SolarWorld-Finanzvorstand Koecke: „Wir sind einer der letzten bedeutenden Player“

Philipp Koecke, SolarWorld

Wie viele Konkurrenten stand auch Solarworld kurz vor dem Aus. Durch Schuldenschnitt und Einstieg eines Investors trat das Sonnenunternehmen wieder etwas aus dem Schatten. Wie es weiter geht, erläutert Finanzvorstand Philipp Koecke.

BondGuide: Herr Koecke, Solarworld hat die finanzielle Restrukturierung erstmal hinter sich gebracht. Ist das Gröbste überstanden?
Koecke: Ja, unter anderem sieht man es am großen Interesse der institutionellen Investoren. Wir waren auf etlichen Roadshows in London, Paris und New York. Ich kann mich vor Anfragen momentan kaum retten, da die Leute die Geschichte wieder verstehen und das Vertrauen in das Unternehmen zurückkommt.

BondGuide: Die Solarbranche steckt immer noch in der Krise. Warum soll das Vertrauen zurückkommen?
Koecke: Die gesamte Solarstory ist noch lange nicht vorbei. Im Gegenteil: Das Thema fängt ja momentan erst an, sich weltweit zu entwickeln. Pro Jahr legt die installierte Kapazität in der Photovoltaik weltweit im Schnitt um 20% zu. Im vergangenen Jahr hatten wir 30 bis 32 Gigawatt, dieses Jahr werden wir schon 40 haben und im kommenden Jahr geht die Indikation Richtung 45 bis 50 GW.

BondGuide: Wird Solarworld ein wichtiger Spieler auf dem Markt bleiben?
Koecke: Wir sind zumindest einer der letzten bedeutenden Player, der übrig geblieben ist, und wir gehen davon aus, dass das auch in Zukunft so bleibt. Dafür haben wir in den vergangenen Monaten auch genügend getan. Das reflektiert der Kapitalmarkt.

BondGuide:
Wie lief denn die Restrukturierung?
Koecke: Die zwei alten Anleihen wurden eingestellt. Aus diesen haben wir zwei neue begeben. Beide haben eine Laufzeit bis 2019. Anleger mussten einen Kapitalschnitt von 56% hinnehmen. 44% des Wertes haben die Anleger in der neuen Anleihe als festverzinsliches Rentenpapier wiederbekommen. Oben drauf gab es ein Aktienpaket und eine Barkomponente. Das nimmt die Schmerzen nicht zu 100%, macht sie aber etwas erträglicher.

BondGuide: Was sind denn die nächsten Finanzierungschritte?
Koecke: Unser neuer Investor aus Katar hat 50 Mio. EUR zugeschossen. Die finanzielle Restrukturierung ist abgeschlossen. Sukzessive sollen die Schulden in den kommenden Jahren getilgt werden. Erste Teile werden noch im Sommer 2014, andere dann 2015 und 2016 getilgt. Der große Part erfolgt im Jahr 2019. Wir haben jetzt fünf Jahre Zeit, unsere Finanzschulden zu refinanzieren. Zusätzlich machen wir uns natürlich schon Gedanken, wo sich in den Kapitalmärkten Fenster öffnen. Einen neuen Bond aufzulegen, wäre jedoch aktuell noch zu früh.
Solarworld Thinkstock_hansenn

BondGuide: Wie sieht es auf der Eigenkapitalseite aus?
Koecke: Im Moment sind wir mit unserer Aktionärsstruktur gut aufgestellt. Wir haben mit Qatar Solar einen strategischen Investor, der etwa 30% hält. Wir haben mit unserem Vorstandschef Herrn Asbeck einen zweiten, der rund 20% besitzt, und wir haben Private-Equity-Fonds, die etwa 20% halten, etwa 30% der Anteile liegen im Free Float. Gibt es in der Zukunft die Möglichkeit einer Kapitalerhöhung, sollte man diesen Finanzierungsweg nicht grundsätzlich ausschließen.

BondGuide: Lange Zeit waren die Bilanzen der Solarunternehmen vor allem durch hohe Abschreibungen geprägt. Welchen Abschreibungsbedarf haben Sie noch in Ihrer Bilanz?
Koecke: Wir haben keine Altlasten mehr. Unsere Bilanz ist aufgeräumt. Durch den Dept-Equity-Swap haben wir unser Eigenkapital von -240 Mio. EUR auf 320 Mio. EUR erhöht. Die Eigenkapitalquote liegt jetzt bei über 30%. Zudem haben wir 183 Mio. EUR Cash. Unsere Bankschulden belaufen sich auf 444 Mio. EUR.

BondGuide: Vor Kurzem kauften Sie die Solarsparte von Bosch. Zusätzlich zur finanziellen Restrukturierung kommt jetzt noch ein dicker strategischer Brocken dazu. Und aus zwei schwächelnden Unternehmen ist selten ein starkes geworden.
Koecke: Das sind keine zwei schwachen Unternehmen, sondern zwei, die in dem ruinösen Wettbewerb überlebt haben. Die Integration zu managen, ist in der Tat nicht einfach. Aber die Übernahme war wichtig. Für unser künftiges Wachstum in der Zellproduktion hätten wir ohnehin investieren müssen. Diese Investition ist mit der Akquisition schon erledigt. Wir haben genau die Kapazitäten bekommen, die wir in diesem Jahr brauchen, um unsere anvisierten Ziele zu erfüllen.

BondGuide: Was erwarten Sie künftig?
Koecke: Für das Jahr 2014 haben wir einen extrem starken Ordereingang. Wir haben heute schon 50% der Menge, die wir für das Gesamtjahr erwarten, verkauft bzw. in harten Aufträgen im Haus. So einen Ordereingang haben wir in der Solarworld-Geschichte noch nie gesehen. Wir rechnen für das Jahr 2014 mit einem Umsatz von 680 Mio. EUR. Eventuell könnte es sogar etwas mehr werden. 2016 wollen wir dann die Milliarden-Umsatzgrenze knacken. Zudem wollen wir 2014 ein bereinigtes operatives Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen von 10 Mio. EUR erzielen. 2015 wollen wir auf EBIT-Basis einen niedrigen zweistelligen Millionen-Bereich erzielen.

BondGuide: Herr Koecke, ganz herzlichen Dank für die interessanten Einblicke!

Das Interview führte Tobias Schorr (UnternehmerEdition www.unternehmeredition.de)

*) Philipp Koecke ist Finanzvorstand der Solarworld AG. Er ist seit 2002 im Unternehmen und verantwortet seit 2003 das Ressort.