Die Gewinne könnten positiv überraschen

Fragen an Salman Baig, Multi-Asset-Manager beim Vermögensverwalter Unigestion, zur aktuellen Berichtssaison – wie schlimm wird es?

Die Berichtsaison für das 2. Quartal 2020 hat begonnen. Wie sind Ihre Erwartungen?
Zwei Dinge scheinen vorab klar zu sein: die Unsicherheit ist hoch und die Erwartungen sind niedrig. Nur 11% der Unternehmen im S&P 500 haben eine Schätzung für den Gewinn pro Aktie (EPS) für 2020 vorgelegt. Gleichzeitig ist die Streuung der EPS-Schätzungen der Analysten sehr breit, auch das zeigt die Unsicherheit. Die allgemeinen Gewinnerwartungen sind wiederum sehr pessimistisch. Es wird erwartet, dass die EPS in den USA im Vergleich zum Vorjahr um 45% schrumpfen werden. Solche Rückgänge haben wir zuletzt während der großen Finanzkrise von 2008 gesehen. Wir glauben aber, dass dieser Pessimismus Raum für positive Überraschungen schafft.

Was macht Sie so optimistisch?
Wir sehen eine anhaltende Verbesserung des makroökonomischen Umfeldes. Die US-Einzelhandelsumsätze scheinen ihr Vorkrisenniveau wieder erreicht zu haben, deutlich schneller als nach der Finanzkrise. Auch die Nachfrage nach Rohstoffen steigt weiter. Unsere eigenen Indikatoren wie der Growth Nowcaster unterstreichen dieses Bild. Die hohe Ungewissheit, die niedrigen Erwartungen und die Erholung der Wirtschaftsdaten zeigen ein großes Potenzial, dass die Unternehmen die Gewinnerwartungen übertreffen werden.

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Was bedeutet das für Aktien vor dem Hintergrund der Berichtssaison?
Es könnte sein, dass die Überschreitung der Prognosen vom Markt viel stärker belohnt wird, als eine Unterschreitung bestraft wird. Das haben wir bei den Zahlen für das erste Quartal im EuroStoxx 600 gesehen. Damals haben mehr Unternehmen die niedrigen Erwartungen übertroffen und konnten eine Mehrrendite von fast 2% gegenüber dem Markt erzielen, während die Unternehmen, welche die Prognosen verfehlt haben, verhältnismäßig mild abgestraft wurden. Eine positive Überraschung bei den Gewinnen könnte also auch jetzt zu einer Veränderung der Anlegerstimmung führen.

Salman Baig

Salman Baig