluste gemacht haben. Vor allem die Corona-Pandemie hat bei Fußballvereinen, die sonst zuverlässig die Stadien füllen, riesige Löcher in der Bilanz hinterlassen. Davon haben sich einige Clubs bis heute nicht erholen können.
Der nach Marktkapitalisierung zweitwertvollste Verein Europas zum Beispiel, Juventus Turin, konnte in den vergangenen Jahren zwar seinen Umsatz steigern, doch gleichzeitig wuchsen die Verluste bis auf 210 Mio. EUR im Jahr 2021. Nachdem das Eigenkapital inzwischen größtenteils aufgezehrt ist, droht dem Verein nun die Überschuldung.
Fußball-Aktien vs. Fußball-Anleihen
Es gibt auch Fußballvereine, die Anleihen begeben und Anlegern eine feste Verzinsung während der Laufzeit der Anleihe garantieren. Hier ist das Risiko grundsätzlich geringer, da der sportliche Erfolg keinen unmittelbaren Einfluss auf das Investment hat. Allerdings gibt es ein Schuldnerrisiko, das zum Ausfall der Anleihe oder einer Änderung der Zinskonditionen führen kann, etwa wenn der Verein in finanzielle Schieflage gerät.
Und die finanzielle Situation hängt durchaus vom sportlichen Erfolg ab. Beispielsweise müssen Inhaber der Anleihe von Schalke 04 mit erheblichen Kursschwankungen leben – vor allem seit Schalke in die 2te Bundesliga abgestiegen ist und nun deutlich weniger Einnahmen zur Verfügung hat. Die Sorge, dass ein Verein in finanzieller Not womöglich die Zinscoupons seiner Anleihe nicht mehr bedienen kann, ist nicht von der Hand zu weisen.
Diese Risiken könnten Anleger minimieren, indem sie auf Aktien verschiedener Clubs aus mehreren Ländern setzen. So streuen sie ihr Anlagerisiko. Allerdings ist es eine Herausforderung, ausreichend viele Fußballaktien für eine Diversifikation innerhalb der Branche zu finden. In Europa zum Beispiel gibt es lediglich 13 börsennotierte Fußballvereine. Die notieren mehrheitlich deutlich unter ihren Höchstkursen und waren unter Renditeaspekten bislang wenig überzeugend.
Investments für Fans
Fußball-Aktien oder -Anleihen sind somit eher etwas für Fans mit umfassendem Fußball-Know-how. Wer unbedingt auf die Aktien von Fußballclubs setzen möchte, sollte dies nur als Beimischung in einem breit gestreuten Portfolio mit Aktien und Anleihen anderer Branchen tun. Wer grundsätzlich in das Thema Fußball investieren möchte, kann zum Beispiel auf Sportartikelhersteller setzen.
Branchengrößen wie Adidas, Nike oder Puma statten viele Vereine aus und sind regelmäßig Sponsoren bei Wettkämpfen und Meisterschaften. Durch den breiten Markt und solide Geschäfte sind diese Investments weit weniger riskant als Fußballclub-Aktien. Allerdings profitieren diese Aktien weniger von der Euphorie einer Landes-, Europa- oder Weltmeisterschaft. Solche Mega-Events beeinflussen deren Aktienkurse allenfalls geringfügig und nur vorübergehend. Geschäftsentwicklung und Wachstumsstrategie haben bei diesen Aktien großen Einfluss auf den Kurs.
Für die Geldanlage besser Fußballtugenden als Fußball-Aktien
Vielversprechender als ein Investment in das Thema Fußball ist es, Fußballtugenden und -taktiken bei der Geldanlage zu beherzigen. Denn zwischen einem erfolgreichen Fußballspiel und einer gelungenen Geldanlage gibt es eine ganze Reihe an Gemeinsamkeiten. Karl Matthäus Schmidt, der Vorstandschef der Quirin Privatbank, hat sie kürzlich in seinem Blog ‚Schmidts Tagebuch‘ beschrieben.
Zum Beispiel setzen erfolgreiche Mannschaften nicht nur auf wenige Top-Stars, sondern kombinieren die Stärken vieler verschiedener Spieler zu einem starken Team. Genauso wenig sollten Anleger nicht nur auf wenige Überflieger-Aktien setzen, sondern breit über Branchen, Regionen und Länder streuen. Diversifikation senkt die Risiken und begrenzt Verluste – bei Aktien wie beim Fußball-Match.
Und wie im Fußball ist es auch bei der Geldanlage wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn man zurückliegt. Es lohnt sich, bei Rückschlägen am Ball zu bleiben, denn im langjährigen Durchschnitt erreichen die Aktienmärkte eine jährliche Rendite von rund 8%. Um die zu erzielen, müssen Anleger aber auch mal Verlustphasen im Depot absitzen.
Gerade am Aktienmarkt entscheidet vor allem die langfristige Performance, kurzfristige Minusphasen gehören dazu. Hoffen wir, dass es mit der deutschen Nationalmannschaft ähnlich ist: Nach mehreren vermurksten Turnieren konnten sich bei der Euro 2024 wieder die Stärken des deutschen Fußballs zeigen. In der KO-Phase gegen den späteren Europameister Spanien knapp zu scheitern, war keine Bankrotterklärung.
*) Holger C. Hinz ist Leiter Kapitalmarktgeschäft der quirin Privatbank in Frankfurt und – nach eigenen Angaben – ausgewiesener Experte des Fußball-Business.
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