Frühindikatoren deuten auf wirtschaftliche Abschwächung

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Wunderbare 12 Jahre mit einer beispiellosen zinsgetriebenen Kapitalmarkthausse liegen hinter uns. Lediglich einige überschaubare Korrekturen und ein brutaler Corona-Crash haben die positive Aktienmarktentwicklung stets nur kurz unterbrochen. Was ist nach den historisch schlechtesten Auftaktmonaten für das restliche Börsenjahr 2022 zu erwarten? Dr. Manfred Schlumberger, Leiter Portfoliomanagement der StarCapital AG, kommentiert die aktuelle Marktlage:

Die Gewinne der Unternehmen bewegen sich immer noch auf einem sehr hohen Niveau, auf dem sie aber vermutlich nicht bleiben werden und die wichtigsten Einflussgrößen auf die Aktienmärkte, nämlich Zinsen und Liquidität, lassen nichts Gutes erwarten.

Die konjunkturellen Frühindikatoren deuten weltweit auf eine wirtschaftliche Abschwächung hin. Chinas Einkaufsmanagerindizes liegen sowohl im Industrie- wie im Dienstleistungssektor bereits im kontraktiven Bereich. Die harte Lockdown-Politik zur Bekämpfung des Omikron-Virus lastet schwer auf der Konjunktur. Man schätzt, dass der Lockdown in der wichtigen Shanghai-Region bereits mehr als 2% Wachstum gekostet hat. Und anstatt die Führung bei BioNTech und Moderna wirksame Impfstoffe bestellt, beharrt sie auf ihrer harten Coronapolitik. Gleichzeitig erlaubt die Immobilienblase abgesehen von verbalen Versprechungen keine starken geld- und fiskalpolitischen Impulse. Über die erneut massiv gestörten Lieferketten wird vor allem die europäische Wirtschaft und hier vorneweg Deutschland getroffen.

Europa ist zudem aus wirtschaftlicher Sicht der Hauptleidtragende des Kriegs in der Ukraine. Das geplante Öl-Embargo gegenüber Russland wird die Energiepreise weiter verteuern und Wachstum kosten. Kommt es gar zu einem Gas-Embargo, egal von welcher Seite, ist mit einer schweren Rezession, wenn nicht sogar einer Depression zu rechnen. Energieintensive Branchen wie die Chemieindustrie müssten in Deutschland um ihre Existenz bangen. Beruhigenden Prognosen von sogenannten «Wirtschaftsweisen», die lediglich eine kurze Rezession erwarten, sollte man ein gesundes Maß an Misstrauen entgegenbringen.

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Die USA sind in wirtschaftlicher Hinsicht eher ein Profiteur des Krieges in Europa. Die Gewinne von Rüstungs-, Agrar- und fossilen Energiekonzernen werden weiter massiv steigen. Gleichzeitig trifft jedoch die Verteuerung der Kreditkosten viele wenig oder gar nicht profitable Wachstumsunternehmen. Die US-Konjunktur insgesamt wird vermutlich auf einem moderaten Pfad weiterwachsen. Die Eintrübung des weltwirtschaftlichen Wachstums wird jedoch die aktuell noch sehr hohen Unternehmensgewinne sinken lassen.

Dr. Manfred Schlumberger, StarCapital

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