Ein großer Wurf zur Vermeidung von Corona-Insolvenzen – Wesentliche Aspekte des Entwurfs des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRUG) – Teil II

Dr. Christian Becker (li) und Dr. Lutz Pospiech, GÖRG

Die Law Corner von Dr. Christian Becker, Partner, und Dr. Lutz Pospiech, Assoziierter Partner, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München

Am 14.10.2020 hat die Bundesregierung jetzt auch den Entwurf zum Sanierungsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) veröffentlicht. Dieser beinhaltet als Kernstück das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG-E).

Mit dem StaRUG-E wird ein Rechtsrahmen für außerinsolvenzliche Sanierungen geschaffen, der es Unternehmen ermöglicht, sich auf der Grundlage eines von den Gläubigern mehrheitlich angenommenen Restrukturierungsplans zu sanieren. In Teil I unseres Überblicks über wesentlichen Regelungen des StaRUG-E (BondGuide #21/2020, S. 45-47) haben wir u.a. die Zugangsvoraussetzungen zum präventiven Restrukturierungsrahmen dargestellt und einen Überblick zum Restrukturierungsplan und den verschiedenen Sanierungsinstrumenten gegeben.

Daran anknüpfend stellen wir in Teil II unseres Überblicks den Restrukturierungsplan, insbesondere seinen Inhalt und das Verfahren bis zu seiner Rechtskraft dar.

Der Restrukturierungsplan
Kern des StaRUG-E ist ein Restrukturierungsplan, der auch gegen den Widerstand opponierender Minderheiten für alle betroffenen Gläubiger verbindlich durchgesetzt werden kann. Der Restrukturierungsplan ermöglicht eine flexible Gestaltung der Rechtsverhältnisse eines drohend zahlungsunfähigen Schuldners. Hierfür stellt er dem Schuldner ein Baukastensystem zur Verfügung. Der Schuldner kann sich derjenigen zur Verfügung stehenden Instrumente bedienen, derer er bedarf, um die Unternehmenskrise zu überwinden. Der Restrukturierungsplan kann somit auf eine oder wenige Gläubigergruppen beschränkt werden oder sehr viele Gläubigergruppen erfassen. Die Bildung der Gläubigergruppen hat nach sachgerechten Kriterien zu erfolgen.

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Von der Einbeziehung in einen Restrukturierungsplan nach dem StaRUG-E sind allerdings Forderungen von Arbeitnehmern, Forderungen aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen und Geldstrafen ausgeschlossen.

Gestaltbare Rechtsverhältnisse
Im Restrukturierungsplan können grundsätzlich alle Regelungen zur Gestaltung der Rechtsverhältnisse der Planbetroffenen getroffen werden. Der Gesetzesentwurf nennt dabei ausdrücklich die folgenden gestaltbaren Rechtsverhältnisse:

• Restrukturierungsforderungen, insbesondere Stundungen und Verzichte auf Forderungen
• vom Schuldner und von Tochtergesellschaften des Schuldners gestellte Sicherheiten; insbesondere Freigabe von Sicherheiten, u.U. auch gegen Kompensation
• Änderungen von Nebenbestimmungen, u.a. in Kreditverträgen, Anleihebedingungen und Sicherheitenverträgen
• Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter, insbesondere die Umwandlung von Schulden in Anteile am Unternehmen

Das Verfahren der Planabstimmung
Die Abstimmung über den Restrukturierungsplan kann der Schuldner entweder in Eigenregie durchführen oder durch das Restrukturierungsgericht durchführen lassen. Die Frist zur Annahme des Restrukturierungsplans bzw. der Einladung zu einer Versammlung der Planbetroffenen, die über den Restrukturierungsplan abstimmt, beträgt mind. 14 Tage. Es kann auch eine virtuelle Teilnahme und elektronische Abstimmung der Planbetroffenen vorgesehen werden. Den Vorsitz in der Versammlung führt der gesetzliche Vertreter des Schuldners. Führt das Gericht die Planversammlung durch, hat es auch den Vorsitz in der Versammlung inne. Um Rechtsfragen im Hinblick auf die spätere Abstimmung über den Restrukturierungsplan im Vorfeld klären zu können, kann auf Antrag der Schuldnerin eine Vorprüfung durch das Restrukturierungsgericht in Anspruch genommen werden. Vor oder zusammen mit dem Planabstimmungstermin hat eine Erörterung des Restrukturierungsplans zusammen mit den Planbetroffenen zu erfolgen.

