Schwachstelle im Harnisch – ein Kommentar von Falko Bozicevic

Falko Bozicevic, BondGuide

Das verkorkste Jahr 2022 geht in seine finale Phase. Weshalb trauen sich aktuell und im angelaufenen vierten Quartal überhaupt noch KMU-Emittenten ins Haifischbecken?

Die Ausgangslage könnte ungemütlicher kaum sein: Die Kapitalmärkte befinden sich derzeit (inzwischen nur noch fast) auf ihren tiefsten Ständen des Jahres; Privatpersonen wie auch Unternehmen erleiden einen enormen Kaufkraft- bzw. Margenverlust durch die in Gang gekommene Preis-Lohn-Inflationsspirale; eine Besserung der geopolitischen Umstände ist aktuell mitnichten erkennbar.

Man kann wohl mit Fug und Recht sagen: Putin hat die Welt, wie wir (also zumindest wir, die einigermaßen Jüngeren) sie bis dahin kannten, kaputt gemacht. Wenn man eine Vase zersplittert, lässt sie sich mit einigem Aufwand ggf. notdürftig kitten – ein umgestürztes Glas Flüssigkeit wird aber nie wieder vollständig zurück zum Status-quo-ante finden. Und schon gar nicht von allein.

Unsere BondGuide-Auswertung der Beobachtung sämtlicher KMU-Anleihen zeigt, dass die Gruppe der qualitativ hochwertigsten aufgrund der gesunkenen Kurse bereits mit rechnerischen Renditen von 7 bis 8% p.a. notieren. Da wird es für jeden derzeitigen Emittenten eine Wanderung auf Messers Schneide, mit gewohnten Kupons von rund 6% an den Markt zu treten – und da sind schon Aufschläge aufgrund des höheren Zinsniveaus enthalten.

Und der Fachterminus ‚rechnerisch‘ muss inzwischen offenbar hinzugefügt werden. Bis zur Adhoc-Meldung am 3. Oktober gab es von der Metalcorp Group nichts als Rekordmeldungen. Und doch war Inhalt der Nachricht, dass sie die am selben Tag endfällige 2022er Anleihe nicht fristgerecht würden zurückzahlen können: Ein weiterer Schlag in die Magengrube, wenn man eh schon Bauchschmerzen hat.

Foto: © alexskopje – stock.adobe.com

Warum trauen sich trotzdem noch Unternehmen? Die einen aus Notwendigkeit, aber das wird kein Honigschlecken. Die anderen haben – nicht zum ersten Mal – eine Art Sonderkonjunktur, und zwar der Bereich Erneuerbare. Und dieses Mal hoffentlich wenigstens noch Normalkonjunktur bei Endfälligkeit.

Falko Bozicevic,
BondGuide

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