ETERNA: „Der zweite Lockdown war durch absolut nichts mehr zu kompensieren“

ETERNA muss als bis dahin letzter Lichtblick unserer hiesigen mit KMU-Anleihen kapitalmarktpräsenten Modebranche doch in eine notwendige Sanierung gehen. Der Gesetzgeber schuf dafür das StaRUG[1]. Für Inhaber des ETERNA-Bonds 2017/24 heißt dies kaum Gutes, schließlich handelt es sich um eine unbesicherte Anleihe. BondGuide sprach aus offensichtlichem Anlass zeitnah mit dem langjährigen Geschäftsführer Henning Gerbaulet.

BondGuide: Herr Gerbaulet, ETERNA verfügt über eine fast 160-jährige Firmenhistorie. Gab es jemals etwas Vergleichbares wie jetzt mit Covid?
Gerbaulet: Nicht annähernd. Ansonsten gab es vor mehreren Jahrzehnten tatsächlich mal eine Zeit, in der Kurzarbeit bei ETERNA zur Anwendung kam. Einen weltweiten Ausnahmezustand wie 2020/21 sucht man abseits der beiden Kriegszeiten vergebens.

BondGuide: Mal angenommen, es hätte keine Pandemie gegeben: Wäre dann bei ETERNA alles im grünen Bereich oder gibt es Trends wie zunehmende Online-Bestellungen, die auch hier dem Einzelhandel zusetzen?
Gerbaulet: ETERNA hatte bis Ende 2019 eine sehr gute Marktentwicklung, und dies sogar entgegen den bekannten Branchentrends in unserem Sektor – 2019 war noch ein Rekordjahr für uns. Wir hatten einen Verschuldungsgrad von unter drei erreicht, zweistellige EBITDA-Margen, die allfällige Digitalisierung in die Wege geleitet und unser Produktportfolio verjüngt. Wir waren also Stand Februar 2020 auf einem sehr guten Weg.

BondGuide: Dann kam Corona.
Gerbaulet: Dann brach Corona über uns alle her. Wir hatten sogar noch zweistellige Orderzuwachsraten im Vorfeld der neuen Saison – alles deutete auf ein weiteres Rekordjahr für ETERNA hin. Die staatlichen Beschränkungen ab März u.a. der Einkaufsmöglichkeiten im stationären Handel plus wegfallende Anlässe und der Trend zu Homeoffice – wo natürlich niemand chic angezogen vor dem PC sitzen muss – brachten die totale Kehrtwende, die nur noch abzufedern, aber nicht abzuwenden war. Durch gutes Krisenmanagement haben wir für 2020 noch das Beste aus der dramatischen Ausgangslage machen können, was uns ja auch das in Auftrag gegebene IDW-S6-Gutachten bestätigt. Am Ende des Jahres blieb sogar dann noch ein positives operatives Ergebnis. Der zweite Lockdown dauerte effektiv fast sechs Monate und damit schlussendlich viel länger als der erste und war durch nichts mehr zu kompensieren – auch nicht durch den übergeordneten Trend zu mehr Online-Bestellungen.

BondGuide: Was sieht die Sanierung nach dem StaRUG genau vor?
Gerbaulet: Vorwegschieben sollte ich, dass die ETERNA ja über zwei operativ tätige Gesellschaften verfügt, also eine Unternehmensgruppe ist. Dazu kommt die Holding, welche die Unternehmensanleihe begeben hat und nicht selbst operativ tätig ist. Das StaRUG wurde vom Gesetzgeber geschaffen, um zu verhindern, dass operativ ansonsten gesunde Unternehmen in eine Schieflage kommen – sich jedoch finanziell sanieren können. Die nun leider notwendige Sanierung betrifft allein unsere Holding, die zwei Hauptgläubiger hat: Zum einen die Anleihegläubiger der Anleihe ETERNA 2017/24 sowie – nachrangig, wie wirtschaftliches Eigenkapital behandelt – eine Gesellschafterin, die ein Darlehen in die Holding gegeben hatten.