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Planabstimmung
Zur Abstimmung über den Plan werden die in den Plan einzubeziehenden Beteiligten in Gruppen von Betroffenen mit gleicher Rechtsstellung eingeteilt. Im Regelfall werden folgende Gruppen gebildet:

• Gläubiger mit Sicherungsrechten,
• unbesicherte Gläubiger,
• Gläubiger, deren Forderungen in einem Insolvenzverfahren nachrangig wären und
• Anteilsinhaber.

Betroffene innerhalb einer Gruppe sind im Restrukturierungsplan gleich zu behandeln. Zur Annahme des Restrukturierungsplans ist grundsätzlich die Annahme durch jede Gruppe mit mindestens 75% der Stimmrechte erforderlich. Die Stimmrechte richten sich für gesicherte Gläubiger nach dem Wert ihrer Sicherheiten, für ungesicherte Gläubiger nach dem Betrag ihrer Forderung und für Anteilsinhaber nach ihrem nominellen Anteil am gezeichneten Kapital oder Vermögen des Schuldners. Opponierende Gläubigergruppen können überstimmt werden (sog. Cross-Class Cram-Down). Voraussetzung hierfür ist, dass (i) die Betroffenen durch den Plan nicht schlechter gestellt werden als sie ohne Plan stünden, (ii) sie angemessen am Wirtschaftlichen Wert der Restrukturierung beteiligt werden und (iii) die Mehrheit der Gruppen zugestimmt hat – bei nur zwei Gruppen soll es insoweit sogar genügen, wenn nur eine Gruppe zustimmt (§ 28 StaRUG-E).

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Gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans
Wenn der Restrukturierungsplan nicht einstimmig angenommen worden ist, ist er auf Antrag des Schuldners durch das Gericht zu bestätigen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Planabstimmung vom Schuldner selbst oder durch das Restrukturierungsgericht durchgeführt wurde. Regelmäßig hat das Restrukturierungsgericht die Planbetroffenen vor einer Entscheidung über die Planbestätigung anzuhören. Die Bestätigung des Restrukturierungsplans ist zu versagen (i) wenn der Schuldner nicht drohend zahlungsunfähig ist, (ii) bei wesentlichen Verfahrensmängeln oder (iii) der Schuldner seine Verpflichtungen gegenüber den Planbetroffenen, wie im Restrukturierungsplan geregelt, offensichtlich nicht erfüllen kann.

Die Bestätigung des Restrukturierungsplans ist durch das Restrukturierungsgericht auch dann zu versagen, wenn ein Planbetroffener (i) gegen den Plan gestimmt hat, (ii) einen Antrag auf Versagung der Planbestätigung gestellt hat und (iii) nachweist, dass er durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er ohne Plan stünde. Ein entsprechender Antrag eines Planbetroffenen ist abzuweisen, wenn im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans Mittel für den Fall bereitgestellt werden, dass ein Planbetroffener eine Schlechterstellung nachweist. Hierüber ist dann außerhalb der Restrukturierungssache zu entscheiden. Gegen den gerichtlichen Planbestätigungsbeschluss kann ein Planbetroffener eine sofortige Beschwerde einlegen. Hiergegen kann die Schuldnerin wiederum ein sog. Freigabeverfahren einleiten und das Beschwerdegericht weist die Beschwerde zurück, wenn die alsbaldige Rechtskraft der Planbestätigung vorrangig erscheint, weil die Nachteile eines verzögerten Planvollzugs die Nachteile für den Beschwerdeführer überwiegen und kein besonders schwerer Rechtsverstoß vorliegt.

Fazit
Der Restrukturierungsplan ist ein flexibles und effizientes Mittel, um eine erforderliche Unternehmenssanierung auch gegen sogenannte Akkordstörer außerhalb der Insolvenz mit Mehrheitsentscheidungen durchzusetzen. Wenn der Restrukturierungsplan sowie das Verfahren für die Vorbereitung und Abstimmung über den Plan professionell vorbereitet sind, wird der Plan bestätigt und damit wirksam werden. Von einer Sanierung des Unternehmens mit einem Restrukturierungsplan können alle Stakeholder, insbesondere auch die Gläubiger, erheblich profitieren.

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