Law Corner: Restrukturierung einer Fan-Anleihe durch Mehrheitsbeschluss nach dem SchVG?

Ingo Wegerich, Luther
Ingo Wegerich, Luther

Der Law Corner Beitrag von Ingo Wegerich, Rechtsanwalt und Partner, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Eine Vielzahl von Fußballvereinen der Bundesliga und der 2. Bundesliga haben sogenannte „Fan-Anleihen“ begeben. Seit 2010 haben sich über 10 Vereine mittels dieses Finanzierungsinstruments finanziert. Die Erlöse der Fan-Anleihen wurden im Wesentlichen in Infrastrukturprojekte investiert.

Fan-Anleihen richten sich im Gegensatz zu Unternehmensanleihen primär an den emotional motivierten Anleger, der seinen jeweiligen Verein unterstützen will. Sie sind in der Regel an keinem der Börsensegmente notiert und mit deutlich einfacheren Anleihebedingungen ausgestaltet als typische Unternehmensanleihen. So fehlen zum Teil typische Klauseln wie etwa eine Negativerklärung oder eine Drittverzugsklausel. Bei der Fan-Anleihe wird in der Regel ein Teilbetrag der Anleihen als Einzelurkunde („Schmuckurkunde“) ausgegeben, die restlichen Anleihen werden als Globalurkunde verbrieft.

Die Schmuckurkunde dient als Wandschmuck und die Anleihen werden zu Marketingzwecken häufig mit einem Nennbetrag angeboten, der dem Gründungsjahr des jeweiligen Vereins entspricht. Anders als die Unternehmensanleihen, die in der Regel eine Stückelung von 1.000 EUR vorsehen, sind Fan- Anleihen auch mit deutlich kleineren Stückelungen von beispielsweise 100 EUR ausgestattet. Bei einer Verbriefung als Schmuckurkunde erfolgen Zahlungen von Zinsen und Kapital ausschließlich gegen Vorlage und Einreichung der entsprechenden Jahreszinsscheine beziehungsweise der entsprechenden Schmuckurkunde bei der Zahlstelle.

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Foto @ Hertha BSC GmbH & Co. KGaA

Das Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungsgesetz – SchVG) ermöglicht die Restrukturierung von Schuldverschreibungen durch Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger: Hiernach können die Anleihebedingungen vorsehen, dass die Gläubiger derselben Anleihe durch Mehrheitsbeschluss Änderungen der Anleihebedingungen zustimmen können.

In nahezu allen Unternehmensanleihen mittelständischer Unternehmen sind Mehrheitsbeschlüsse nach dem Schuldverschreibungsgesetz zur Änderung der Anleihebedingungen festgeschrieben. Dem gegenüber überrascht es auf den ersten Blick, dass nur etwa die Hälfte der von den Profifußballvereinen emittierten Fan-Anleihen die Anwendbarkeit von Mehrheitsbeschlüssen nach dem Schuldverschreibungsgesetz vorsieht.