Nachhaltige Finanzierung – oder haben wir zurzeit keine anderen Probleme?

Foto @ Renell Wertpapierhandelsbank AG

Die vierteljährliche Kreditumfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) hat für das dritte Quartal ergeben, dass Banken im Euroraum bei der Vergabe von Krediten an Unternehmen vorsichtiger werden. Somit liegt es nahe, dass sich Unternehmen, die gerade jetzt in der Corona-Krise Finanzierungsbedarf haben, sich an den Kapitalmarkt wenden. Und tatsächlich sehen wir Rekord-Emissionen am Kapitalmarkt, aber auch Absagen von Börsengängen und Schwierigkeiten Anleihen voll zu platzieren. Ein Kommentar von Marc Renell, Vorstandsvorsitzender, Renell Wertpapierhandelsbank AG

Ganz erstaunlich war in diesem Zusammenhang die letzte Adidas-Anleiheemission. Adidas muss für 500 Mio. EUR in den nächsten acht Jahren keine Zinsen zahlen. Die Anleihe war mehrfach überzeichnet. Bisherige Anleihen von Adidas rentierten mit 1,25%–2,25%, nur waren dies keine „Nachhaltigkeitsanleihen“.

Das Thema Nachhaltigkeit scheint also interessant zu sein. Die (nachhaltigen) Anleihebedingungen sind dabei immer noch recht schwammig formuliert und in der Regel leicht zu erfüllen. Das liegt daran, dass es noch keine einheitlichen ESG (Environment, Social and Governance) Standards gibt.

Dies wird sich bald ändern. Mit dem „Action Plan on Sustainable Finance” hat die EU-Kommission eine überaus umfangreiche Gesetzesinitiative gestartet, um u.a. die ESG-Offenlegungsstandards zu harmonisieren. Erste technische Regulierungsstandards werden bis 30. Dezember dieses Jahres erwartet.

Frau Dr. Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen, äußerte sich im Rahmen des 9. Investmentfondstags der Börsenzeitung zu dem Thema Nachhaltige Investments: „Kein Unternehmen und kein Investor wird um das Thema Nachhaltigkeit herumkommen. Dieses Thema wird uns die nächsten 10 Jahre beschäftigen und dann wird es von allen implementiert sein und damit die Frage, ob nachhaltig oder nicht, gar nicht mehr gestellt werden.“

Larry Fink, CEO des weltweit größten Vermögensverwalters Black Rock, hat kürzlich in einem Interview angekündigt, sein Unternehmen auf Nachhaltigkeit trimmen zu wollen. Dabei geht es auch um die Analyse der Portfolios auf Nachhaltige Investments.

Der Trend dürfte sich also weiter beschleunigen. Zum einen getrieben durch einen Corona-bedingten Sinneswandel der Gesellschaft. Zum anderen wird es ab kommendem Jahr verpflichtend, dass jeder Retail-Kunde in der Anlageberatung auch gefragt werden muss, ob er nachhaltig investieren möchte.

So sorgen sowohl eine erhöhte Kundennachfrage als auch regulatorischer Druck dafür, dass Fondsgesellschaften immer mehr nachhaltig anlegende Portfolios auf den Markt bringen.

Auch die Renell Bank arbeitet derzeit an dem Aufbau eines Fonds, der ESG Regeln bei der Anlageentscheidung anwendet.

Marc Renell, Renell Bank

Fazit: Die Ausrichtung von Investment Produkten nach nachhaltigen Kriterien wird sich unaufhaltsam fortsetzen und ermöglicht den Zugang zu einer stetig wachsenden Investorengruppe.

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