Der Regulator und digitale Assets: Deutschland reguliert die Blockchain

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Neues Gesetz ab 1. Januar 2020
Die Bundesregierung hat zum 1. Januar 2020 das erste Gesetz auf dem Weg gebracht, dass sich mit der Regulierung dieser digitalen Vermögenswerte beschäftigt. Dazu hat die Bundesregierung die Vorgaben der europäischen Geldwäscherichtlinie zum Anlass genommen, eine neue Erlaubnispflicht für Finanzdienstleistungen rund um Geschäftsmodelle mit Kryptowerten und Blockchain-basierten Vermögensgegenständen zu schaffen. Das Gesetz, verabschiedet Ende 2019, geht allerdings deutlich über das hinaus, was die Richtlinie auf europäischer Ebene vorgesehen hatte. Diese verlangt von den Mitgliedstaaten lediglich Anbieter von elektronischen Geldbörsen (Wallets), die zur Verwahrung virtueller Währungen genutzt werden, geldwäscherechtlichen Prüfungen zu unterziehen.

Insgesamt sind diese neuen Regulierungsvorhaben nicht zu unterschätzen, da nun viele kleine Unternehmen aus dem In- und Ausland, die Dienstleistungen rund um digitale Vermögenswerte für Kunden aus Deutschland anbieten können, genauso stark reguliert werden wie die übrige deutsche Finanzdienstleistungsindustrie. Dadurch wurde aber auch eine Gesetzgebung umgesetzt, die dazu führt, dass Investoren nun mit höherem Anlegerschutzniveau in Bitcoin und andere Kryptowerte investieren können. Die nun in ihren Grundzügen geschaffene, regulatorische Sicherheit macht den Standort Deutschland für Investoren und Blockchain-Unternehmen aus der Wettbewerbsperspektive deutlich attraktiver.

Was ändert sich im deutschen Fintech-Markt?
Ohne in juristische Detailfragen einzusteigen, wird schnell klar, dass die meisten Dienstleistungen rund um Kryptowerte, also auch hinsichtlich Bitcoins, von dem neuen Erlaubnistatbestand betroffen sein können. So werden insbesondere die derzeit schon bestehenden Krypto-Tauschbörsen wie etwa die Digital Exchange der Börse Stuttgart (BSDEX), Bitcoin.de, Bitstamp oder Coinbase eine BaFin-Lizenz beantragen müssen. Diese Krypto-Börsen bieten bereits heute ihre Dienstleistungen den derzeit ca. 800.000 Besitzern von Kryptowährungen in Deutschland an. Jeder von ihnen muss jetzt genau prüfen, ob seine Dienstleistungen weiterhin ohne BaFin-Erlaubnis fortgesetzt werden dürfen – ansonsten drohen Geld- oder sogar Freiheitsstrafen.

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Die überwiegende Anzahl an Geschäftsmodellen wird voraussichtlich ab sofort einer entsprechenden BaFin-Lizenz bedürfen, da zumindest die temporäre Verwahrung von fremden Kryptowerten in nahezu allen Blockchain-bezogenen Geschäftsmodellen relevant ist. Für Unternehmen, die bereits 2019 Geschäfte betrieben haben, die nun erlaubnispflichtig werden, gibt es allerdings eine Übergangsregelung bis Ende November 2020. Dies mindert zunächst etwas den Druck auf die Unternehmen.

Mehr Anlegerschutz, aber nationaler Alleingang
Da es sich bei der Digitalisierung des Kapitalmarktes durch Blockchain-basierte Vermögenswerte um ein weltweites Phänomen handelt, überrascht es, dass der deutsche Gesetzgeber hier nun auf nationaler Ebene voranschreitet. Einerseits ist dies sicher ein bedeutendes Signal, dass er sich der unausweichlichen digitalen Transformation im Bereich der Kapitalmärkte stellt. Andererseits birgt eine rein deutsche Regulierung, die nicht europäisch harmonisiert ist, natürlich auch die Gefahr, dass innovative Blockchain-Geschäftsmodelle in der mittleren Frist und im Zuge einer Expansion der Geschäftsmodelle auf die internationale Ebene ins (noch) nicht regulierte europäische Ausland abwandern. Deutschland versucht jedenfalls als eines der ersten Länder einen rechtssicheren Rahmen für Kryptowerte zu schaffen, und gewährleistet durch die neuen Regelungen auch ein weltweit nahezu einzigartig hohes Anlegerschutzniveau. Hierzu darf der Bundesregierung gratuliert werden. Institutionelle können so noch in diesem Jahr eine entsprechende regulatorische Basis vorfinden, um Investitionen in digitale Vermögenswerte zu tätigen. Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass die Unternehmen, die Dienstleistungen rund um diese Kryptowerte anbieten, hohe regulatorische Vorgaben erfüllen müssen.

Ausblick
Der deutsche Gesetzgeber hat damit begonnen, die Blockchain-Technologie im Allgemeinen und Kryptowerte im Speziellen in die bestehende Rechtsordnung zu integrieren. Damit wird klar, dass neben der Finanzwirtschaft und einer lebhaften Szene auch der Gesetzgeber in der Blockchain eine bedeutende Zukunftstechnologie sieht. Letztlich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Vermögenswerte fast ausschließlich vollständig digital geschaffen, verwahrt, gehandelt und abgewickelt werden. Wie in allen Bereichen lässt sich auch hier die Digitalisierung nicht aufhalten. Insofern ist das beherzte Agieren der Bundesregierung grundsätzlich zu begrüßen, insbesondere im Sinne des Schutzes der Privatanleger.

V.l.n.r.: Prof. Dr. Philipp Sandner, Dr. Johannes Blassl, Felix Bekemeier & Jonas Groß

Kleinere Unternehmen und Startups haben durch die neue Einstufung als ein BaFin-reguliertes Finanzdienstleistungsinstitut allerdings mit einem relativ hohen Kosten- und Verwaltungsaufwand zu rechnen. Dies kann kritisch sein, da es im Ausland kaum eine vergleichbare Regulatorik für derartige Geschäftsmodelle gibt. Andererseits mag die Beaufsichtigung durch die BaFin auch dazu beitragen, dass kleinere Unternehmen aufgrund des einhergehenden Reputationsgewinns als BaFin-reguliertes Unternehmen besser an Investitionsmittel und Kunden gelangen.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich am 24.01.2020 im BondGuide #02-2020.

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