Neuemission SUNfarming: „Die Chancen waren noch nie so groß wie derzeit“

Die Zeichnungsfrist für die neue Anleihe des Photovoltaik-Spezialisten SUNfarming ist gestartet – 15 Monate nach der Debütanleihe sind die Aussichten der gesamten Branche heute besser denn je. BondGuide sprach mit Geschäftsführer Martin Tauschke.

Herr Tauschke, wir hatten ja zuletzt im Frühsommer 2020 gesprochen – also noch mehr als ein Jahr vor der Bundestagswahl Ende September 2021. Sind Sie mit dem Ausgang zufrieden?
Ja, grundsätzlich sind wir mit dem Ausgang zufrieden. Wir haben jetzt nicht nur einen Wirtschafts- und Klimaminister der Grünen, sondern auch einen Koalitionsvertrag, der sehr gute Rahmenbedingungen für unsere gesamte Branche bietet. Nur mal zum Vergleich: Von 2004 bis 2021 wurden in Deutschland ca. 60 Gigawatt PV-Leistung installiert. Bis 2030 sollen weitere 140 Gigawatt hinzukommen – also mehr als das Doppelte in der Hälfte der Zeit. Dazu müsste die jährlich installierte Leistung ungefähr auf das 3,7-Fache gesteigert werden.

Hohe Ziele, aber auch mehr Konkurrenz?
Unsere traditionellen Energieversorger hätten eigentlich schon die ganze Zeit seit 2004 in das PV-Geschäft einsteigen können. Da würde ich angesichts der erwähnten Vervierfachung der jährlich installierten Leistung nicht von einer stärkeren Konkurrenzsituation sprechen. Was man aber sagen muss, ist, dass es einen Wettbewerb um verfügbare Flächen bei Freilandprojekten gibt. Dabei geht es eher um Genehmigungen und damit um die Abstimmung mit den Behörden, Gemeinden und Partnern. Aufgrund unseres bisherigen Track-Records haben wir hier aber schon einen gewissen Akzeptanz- und somit auch Wettbewerbsvorsprung gegenüber neuen Adressen, die vielleicht erst jetzt starten. Vergessen wir auch nicht, dass unsere Branche in der gesamten Bevölkerung weiter an Akzeptanz gewinnen muss, da es häufig um eine Veränderung des bisherigen Landschaftsbildes geht. Hier braucht es entsprechend intelligente Konzepte.

SUNfarming

Und: Geht das?
Es sollte deutlich gemacht werden, dass eine Freilandanlage nicht notwendigerweise landwirtschaftliche Nutzfläche reduziert. Wir streben daher stets eine Doppelnutzung an. Das gelingt uns sehr gut dank unserer hohen technischen Entwicklungskompetenz im Agri-Solar-Bereich, die wir langjährig in unserem eigenen Forschungs- und Innovationspark am Standort Rathenow in Brandenburg erlangt haben. Mit unserem Konzept können unter PV-Freiflächenanlagen Schafe grasen, Bienen gezüchtet oder Kräuter und niedrig wachsendes Obst und Gemüse angebaut werden. Auch für die Optik wird etwas getan, indem wir die Öko- und Agri-Solarparks z.B. mit Hecken säumen, sodass sich die PV-Anlagen gut in das Landschaftsbild einfügen.

Die Genehmigungsverfahren sind nicht so schwierig wie bei Wind, aber die Behördenmühlen mahlen doch weiterhin recht langsam, ist zu hören. Winkt hierbei auch Besserung?
Das Baugesetzbuch unterliegt nun mal dem föderalen System, kann also von Bundesland zu Bundesland variieren. Während etwa die Gemeinden in Brandenburg vieles eigenständig entscheiden dürfen, ist es in Mecklenburg-Vorpommern spürbar restriktiver. Dort punkten wir aber mit unserem innovativen Agri- und Öko-Solar-Konzept. Zudem hilft es, wenn man in der Vergangenheit in der Realisierung vorheriger Projekte schon einen guten Eindruck in der Gemeinde und dem Landkreis hinterlassen und seine Zusagen eingehalten hat, um dann auch bei aktuellen Genehmigungsverfahren weniger hohe Hürden vorzufinden.

Nun hat ja die Bundesregierung ihrerseits etwas versprochen – richtig?
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien soll drastisch beschleunigt und die Hürden sowie Hemmnisse sollen idealerweise aus dem Weg geräumt, wenigstens jedoch deutlich reduziert werden. Dazu sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich verkürzt werden. Eine zentrale Aussage dabei lautet: Die Erneuerbaren Energien liegen im öffentlichen Interesse des Klimaschutzes und dienen der Versorgungssicherheit. Vor diesem Hintergrund ist geplant, mehr Abwägungsmöglichkeiten im Artenschutzrecht zu schaffen und unter bestimmten Voraussetzungen auch den Bau von PV-Anlagen in Landschaftsschutzgebieten, wo heute intensiv geackert wird und morgen eine Öko-Solaranlage die Biodiversität deutlich erhöht, zu ermöglichen. Diese Perspektiven wollen wir unter anderem nutzen.

