Bankanleihen sind besser als ihr Ruf

Die Auswirkungen des Ukrainekrieges oder die Inflation sorgen für eine große Verwerfungen. Doch wo immer es Risiken gibt, ergeben sich auch Chancen, z.B. bei Bankanleihen. Von Christian Bettinger, Leiter Fixed Income Euro flexibel, Berenberg

In der neuen Rubrik ‚Themen der Zeit‘ werfen Autoren aus dem Berenberg Wealth & Asset Management einen Blick auf interessante Anlagemöglichkeiten, die noch nicht vom breiten Markt entdeckt wurden. Den Anfang macht Christian Bettinger, Leiter Fixed Income Euro flexibel, mit einer Analyse von Anleihen europäischer Finanzinstitute.

In einem schwierigen Umfeld aus geopolitischen Krisen und hohem Inflationsdruck können ausgerechnet Anleihen von Europas Banken eine sinnvolle Beimischung sein. Europäische Banken standen in Bezug auf Rendite und Sicherheit sowohl aktien- als auch anleiheseitig in den letzten Jahren hinter anderen Emittenten zurück.

Die vollständige Analyse finden sie auf der Berenberg-Homepage.

Europäische Banken standen in Bezug auf Rendite und Sicherheit sowohl aktien- als auch anleiheseitig in den letzten Jahren hinter anderen Emittenten zurück. Doch ein Blick in die Bilanzen zeigt, dass sie sich inzwischen wieder stabilisieren. Im Vergleich zur Vor-Lehman-Ära hat sich die durchschnittliche Eigenkapitalquote etwa durch Kapitalerhöhungen und Nachrangemissionen seit 2010 um mehr als sechs Prozentpunkte erhöht.

Zeitgleich wurden die Problemkredite in den Büchern signifikant abgebaut. So führten auch die mehrfachen Lockdowns und die infolge der Corona-Krise temporär einsetzende Rezession in den Jahren 2020 und 2021 nicht zu einem merklichen Anstieg der Kreditausfälle. Die meisten Institute konnten die getroffene Risikoabsicherung binnen weniger Quartale auch bereits wieder auflösen.

Die Analyse verdeutlicht, dass europäische Finanzinstitute ihre Hausaufgaben gemacht haben. Sowohl auf operativer Ebene, dem Risikomanagement, aber auch bei der Kapitalausstattung stehen zahlreiche Häuser heute deutlich besser da als in der Vergangenheit. Themen wie das Platzen einer Immobilienblase oder hohe Rohstoffpreise würden die solide Lage der Kreditbücher zwar temporär eintrüben, allerdings die Banken nicht nachhaltig in ihrer Existenz bedrohen.

Demgegenüber dürften Banken von höheren Zinsen und steileren Zinskurven profitieren, nachdem sich die Zinsergebnisse zahlreicher Institute über Jahre rückläufig entwickelt hatten.

Attraktive Bankanleihen

Auf dieser Grundlage lohnt ein gewissenhafter Blick auf die Anleihenauswahl. Dabei sind uns beispielsweise tiefe Nachranganleihen (CoCos) europäischer Banken ins Auge gestochen. Nahe am Eigenkapital der Bank sind diese Nachrang-Anleihen mit einem fixen Kupon und unendlicher Laufzeit ausgestattet. Zusätzlich besteht ein Rückkaufrecht seitens der Bank nach frühestens fünf Jahren. Und obwohl nachrangige CoCo-Anleihen mehrheitlich ein Rating im HighYield-Bereich tragen, zeichnen sich sämtliche europäische Großbanken durch solide Investment-Grade-Ratings im Seniorbereich aus.

Aus unserer Sicht stellen CoCo-Anleihen mit Renditen um 5,6% kurz- bis mittelfristig ein attraktives Einstiegsniveau dar. Allerdings ist es notwendig, die in Frage kommenden Anleihen und deren Emittenten eingehend zu analysieren, was profundes Fachwissen voraussetzt. Dasselbe gilt für sogenannte LegacyAnleihen europäischer Banken, die eine weitere attraktive Anlagealternative darstellen.

Christian Bettinger, Berenberg

Legacy-Anleihen sind alte Nachrangtitel, die aufgrund ihrer spezifischen Ausstattungsmerkmale nach heutiger Regulierung die Anrechenbarkeit auf das Eigenkapital per Ende 2021 verloren haben. Bereits vor Ablauf dieser Frist hatte der Regulator den betroffenen Finanzhäusern empfohlen, diese Strukturen zurückzukaufen oder die Vertragsbedingungen im Einverständnis mit den Investoren abzuändern.

Vor diesem Hintergrund sind Legacy-Strukturen interessant, da sie häufig deutlich unter Nominalwert handeln und somit nicht selten zweistellige Renditen bei einem Call oder Rückkauf versprechen. Daneben zeichnen sie sich als meist variabel-verzinsliche Wertpapiere durch geringere Zinsrisiken und ein niedriges Marktbeta aus und eigenen sich damit als interessante Beimischung für unsere Renten- und Multi-Asset-Portfolios.