Deutschland reguliert Krypto-Assets ab dem 1. Januar 2020: Was sind die besten Strategien für Finanzmarktakteure?

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von Prof. Dr. Philipp Sandner*), Leiter, und Benjamin Schaub*), Project Manager, Frankfurt School Blockchain Center

Die Umsetzung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie durch den deutschen Gesetzgeber hat weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen. Die Verwahrung von Krypto-Assets wie Bitcoin und Ether – und damit einhergehend auch der Handel – bedarf zukünftig einer Lizenz der BaFin.

Ende Juli verabschiedete das Bundeskabinett den Gesetzesentwurf zur Umsetzung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie. Der Gesetzesentwurf sieht vor, sogenannte „Kryptowerte“ als Finanzinstrument in das Kreditwesengesetz (KWG) aufzunehmen. Darüber hinaus wird die Verwahrung von Krypto-Assets als lizenzpflichtige Finanzdienstleistung eingeführt und bedarf somit einer Genehmigung der BaFin.

Verwahrstellen, deren Aufgabe es ist, die für die Übertragung, Speicherung und Haltung von Krypto-Assets notwendigen Private Keys aufzubewahren, sind daher zukünftig verpflichtet, die aufsichtsrechtlichen Anforderungen von Instituten im Sinne des KWG zu erfüllen. Dies hat zur Auswirkung, dass in naher Zukunft alle Unternehmen, die mit Krypto-Assets hantieren, den hohen Anforderungen und Standards unterliegen, die seit Jahrzehnten auf den traditionellen Kapitalmärkten gelten.

Der Punkt, an dem der Sachverhalt nicht nur kompliziert wird, sondern weitreichende Auswirkungen mit sich bringt, manifestiert sich in einer neuen Restriktion. Demzufolge kann ein Unternehmen das Krypto-Verwahrgeschäft nur dann anbieten, wenn es dabei keine anderen erlaubnispflichtigen Geschäfte im Sinne des KWG betreibt. Das bedeutet, dass der Umgang mit Krypto-Assets von traditionellen Finanzdienstleistungen getrennt sein muss.

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Begründet wird dies mit den hohen IT-Risiken und den enormen Anforderungen an die IT-Sicherheit für Unternehmen, die das Krypto-Verwahrgeschäft anbieten. Natürlich kann eine größere Bank dafür eine Tochtergesellschaft gründen, da sie mit ihrer (1) bestehenden juristischen Person und (2) auch mit ihren bestehenden Lizenzen keine Krypto-Assets verwahren darf. Die Gründung einer neuen, rechtlich eigenständigen Gesellschaft und die Beantragung einer neuen Lizenz sind erforderlich.

Der Weg des deutschen Gesetzgebers bringt auch auf EU-Ebene erhebliche Folgen mit sich. Normalerweise können in der EU registrierte Finanzdienstleister via Passporting-Mechanismus Geschäfte in anderen Staaten der EU abwickeln, ohne dass es hierfür einer weiteren Genehmigung der einzelnen Länder bedarf. Da es sich bei der Verwahrung von Krypto-Assets nicht um eine Finanzdienstleistung im Sinne der europäischen Verordnung handelt, ist das übliche Passporting innerhalb der EU nicht anwendbar.

Im Folgenden soll nun näher auf die Risiken und Chancen für die betroffenen Akteure eingegangen werden.

Typ 1: FinTechs
Für bereits etablierte FinTechs sollten die neuen Anforderungen realisierbare Hindernisse darstellen. Einerseits verfügen diese Unternehmen schon jetzt über das technische Know-how für ihr Kerngeschäft und andererseits haben sie bereits Partnerschaften mit Banken geschlossen, um ihre Dienstleistungen anzubieten oder selbst eine Banklizenz zu erwerben. Dennoch sollten FinTechs erkennen, dass das Lizenzierungsverfahren eine Chance bietet, die Marktposition deutlich zu verbessern. Es ist nämlich davon auszugehen, dass es Ende 2020 zu einem „Shake Out“ von Unternehmen kommt, die die regulatorischen Anforderungen nicht erfüllen.

