Law Corner: Immobilienfinanzierung über die Crowd

Dr. Thorsten Kuthe und Felicitas Boehm, LL.M., Rechtsanwälte, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln

Der Law Corner Beitrag von Dr. Thorsten Kuthe und Felicitas Boehm, LL.M., Rechtsanwälte, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln

Ein möglicherweise neuer Trend im Bereich der Immobilienfinanzierung ist die Begebung von Anleihen für einzelne Projekte über die sogenannte Crowd, d.h. über Zeichnungsplattformen im Internet. Eine neue Internetplattform für Wertpapieremissionen wurde jüngst mit Mezzany aus der Taufe gehoben, über die aktuell das erste Projekt vertrieben wird.

Hierbei handelt es sich um die Finanzierung einer Immobilienprojektentwicklung. Die erste Phase der Projektentwicklung wurde bereits (erfolgreich) abgeschlossen; nunmehr soll für die nächste Phase (Bau) Kapital eingeworben werden. Über eine andere Immobilienplattform – Bergfürst – wurde bereits ein anderes Immobilienprojekt abgeschlossen. Weitere Plattformenbetreiber erwägen nunmehr ebenfalls die Aufnahme solcher Immobilienfinanzierungen.

Da die entsprechenden Volumina über die prospektfreien Bereiche hinausgehen, hat die Nutzung der Anleihe im Vergleich zu Nachrangdarlehen und/oder stillen Beteiligungen, wie man sie sonst in der Crowd-Finanzierung findet, den Vorteil, dass damit auch professionelle Investoren angesprochen werden können, die nur in Wertpapiere investieren (dürfen). Die wirtschaftliche Ausgestaltung als Mezzanine-Kapital schlägt sich dabei in der variablen Ergebnisbeteiligung nieder.

Mezzany wurde unter anderem von den Initiatoren von Seedmatch gegründet und orientiert sich daher an der üblichen Vorgehensweise für Crowd-Finanzierungen, wie sie bisher allseits bekannt war. Da über die Plattform Wertpapiere platziert werden, ist damit korrespondierend eine Reihe von Compliance-Vorschriften zu beachten. Hierzu zählt insbesondere die Einhaltung von Aufklärungspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz. Daneben ist zu berücksichtigen, dass mit dem Vertrieb von Wertpapieren über eine solche Plattform auch eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz erforderlich wird. Ferner müssen bspw. Identifizierungsvorschriften des Geldwäschegesetzes beachtet werden. Hierzu kann neuerdings auch eine Videoübertragung genutzt werden.

Auch wertpapiertechnisch ist hierbei ein Balanceakt zu wahren: Einerseits sollen standardisierte Abläufe stattfinden, um Anlegern die Emission möglichst zu vereinfachen und etwaige Kosten in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Andererseits gelten die gleichen rechtlichen Vorschriften wie für eine Anleiheemission auch des größten Emittenten, der seine Anleihe öffentlich anbietet.

Beispielhaft zu nennen wäre hier etwa, dass bei Crowd-Finanzierungsplattformen, die Nachrangdarlehen oder Beteiligungen anbieten, die Veröffentlichung von Prognoserechnungen für die künftige Entwicklung des Emittenten als Zusatzinformation gang und gebe ist. Entsprechende Prognoserechnungen müssen bei Anleiheplatzierungen als wesentliche Informationen in den Prospekt aufgenommen werden. Wenn sie Ergebnisprognosen für den Emittenten beinhalten, ist eine Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers erforderlich. Daneben gilt das Erfordernis des § 15 WpPG, wonach alle wesentlichen Informationen, die im Rahmen der Werbung genutzt werden, mit dem Prospekt übereinstimmen und in diesem enthalten sein müssen.

Fazit
Insgesamt wird die Welt der Anleihen durch solche Finanzierungsangebote bereichert und hilft dabei die Lücke zu füllen, die durch den Rückzug von Banken an verschiedenen Stellen entstanden ist. Diverse rechtliche Vorgaben sind zu beachten, mit entsprechender Kreativität und Erfahrung lassen sich jedoch praxistaugliche Strukturen finden, ein für die Zielgruppen interessantes Angebot zu schaffen.