BondGuide: Das operative Geschäft läuft also unbeeinträchtigt weiter?
Gerbaulet: Genau. Keine Kündigung von Dienstleisterbeziehungen oder Arbeitsverhältnissen. All dies soll aus dem StaRUG-Verfahren explizit herausgehalten werden, um die weitere operative Tätigkeit nicht zu beeinträchtigen. Die Sanierung nach StaRUG zielt ausschließlich auf die Stabilisierung der Finanzen ab und in unserem Falle auf eine Sanierung der Passivseite der Bilanz der eterna Mode Holding GmbH, die natürlich über den Moment hinaus mittelfristig genauso wichtig ist wie der Fortbetrieb unseres operativen Geschäfts. Wir setzen also alles daran, um im Konsens mit unseren Gläubigern das Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen.

BondGuide: Wie steht es um das Schuldscheindarlehen und seine Kündigungsrechte? – als Außenstehender war man hier doch irgendwann thematisch abgehängt.
Gerbaulet: Neben der beschriebenen Finanzierung in der Holding gibt es auch eine 25 Mio. EUR umfassende Finanzierung der eterna Mode durch das besagte Schuldscheindarlehen. Dieses ist besichert und hält de facto alle werthaltigen Unternehmensgegenstände der ETERNA. Durch die unverschuldete Krise im Jahre 2020 haben wir die vereinbarten Finanzkennzahlen jedoch nicht mehr geschafft. Wann immer dies passiert, besitzen die Gläubiger Kündigungsrechte. Mit diesen Schuldscheingläubigern haben wir deshalb eine entsprechende Stillhaltevereinbarung getroffen, um den erwähnten operativ gesunden, laufenden Betrieb nicht zu gefährden. Voraussetzung für dieses Zugeständnis waren jedoch die Auflagen, dass wir ein IDW S 6 Gutachten durchführen, die Gesellschafter bereit sind dem operativen Geschäft frisches Eigenkapital zur Verfügung zu stellen und keine Zinsen mehr an die Anleihe während Ihrer Laufzeit gezahlt werden dürfen.

BondGuide: Sie hatten es ja zunächst auf Holding-Ebene mit der Einberufung zu zwei Anleihegläubiger-Versammlungen, AGVs, versucht.
Gerbaulet: Richtig. Wir haben zunächst versucht, die Anleihe auf Holding-Ebene zu restrukturieren, indem die Zinsen gestundet werden sollten. Was, wie Sie wissen, am Teilnahmequorum gescheitert ist. Parallel haben wir ein Sanierungsgutachen nach IDW-S 6 in Auftrag gegeben, das – in einer vorläufigen Version – dann die Notwendigkeit einer finanziellen Sanierung in der Holding gefordert hat. Da aus eigener Kraft keine Finanzierungsoptionen geblieben sind, beantragen wir nun das Sanierungsverfahren unter StaRUG.

Henning Gerbaulet, ETERNA

BondGuide: Wie kam es zur Berechnung der Quote von 10% für Anleihegläubiger – wie hat sich die errechnet?
Gerbaulet: Am Ende des Tages muss man leider fragen, wie die unbesicherte Anleihe aus der heutigen Sicht bewertet ist, wenn es tatsächlich zum Sanierungsfall kommt. Realistischerweise wäre sie wertlos. Das wollen wir auf keinen Fall. Immerhin haben wir 2017 erfolgreich unsere damalige Anleihe in Höhe von 55 Mio. EUR zurückgeführt und seit Begehung der bersten Anleihe bis heute insgesamt 28 Mio. EUR an Zinsen im Zuge unserer bisherigen Kapitalmarktpräsenz ausbezahlt: sowohl 2020 und selbst noch im März 2021 – alles während der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Daher war unser Vorschlag, uns auf Basis des vorläufigen Gutachtens auf die absolute Obergrenze dessen zu einigen, was für die Gruppe tragbar ist. Diese Zahlung soll deshalb auch aus Gesellschaftermitteln erfolgen.

BondGuide: Herr Gerbaulet, ganz herzlichen Dank, dass Sie umgehend Frage und Antwort standen, wie wir es von Ihnen auch in der Vergangenheit stets gewohnt waren!

Interview: Falko Bozicevic

Fotos: @ETERNA

[1] Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) mit dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG)