High Yield Spreads als Risikoindikator

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Bei der Bewertung von Aktienmärkten schauen viele Investoren am ehesten auf die Entwicklung der großen Indizes. Diese Betrachtung greift allerdings zu kurz, denn hier ziehen vor allem große, profitable Firmen mit guter Bonität den Markt. „Viel interessanter und aussagekräftiger ist der Blick auf die schwachen Unternehmen“, sagt Benjamin Bente, Geschäftsführer der Vates Invest GmbH. „Hier kommen vor allem durch Entzug von Liquidität verursachte Probleme viel früher an – und sind gut messbar.“

Sichtbar werden kommende Probleme an den Aktienmärkten deshalb oft sehr früh bei den High Yield Spreads. „Diese Renditeaufschläge zeigen die Differenz zwischen den von Unternehmen mit schwacher Bonität zu zahlenden Zinsen und dem mehr oder weniger risikofreien Zins, in der Regel der Staatsanleihenrendite“, sagt Bente. In diesen High Yield Spreads spiegeln sich auch die Reaktionen der Märkte auf geldpolitische Maßnahmen. „Zudem sind diese Spreads sehr reaktiv, geben also ein sehr frühes Signal“, so Bente.

In den vergangenen Monaten sind die High Yield Spreads zunächst auf ein zyklisches Tief gefallen. „Dieses wurde allerdings schon wieder verlassen, die High Yield Spreads schwanken derzeit und signalisieren im recht schnellen Wechsel eine zu knappe oder gerade noch ausreichende Liquidität zur Fortsetzung des Bullenmarktes“, sagt Bente. „Insofern ist für Investoren erhöhte Vorsicht geboten, ohne schon mit zu geringer Aktienquote an der Seitenlinie zu stehen.“

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Weshalb die High Yield Spreads sich so gut als Frühindikatoren eignen, liegt in ihrer Natur: Sie zeigen die Zinsaufschläge derjenigen Unternehmen, die besonders schlechte Bonität haben. „In Phasen, in denen Liquidität reichlich vorhanden ist, steht diese allen zur Verfügung, den guten wie den schlechten Unternehmen“, so Bente. „In Phasen knapperer Liquidität trifft es zuerst die schlechten Unternehmen und erst sehr viel später oder gar nicht die gut finanzierten Unternehmen.“ Denn eine zurückgehende Liquidität sorgt für eine Neubewertung der Risiken, riskantere Unternehmen leiden dann in solchen Phasen besonders. Und das drückt sich in den High Yield Spreads aus.

„Wenn die High Yield Spreads nicht sinken oder sogar steigen, obwohl beispielsweise der S&P 500 noch steigt, dann zeigt das eine Spaltung des Marktes“, sagt Bente. „Zwar steigen dann noch die guten und fast konjunkturunabhängigen Firmen, der Anstieg wird aber nicht von den riskanten Bereichen des Kapitalmarktes bestätigt.“ Indizes wie der S&P 500 sind oft nach Marktkapitalisierung gewichtet. Große und gutverdienende Unternehmen haben einen großen Anteil und treiben den Anstieg. „Der Index steigt also möglicherweise, obwohl nur einige große Unternehmen mit guter Bonität dafürstehen“, sagt Bente. „Es werden also nur noch die Spitzen mit Liquidität ausreichend versorgt, aber nicht mehr die Breite. Das ist ein typischer Vorbote einer problematischen Aktienmarktentwicklung.“

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Denn ein gesunder Bullenmarkt zeichnet sich dadurch aus, dass nicht nur die großen Unternehmen den Markt ziehen, sondern in der Breite die Kurse der Firmen steigen – auch die der weniger stark finanzierten und damit risikoreicheren Unternehmen. Dann sinken die High Yield Spreads, Liquidität fließt ebenfalls in die riskanteren Bereiche des Marktes. „Spannend sind die High Yield Spreads auch, weil sie eine Bewertung geldpolitischer Maßnahmen erlauben. Nicht jede Zinserhöhung ist schlecht“, sagt Bente. „Steigen die Zinsen für High Yields genauso wie für alle anderen Unternehmen im Gleichschritt, droht keine Gefahr.“ Zumindest solange, bis es die eine Zinserhöhung zu viel ist, die die Liquidität zu stark verknappt. „Wenn nach einer Zinserhöhung die High Yield Spreads steigen, ist das ein Zeichen dafür, dass die Zinserhöhungen den schwachbrüstigen Unternehmen langsam Probleme bereiten“, sagt Bente: „Der Liquiditätsentzug wird zu groß und langfristig könnten auch konjunkturelle Probleme entstehen.“

Benjamin Bente, Vates Invest

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