Projekte der SUNfarming

Beim Landschaftsschutz gibt es doch ohnehin eine Diskrepanz zwischen EU und Deutschland.
Das ist richtig: Deutschland überreguliert in einigen Aspekten sogar gegenüber den Vorgaben der EU, das heißt, unsere heimischen Bestimmungen zum Artenschutz übersteigen teilweise europäische Normen. Wenn Herr Habeck also andeutet, dass man sich hierbei künftig in Richtung EU-Norm orientieren wolle, ist das ein gutes Signal für unsere Branche. Wir vermindern ja keineswegs den Umweltschutz. Vielmehr empfängt uns jede Behörde mit offenen Armen, sofern sie eben darf. Eine PV-Freiflächenanlage mit Agrarnutzung ist nämlich allemal weniger invasiv als eine hochintensive landwirtschaftliche Nutzung.

Warum Fokussierung auf ausschließlich deutsche Solarprojekte der SUNfarming, zumindest in Bezug auf den Emissionserlös der neuen Anleihe?
Natürlich gibt es auch links und rechts des heimischen Marktes Chancen, und jährlich werden es jetzt mehr. Aber ganz ehrlich: Mit der aktuellen Weichenstellung in Deutschland ist das Marktpotenzial für uns dermaßen groß, dass wir mit unserem Kerngeschäft in Deutschland sowie parallel auch in Polen mehr als gut ausgelastet sein werden die nächsten Jahre.

Mitte 2021 gab es die Halbjahreszahlen. Woran liegt es denn, dass die Erlöse bei der SUNfarming so stark schwanken? Für Investoren scheint das stark erklärungsbedürftig.
Das ist das Ergebnis unserer strategischen Umstellung in der Projektentwicklung: Bis ca. 2018 hatten wir uns vor allem auf mittelgroße klassische EEG-Anlagen bis 750 kWp spezialisiert. Erst ab 2020/21 gingen wir verstärkt Richtung Freiflächen- und Großanlagen im hohen ein- und zweistelligen MWp-Bereich. Das damit verbundene steigende Auftragsvolumen führt aber nicht kurzfristig, sondern erfahrungsgemäß erst nach zwei bis drei Jahren durch die Errichtung aus der aktuellen Projektentwicklung zu spürbaren Steigerungen der Umsätze und Deckungsbeiträge, konkret also ab 2023.

Als Laie gefragt: warum die Umstellung auf Großprojekte?
Das ist eine Nutzen-Optimierungsrechnung. Heute bekommen Sie 5 Cent Einspeisevergütung sowohl für Freiflächen-Großanlagen als auch für mittelkleine 750-kWp-Anlagen. Erstere sind jedoch u.a. durch Netzanschlusskosten pro kW oder MW prozentual deutlich wirtschaftlicher als kleinere Projekte, die Amortisierung dauert entsprechend kürzer. Deshalb war unsere strategische Umstellung eine logische Konsequenz.

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Zuvor verzögerte sich der Jahresabschluss der SUNfarming, wodurch sich der Zinskupon Ihrer Debütanleihe SUNfarming 2020/25 um 100 Basispunkte für den aktuellen Zinslauf bis November 2022 erhöhte. Vielen dürfte die Klausel nicht mal gegenwärtig gewesen sein bis dahin. Woran hakte es denn mit dem Jahresabschluss?
Der wesentliche Grund war die besondere coronabedingte Arbeitsbelastung der bei der Erstellung des Jahresabschlusses unterstützenden Steuerberatungsgesellschaft. Zum damaligen Zeitpunkt waren bei nahezu allen Steuerberatungsgesellschaften die Anträge für die Überbrückungshilfe III aus den staatlichen Corona-Hilfsprogrammen sprunghaft angestiegen. Wir waren also nicht die Einzigen. Das bleibt aber hoffentlich eine Ausnahme, die auf besondere Umstände zurückzuführen ist.

Mit Blick nach vorne: Was sind die größten Herausforderungen der Solarbranche aktuell, aber auch für die SUNfarming im Speziellen?
Meiner Ansicht nach ist wichtig, die Akzeptanz in der Bevölkerung für – auch größere – Solarprojekte durch transparente und offene Kommunikation sicherzustellen bzw. weiter zu erhöhen. Es darf nicht zu unsäglichen Zuständen wie in der Windkraftbranche kommen, zumal das völlig unnötig wäre. Wir möchten die Gemeinden und ihre Entscheidungsträger stets eng einbinden. Mit unserem Agri- und Öko-Solarprojekt-Gedanken adressieren wir genau das. Eine zweite Herausforderung ist eine ganz andere: der Fachkräftemangel – vor allem wenn unsere Branche den doppelten Zubau in der Hälfte der Zeit stemmen soll.

Hier beim Gespräch 2020, links vorne Martin Tauschke

…und die Finanzierungsfrage?
Wir sehen eine große Bereitschaft bei allen Stakeholdern, von Venture Capital bis Family Offices, die investieren möchten. Das hat sich in der jüngeren Vergangenheit sowohl in Polen bei unseren lokalen Finanzierungspartnern als auch in Deutschland bei der erfolgreichen Vollplatzierung unserer ersten Unternehmensanleihe gezeigt. Das ist letztlich ein Management-Thema: nämlich, dass wir unseren Job ordentlich erledigen.

Ist das derzeit die spannendste Zeit, in der Sie jemals aktiv waren in der Branche?
Auf jeden Fall äußerst spannend. Tatsächlich waren die Chancen noch nie so groß wie jetzt. Die Pionierzeiten vor knapp zwei Jahrzehnten haben auch Spaß gemacht, als wir ein Startup waren. Diese Mentalität wollen wir uns auch jetzt nach rund 20 Jahren erhalten, um unseren nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Herr Tauschke, ganz herzlichen Dank an Sie für Ihre Zeit und das Update!

Interview: Falko Bozicevic