„Unstimmigkeiten ausräumen und gute Zusammenarbeit fortsetzen“

Foto @ Ekosem-Agrar AG

Anleiheemittent Ekosem-Agrar, beheimatet im badischen Walldorf und operativ tätig in Russland, steckt seit Monaten in zähen Verhandlungen mit der russischen Landwirtschaftsbank RSHB. Anleger sorgen sich allerdings, die Anleihekurse erodierten doch einigermaßen – mehr als hinreichender Anlass, mit Ekosem-Gründer/-Chef Stefan Dürr – seines Zeichens seit 2 ½ Jahren auch Vorsitzender des Verbands der russischen Milchproduzenten – über den Status-quo zu sprechen.

BondGuide: Herr Dürr, vielleicht kurz zur Einführung zum Hintergrund in eigenen Worten: Wo liegt das Problem mit ihren russischen Kapitalgebern?
Dürr: Konkret befinden wir uns seit geraumer Zeit in Gesprächen mit der russischen Landwirtschaftsbank, RSHB, über die ein großer Teil unserer Fremdfinanzierung läuft. Wir sind – insbesondere durch die finanzielle Zusammenarbeit mit der RSHB – in den letzten Jahren stark gewachsen, was auch zum Aufbau eines hohen Anteils Fremdkapital in der Bilanz geführt hat. Dessen waren wir uns – und die Bank sich natürlich auch – bei der weiteren Kreditvergabe bewusst. In den letzten Monaten wurde diese gute Zusammenarbeit durch einzelne Vertreter der Bank torpediert, was für uns sehr überraschend war und nicht nachvollziehbar ist, zumal wir auf Gruppenebene finanziell immer im Plan waren und keine Covenants gebrochen wurden. Nun geht es darum, diese Unstimmigkeit auszuräumen und die gute Zusammenarbeit der Vergangenheit fortzusetzen.

„Ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam zu einem guten Ergebnis kommen werden.“

BondGuide: Ziehen wir es einmal bitte von der Drohkulisse auf: Mit was drohen die russischen Banken bzw. was fordern Sie im allerschlimmsten Fall?
Dürr: Das Wort ‚drohen‘ ist in diesem Zusammenhang nicht passend. Sicherlich gab es an einzelnen Stellen Unstimmigkeiten, die zu der aktuellen Situation geführt haben. Zum Glück empfinden wir aber gerade in den letzten Wochen die Gespräche mit der RSHB als konstruktiv und ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam zu einem guten Ergebnis kommen werden, das die jetzige Struktur der Ekosem-Agrar Gruppe unberührt und uns Raum für die weitere Entwicklung lässt.

BondGuide: Besorgte Investoren mailen bzw. fragen uns: Droht da nicht quasi eine Enteignung?
Dürr: Die Ekosem-Agrar Gruppe ist mit ihrer Position im globalen Rohmilchmarkt für Russland von immenser Bedeutung. Entsprechend hat sich die russische Regierung hier klar unterstützend positioniert, um eine Gefährdung des Unternehmens auszuschließen. Vor diesem Hintergrund sehe ich nicht die Gefahr einer ‚Enteignung‘.

„Ich verstehe natürlich, dass es gerade für unsere Anleger in Deutschland momentan eine schwierige Situation ist.“

BondGuide: Die Gespräche dauern nun schon mehrere Monate. Auf welchen Zeithorizont müssen sich die Anleger einstellen und wann kann der Markt mit dem testierten Konzernabschluss 2020 rechnen?
Dürr: Ich verstehe natürlich, dass es gerade für unsere Anleger in Deutschland momentan eine schwierige Situation ist. Sie sind weit weg von unseren operativen Tätigkeiten in Russland und sind deshalb verunsichert, zumal die Gespräche mit der RSHB nun schon seit mehreren Monaten laufen. Aus Vertraulichkeitsgründen können wir leider auch keine Zwischenergebnisse der Verhandlungen kommunizieren. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir spätestens bis Jahresende zu einem Ergebnis kommen werden. Da die Testierung des Konzernabschlusses an eine einvernehmliche Lösung mit der Bank geknüpft ist, können wir diesen im Anschluss an eine Einigung final aufstellen, die Prüfung zu Ende bringen und den testierten Abschluss veröffentlichen.

„Wir spüren gerade in unserer jetzigen Situation großen Rückhalt von vielen Seiten in Russland.“

EKOSEM-AGRAR AG 2019/24 (WKN: A2YNR0)

BondGuide: Russische Bekannte berichten mir, in Russland dürfe man durchaus erfolgreich sein – aber man solle unter dem Radar zu hoher Stellen bleiben. Sind Ekosem und Sie als Vorsitzender/Präsident des Verbands möglicherweise schon in zu hohe Sphären gestoßen?
Dürr: Diesen Eindruck kann ich mit meinen 30 Jahren Erfahrung in Russland nicht bestätigen. Wir haben in dieser Zeit immer wieder Unterstützung von verschiedensten Ebenen, ob in Politik oder Wirtschaft, erfahren, wenngleich es natürlich immer auch Kritiker und Neider gibt. Der in Russland aktuell sehr erfolgreiche Agrarsektor weckt natürlich Begehrlichkeiten, es kommen neue Spieler auf den Markt und das Klima wird rauer. Dennoch spüren wir gerade in unserer jetzigen Situation großen Rückhalt von vielen Seiten.

BondGuide: Von diesen pressierenden Fragestellungen einmal abgesehen: Wie läuft es operativ in der Bewirtschaftung, aber auch mit Rubel-Umrechnungskurs & Co?

Stefan Dürr, Ekosem-Agrar

Dürr: Mit unserer operativen Entwicklung sind wir weiterhin sehr zufrieden. Ende Juli hatten wir ja bereits über das erste Halbjahr berichtet. Hier konnten wir trotz des schwachen Rubels unsere Umsatzerlöse deutlich steigern und sind sowohl in der Milchproduktion als auch in der Verarbeitung weiter gewachsen. Im dritten Quartal hat sich dieser Trend fortgesetzt. Die Preise für Rohmilch sind seit Anfang September stark gestiegen, was für uns sehr positiv ist, da auch die Kosten im letzten Jahr deutlich zugelegt haben. Die Ergebnisse im Ackerbau sind wie so oft unterschiedlich: Es gab wieder Regionen mit zu wenig Regen – insbesondere die klassischen Ackerbauregionen –, was für die im Sommer geernteten Sorten nicht hilfreich war. Andererseits haben gerade Regionen, die keine traditionellen Standorte für Ackerbau sind – so z.B. Nowosibirsk in Sibirien – die besten Erträge geliefert. Auch im Verkauf von Pflanzen sind die Preise durch den hohen Weltmarktpreis und den schwachen Rubel sehr attraktiv. Alles in allem sind wir also mit der operativen Entwicklung zufrieden.

BondGuide: Herr Dürr, besten Dank an Sie für das konstruktiv klingende Update!

Das Interview führte Falko Bozicevic.