Reform des Deutschen Corporate Governance Kodex beschlossen

Dr. Lutz Pospiech & Dr. Josepha Rüberg, GÖRG

Der Law Corner Beitrag von Dr. Lutz Pospiech, Assoziierter Partner, und Dr. Josepha Rüberg, Associate, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München.

Am 9.5.2019 hat die Regierungskommission eine Neufassung des Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) beschlossen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) zur Veröffentlichung eingereicht werden soll. Die Kodex-Novelle sieht einen neuen Aufbau des DCGK vor und enthält zahlreiche Neuerungen für Vorstand und Aufsichtsrat. Nachfolgend soll ein Überblick über wesentliche Änderungen gegeben werden.

I. Neue Struktur des DCGK
Der neue DCGK ist nach den Funktionen von Vorstand und Aufsichtsrat gegliedert. Er beinhaltet neben Empfehlungen („soll“) und Anregungen („sollte“) nun auch insgesamt 25 Grundsätze. Grundsätze als neue Kategorie des DCGK geben wesentliche rechtliche Vorgaben verantwortungsvoller Unternehmensführung wieder und dienen der Information der Anleger und weiterer Stakeholder.

Um den Kodex übersichtlicher und prägnanter zu fassen, hat die Kommission beschlossen, auf die Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen, die nicht die Qualität von Grundsätzen haben, zu verzichten. Die intensiv diskutierte und im Konsultationsentwurf der Kommission noch vorgesehene Empfehlung eines sog. Apply and Explain ist in der beschlossenen Kodex-Fassung nicht mehr enthalten. Vorstand und Aufsichtsrat müssen auch künftig in der Erklärung zur Unternehmensführung nicht beschreiben, wie sie die DCGK-Grundsätze anwenden.

Foto: © CrazyCloud – stock.adobe.com

II. Vorstandsvergütung
Künftig sollen Unternehmen eine Ziel-Gesamtvergütung, die bei 100%iger Zielerreichung gewährt wird, sowie eine Maximalvergütung (Cap) festlegen. Die Vorstandsvergütung soll insgesamt vermittelbar und der Öffentlichkeit erklärbar sein. Für die Zusammensetzung der Gesamtvergütung empfiehlt der neue DCGK, dass der Anteil der langfristig variablen Vergütung den Anteil der kurzfristig variablen Vergütung übersteigen soll. Erstere soll dabei vom Vorstandsmitglied überwiegend in Aktien der Gesellschaft angelegt oder von der Gesellschaft entsprechend aktienbasiert gewährt werden. Insgesamt sollen sich die Leistungskriterien neben operativen vor allem an strategischen Zielsetzungen orientieren.

III. Unabhängigkeit der Anteilseignervertreter Im Aufsichtsrat
Nach Maßgabe des neuen DCGK sollen mehr als die Hälfte der Anteilseignervertreter unabhängig von der Gesellschaft und vom Vorstand sein. Dies ist der Fall, wenn das Aufsichtsratsmitglied weder in einer persönlichen noch in einer geschäftlichen Beziehung zur Gesellschaft oder deren Vorstand steht, die einen wesentlichen und nicht nur vorübergehenden Interessenkonflikt begründen kann.

Der neue DCGK enthält erstmals einen Katalog von Indikatoren, die für eine fehlende Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds sprechen. Danach ist im Rahmen der Einschätzung der Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds insbesondere zu berücksichtigen, ob das Aufsichtsratsmitglied (i) in den zwei Jahren vor der Ernennung Mitglied des Vorstands der Gesellschaft war, (ii) aktuell oder in dem Jahr bis zu seiner Ernennung direkt oder als Gesellschafter oder in verantwortlicher Funktion eines konzernfremden Unternehmens eine wesentliche geschäftliche Beziehung mit der Gesellschaft oder einem von dieser abhängigen Unternehmen unterhält oder unterhalten hat, (iii) ein naher Familienangehöriger eines Vorstandsmitglieds ist oder (iv) dem Aufsichtsrat seit mehr als 12 Jahren angehört.

Foto: © kamasigns – stock.adobe.com

IV. Anzahl der Aufsichtsratsmandate und Amtsdauer von Vorstandsmitgliedern
Die Neufassung des DCGK sieht außerdem vor, dass Vorstandsmitglieder börsennotierter AGs nunmehr nicht mehr als zwei Aufsichtsratsmandate in konzernexternen börsennotierten Gesellschaften und keinen Aufsichtsratsvorsitz in einer solchen wahrnehmen sollen. Weiterhin empfiehlt der neue DCGK, dass die Amtsdauer von Vorstandsmitgliedern bei der Erstbestellung nicht länger als drei Jahre dauern soll.

V. Berichterstattung über Corporate Governance
Die Regierungskommission hat zudem eine Vereinfachung der Berichterstattung über Corporate Governance beschlossen. Der bisherige Corporate Governance-Bericht (Ziff. 3.10 DCGK 2017) soll abgeschafft und die Erklärung zu Unternehmensführung im Lagebericht (§ 289 f HGB) zum zentralen Instrument der Corporate Governance-Berichterstattung gemacht werden.

VI. Fazit
Die Regierungskommission wird die Neufassung des DCGK erst nach Inkrafttreten des ARUG II zur Veröffentlichung beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einreichen, um ggf. noch notwendige Anpassungen an die Neufassung des AktG vornehmen zu können. Erst mit der Veröffentlichung wird die Neufassung des DCGK in Kraft treten. Bis dahin gilt der DCGK in der bisherigen Fassung vom 7.2.2017 weiter und bildet solange die Grundlage für Entsprechenserklärungen nach § 161 AktG. Die frühzeitige Vorstellung des neuen DCGK durch die Regierungskommission gibt den Unternehmen und Kapitalmarktteilnehmern jedoch die Möglichkeit, sich auf die Neuregelungen einzustellen.

Das neue jährliche BondGuide Nachschlagewerk ‘Anleihen 2019′ ist frisch erschienen und kann als kostenloses e-Magazin bequem heruntergeladen, gespeichert & durchgeblättert werden.

! Bitte nutzen Sie für Fragen und Meinungen Twitter – damit die gesamte Community davon profitiert. Verfolgen Sie alle Diskussionen & News zeitnaher auf Twitter @bondguide !