Junk Bonds aus dem Mittelstand – ein problematisches Marktsegment

Foto @ M.M.Warburg & CO (AG & Co.) KGaA

„Der König ist tot.“ Der König – der Mittelstandsanleihemarkt – ist passé. Nachdem es in den Jahren 2011 bis 2013 einen Boom der Emissionen gab, häuften sich danach die Anleiheausfälle. Diese erreichten 2016 ihren bisherigen Höchststand. Nun rollt die Refinanzierungswelle und die noch ausstehenden Anleihen können vielfach aufgrund der Unsicherheit über die Rückzahlung als Junk Bonds aus dem Mittelstand bezeichnet werden. Dabei ist die Idee eines Marktes für Anleihen mittelständischer Emittenten nicht verkehrt. Aber die Rahmenbedingungen müssen sich grundlegend verändern, professioneller werden. Ob der neue König dann lebt, wird sich zeigen.

Warum Junk Bonds aus dem Mittelstand?
Junk Bond – das bedeutet auf deutsch Ramsch- oder Schrottanleihe. Das passt so gar nicht zum Begriff des soliden deutschen Mittelstandes. Unter dem versteht man Solidität, Langfristigkeit und eine gewisse Vertrautheit. Doch was sich seit dem Jahr 2009 unter dem Deckmantel der Mittelstandsanleihen entwickelt hat, passt dazu nicht. Zahlreiche mittelständische Unternehmen haben sich von der Markteuphorie packen lassen und – häufig erstmalig – eine Anleihe am Kapitalmarkt platziert. Diese Finanzierungsform, die zuvor großen Unternehmen vorbehalten war, wurde damit einem breiteren Kreis von Unternehmen zugänglich gemacht.

Eine Anleiheemission ist auch per se nichts falsches, sondern in der Regel eine sinnvolle Ergänzung in der Kapitalstruktur. Auffällig war bei diesen Emissionen aber häufig, dass zum einen die besicherten Bankkredite aus den Erlösen getilgt wurden und zum anderen die Verschuldungssituation der Emittenten nicht mit dem skizzierten Begriffsverständnis des Mittelstandes korrespondierte. Die Anleihestruktur lautete häufig: Emissionsvolumen bis EUR 100 Mio., 5 Jahre Laufzeit, keine expliziten Anleihesicherheiten, fixer Kuponzins, Rating einer Mittelstandsratingagentur, Notierung der Anleihe in den neu geschaffenen Mittelstandssegmenten und die Begleitung der Unternehmen durch einen Kapitalmarktexperten. Dazu gab es einen von der BaFin gebilligten Wertpapierprospekt, damit auch Privatanleger in dieses „Qualitätssegment“ investieren konnten. Alles schien neu: die Börsensegmente, die Ratingagenturen, die Kapitalmarktbegleiter.

Nun, einige Jahre später, ist Ernüchterung eingetreten und die Entwicklung erinnert an die des Neuen Marktes. Die Anleger – unter ihnen viele Privatanleger – haben Geld verloren.

Die anfänglich vielversprechende Marktentwicklung
Dabei begann alles sehr vielversprechend. Im Jahr 2009 gab es neun Emissionen im Volumen von EUR 250 Mio. (vgl. Abb. 1). Im folgenden Jahr verdreifachte sich die Zahl der Emissionen auf 29. Während des Booms zwischen 2011 und 2013 konnten jährlich weitere etwa 50 Emissionen im Volumen von über EUR 2 Mrd. durchgeführt werden. Zwischen 2009 und 2016 konnte in 241 Emissionen insgesamt ein Anleihevolumen von rd. EUR 9,8 Mrd. bei privaten und institutionellen Investoren platziert werden. Seit 2014 ist der Markt stark rückläufig.

Junk Bonds aus dem Mittelstand – ein problematisches Marktsegment
… und der nachfolgende Ausfall der Emittenten
Ein wesentlicher Grund für den Fall des Gesamtmarktes ist die sich seit dem Jahr 2012 abzeichnende Ausfallgefahr der Anleiheemittenten (vgl. Abb. 2). Die anhaltenden Insolvenzen bis ins Jahr 2014 hinein sorgten dafür, dass das Marktsegment insgesamt in Mitleidenschaft gezogen wurde. Dabei ist beachtlich, dass bei einer angenommenen Anleihelaufzeit von 5 Jahren einige Insolvenzen nicht bei der Refinanzierung der Anleihe auftraten, sondern schon viel früher. Dies ist ein Indiz dafür, dass die Emittenten auch operativ einige Probleme gehabt haben müssen.

Junk Bonds aus dem Mittelstand – ein problematisches Marktsegment
Nun rollt seit einiger Zeit die Refinanzierungswelle. Aktuell werden die während des Booms des Mittelstandsanleihemarktes ausgegebenen Anleihen fällig. Das Jahr 2016, in dem die im Jahr 2011 begebenen Anleihen zur Refinanzierung anstanden, markierte bisher den Höchststand an Anleiheausfällen. Es ist zu befürchten, dass 2017, in dem die 2012 begebenen Anleihen zu refinanzieren sind, auf einem ähnlich hohen Niveau enden wird (zur verbleibenden Laufzeit der Mittelstandsanleihen vgl. Abb. 3). Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass diese Art von Anleihen mittlerweile despektierlich als Ramsch abgetan wird.

Junk Bonds aus dem Mittelstand – ein problematisches Marktsegment