
Wir haben die MiCAR schon lange genau im Blick. Seit dem 30. Dezember 2024 soll sie einheitliche Vorschriften für Emittenten von Kryptowerten im Unionsraum schaffen. Von SBS Legal*
Zentral ist dabei die MiCAR-Lizenz, die ein wichtiger Schritt ist, um Geschäfte mit Kryptowerten in allen Mitgliedstaaten durchzuführen. Doch nun führt das sog. Passporting dazu, dass Unternehmen ihre Lizenzen in Ländern beantragen, welche die MiCAR angeblich weniger genau umsetzen. Dies führte bereits zu Beschwerden mehrerer Mitgliedstaaten und könnte am Ende sogar auch Anleger gefährden.
Passporting als Schwachstelle
Die Entwicklung, die MiCAR gefährdet, ist eigentlich gar nichts Neues. Unternehmen betreiben sog. Passporting, indem sie ihre Geschäfte in Staaten verlagern, die Gesetze weniger streng umsetzen. Das kann zu schnelleren Verfahren führen und erleichtert somit den Marktzugang für Unternehmen – besonders bei so komplexen Regelungswerken wie der MiCAR.
Bei der MiCAR sollte es eigentlich keine verschiedenen Anforderungen an die Zulassung geben. Denn sie gilt als EU-Verordnung in allen Mitgliedstaaten gleich, sodass für alle Unternehmen in der EU die gleichen Regeln für Geschäfte mit Kryptowerten gelten sollten. Doch das ist bloß die theoretische Seite – in der Praxis kann es anders aussehen.
Bei 27 Mitgliedstaaten ist es kein Wunder, dass die Umsetzung der MiCAR unterschiedlich ausfallen kann. Insbesondere kleinere Staaten mit kleineren Behörden können Schwierigkeiten haben, ein solches Regelwerk konsequent durchzusetzen. Und kleinere Unternehmen werden von der Pflicht, diese Regeln einzuhalten, besonders belastet.
Mitgliedstaaten sehen Risiko für MiCAR
Das Risiko besteht also darin, dass Unternehmen sich ihre MiCAR-Lizenz in einem Mitgliedstaat ausstellen lassen, in dem das Zulassungsverfahren nicht ganz so streng abläuft wie eigentlich gefordert. Mit einer einmal ausgestellten Lizenz sind die Behörden und Institutionen der anderen EU-Mitgliedsstaaten jedoch verpflichtet, dem Unternehmen den Handel mit Kryptowerten in ihrem Land zu ermöglichen.
Frankreich hat mit Österreich und Italien deshalb eine stärkere Durchsetzung der MiCAR gefordert. Damit soll eine Fragmentierung des EU-Kryptomarktes verhindert werden. Denn es ist gefährlich, wenn sich der Eindruck verhärtet, dass Lizenzen aus verschiedenen Vergabe-Mitgliedstaaten unterschiedlich viel wert sind.
Frankreich spricht Warnung aus
Frankreichs Wertpapieraufsichtsbehörde, die AMF (Autorité des Marchés Financiers), hat sogar eine scharfe Warnung ausgesprochen. Sie überlegt, einige in anderen EU-Ländern zugelassene Kryptofirmen daran zu hindern, im Frankreich Geschäfte zu machen.
Österreich und Italien hatten schon zuvor gefordert, dass die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ihre Aufsicht über solche Aktivitäten verschärfen soll. Zwar sind mit der konkreten Umsetzung der MiCAR die Behörden der Mitgliedstaaten beauftragt (in Deutschland die BaFin). Die ESMA soll aber den gesamten Prozess sowie das Passporting überwachen.
Die AMF hat sogar mit der Anfechtung gedroht, was eine sehr scharfe Maßnahme wäre. Dies würde bedeuten, dass sie die MiCAR-Lizenzen von Krypto-Unternehmen aus bestimmten anderen Mitgliedstaaten nicht anerkennt. Solch ein Vorgehen würde sich direkt gegen den Sinn und Zweck der MiCAR richten, den Unionsraum zu vereinheitlichen.
Malta im Fokus
Als wohl problematischster Mitgliedstaat in dieser Hinsicht scheint Malta aufgefallen zu sein. Die ESMA selbst hatte im Juli verschiedene Mitgliedstaaten bezüglich der MiCAR-Umsetzung miteinander verglichen. Malta hat die Erwartungen dabei nur ‚teilweise erfüllt.‘ Dies war von vier möglichen Stufen die vorletzte – darunter gab es nur die Option, die Erwartungen überhaupt nicht zu erfüllen. […]
Besteht Gefahr für Krypto-Anleger?
Die MiCAR gibt es aus gutem Grund. Der Handel mit Kryptowährungen bietet viele Möglichkeiten, Anleger aus aller Welt zu gefährden. SBS Legal hat Crypto Crime als eigene rechtliche Gefahr identifiziert. Auch wenn die Blockchain theoretisch jede Transaktion verfolgbar aufführt, schaffen die zahlreichen verschiedenen Kryptowährungen und Handelsoptionen viele Gelegenheiten, Anleger um ihr Geld zu bringen. Auch die ESMA gibt regelmäßig Richtlinien zur Bekämpfung von Marktmissbrauch heraus.
Genau deshalb soll die MiCAR in der EU ein hohes Level an Sicherheit und Kontrolle gewährleisten. Beispielweise soll die Whitepaper-Pflicht garantieren, dass besonders fragwürdige Kryptowerte ohne jeden Hintergrund schnell auffallen und gar nicht erst auf dem Markt erscheinen.
Die MiCAR zählt für Whitepaper genau auf, was darin enthalten sein muss. Dazu gehören Informationen über den Anbieter, den Emittenten, das Projekt, den Handelsplattformbetreiber, den Kryptowert, zugrunde liegende Technologien, Risiken sowie über die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt. Alle diese Informationen müssen redlich und eindeutig und dürfen nicht irreführend sein. Verboten sind bspw. Aussagen über den künftigen Wert des Kryptowerts. […]
Zukunft unsicher
Die ESMA (übrigens mit Sitz in Paris) hat bereits angekündigt, die Situation genau unter die Lupe zu nehmen. Fraglich bleibt aber, welche Optionen jetzt ergriffen werden können. Es wird wohl schwierig, die genaue Umsetzung bestimmter Behörden (etwa in Malta) anzukurbeln. […]
*) SBS LEGAL Rechtsanwälte Schulenberg & Partner, Hamburg
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