Typ 2: Traditionelle Banken und Finanzdienstleister
Für Banken bietet die jüngste Entwicklung Chancen und Risiken zugleich. Natürlich gilt dies nur dann, wenn sie dieses neue Marktsegment erschließen möchten und sich überhaupt mit Krypto-Assets beschäftigen möchten. Zum jetzigen Zeitpunkt ist davon auszugehen, dass die meisten Finanzinstitute keine Schwierigkeiten haben werden, eine Tochtergesellschaft zu gründen und eine Lizenz zu beantragen. Einige traditionelle Banken werden jedoch erhebliche Probleme bei der Implementierung der Technologie in ihre bestehende Geschäftsstruktur bekommen.

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Oftmals verstehen Banken die Blockchain-Technologie mit ihren spezifischen Details noch nicht im erforderlichen Maße. Unter Compliance-Gesichtspunkten profitieren Finanzinstitute von der jahrzehntelangen Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden wie der BaFin. Darüber hinaus können diese Institute ihre vorhandene Reputation nutzen, was den Lizenzierungsprozess erleichtern sollte. Es kann jedoch in Frage gestellt werden, ob sie das große Potenzial dieses neuen Marktes erkennen; ob sie über das notwendige technologische Know-how verfügen bzw. ob sie Wege finden werden, dieses Wissen von Dritten zu beziehen.

Typ 3: Joint Ventures
Die Kombination von FinTechs und etablierten Finanzinstituten scheint eine im rechtlichen Sinne sehr interessante Konstruktion zu sein.

Banken können ihre Erfahrung und ihren Ruf einbringen, was angesichts des relativ engen Zeitrahmens für die Übergangsphase hilfreich sein sollte. Darüber hinaus wären die Kenntnisse im Umgang mit Regulierungsbehörden und der Umsetzung von Richtlinien auf internationaler Ebene von unschätzbarem Wert. FinTechs hingegen können ihren Kooperationspartnern mit technologischer Expertise aushelfen und damit die großen Herausforderungen der Banken lösen. Die aufsichtsrechtliche Anforderung, die Verwahrung von Krypto-Assets von anderen Bankgeschäften zu trennen, wäre in einem Joint Venture automatisch erfüllt.

Fazit
Der Ansatz des deutschen Gesetzgebers zu einer umfassenden Regulierung für den Krypto-Asset-Sektor ist ein wesentlicher Schritt für die Weiterentwicklung der Branche. Deutschland betritt damit Neuland – auch als Vorreiter in der EU.

Fortschreitende Regulierung ermöglicht es dem Blockchain-Ökosystem, Produkte auf einer soliden rechtlichen Grundlage anzubieten. Nur rechtskonforme Produkte können das notwendige Vertrauen der Verbraucher schaffen und somit den zunehmenden Einsatz der Technologie und eine höhere Akzeptanz fördern. Vor diesem Hintergrund ist es sehr positiv zu bewerten, dass Deutschland die Initiative ergriffen hat und zukünftig Krypto-Assets in großem Umfang reguliert. Es wird spannend sein zu beobachten, welche Strategien die Marktteilnehmer im Laufe der Zeit verfolgen und welchen Erfolg die Akteure mit ihrer jeweiligen Taktik verzeichnen. Eines muss klar sein: Die Unternehmen, die jetzt in der Lage sind, Krypto-Assets wie Bitcoin zu verwalten, werden auch in Zukunft diejenigen sein, die Wertpapiere usw. auf der Blockchain verwalten.

Prof. Dr. Philipp Sandner (li.) & Benjamin Schaub

*) Prof. Dr. Philipp Sandner leitet an der Frankfurt School of Finance & Management das Frankfurt School Blockchain Center (FSBC), welches im Februar 2017 initiiert wurde. 2018 führte ihn die FAZ als einen der Top-30-Ökonomen Deutschlands auf. Weiterhin gehört er laut dem Magazin Capital zu den „Top 40 unter 40“. Zu seinen Themengebieten gehören Blockchain, Crypto Assets, Distributed Ledger Technology (DLT), Euro-on-Ledger, Initial Coin Offerings (ICOs), Security Tokens (STOs), Digitalisierung und Entrepreneurship.

*) Benjamin Schaub ist Project Manager und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Frankfurt School Blockchain Center (FSBC). Seine Interessensgebiete sind vor allem Regulation und Governance in Bezug auf Blockchain Technologie.