Studie: herbstliche Ernüchterung unter Finanzvorständen

Der Optimismus des Frühlings, den deutsche Finanzvorstände noch im letzten Deloitte CFO Survey bekundet hatten, ist herbstlicher Ernüchterung gewichen.

Das wirtschaftliche Umfeld aus gestiegenen Zinsen, hohen Energiekosten, anhaltender Inflation und fehlenden Facharbeitern belastet deutsche Unternehmen, hinzu kommen geopolitische Unsicherheiten, die den Export erschweren – kurz: die Firmen leiden unter den langfristigen Auswirkungen der Krisen.

Je größer und internationaler ausgerichtet die Unternehmen, umso schlechter die kurzfristigen Aussichten. Entsprechend uneuphorisch ist derzeit die wirtschaftliche Stimmung unter den im September befragten 193 Finanzvorständen deutscher Großunternehmen.

„Nachdem sich die Geschäftsaussichten im Frühjahr noch deutlich in den positiven Bereich verbessert hatten, kehrt sich der Trend aktuell wieder um“, so Dr. Alexander Börsch, Chefökonom und Leiter Research bei Deloitte. „Die Geschäftsaussichten sind im Vergleich zum Frühjahr deutlich gefallen, die seit Beginn des Jahres stark gestiegenen Zinsen bremsen Konsum- und Investitionslaune. Zudem lässt die Unsicherheit in den Kernmärkten USA und China den Export vor allem im verarbeitenden Gewerbe schwächeln.“

Geschäftsaussichten wieder im Abwärtstrend

Unter allen Teilnehmern der Erhebung schätzt mittlerweile fast die Hälfte ihre Geschäftsaussichten gegenüber der letzten Befragung wieder schlechter ein. Der Index aus der prozentualen Differenz der positiven und negativen Einschätzungen, fiel von 14% im Plus auf aktuell minus 30%. Dies betrifft besonders Großunternehmen mit mehr als 1 Mrd. EUR Umsatz – hier fällt der Index mit minus 44% besonders niedrig aus, während sich der Mittelstand sich besser behauptet (-23%). Vor allem in der Baubranche (-62%), beim Maschinenbau (-50%) und in der Automobilindustrie (-40%) ist die negative Trendwende unübersehbar.

Unverändert hingegen die Risikolandschaft, in der Fachkräftemangel und steigende Lohnkosten für knapp drei von fünf Unternehmen Top-Risiken darstellen. Entsprechend erwarten die befragten Finanzvorstände im Durchschnitt Preissteigerungen von 4,9% in den kommenden zwölf Monaten. Immerhin 58% der Befragten sehen auch in der schwachen Inlandsnachfrage ein weiteres hohes Risiko; vor allem Konsumgüterindustrie (79%) und Handel (78%) sind hier stark betroffen.

Planung auf Sicht und je nach Branche

Die Unsicherheit ist auch bei den Kennzahlen der Unternehmen sichtbar: Einerseits sehen die Finanzvorstände leicht steigende Umsätze, zugleich prognostizieren sie zurückgehende operative Margen und erwarten einen Rückgang bei Investitionen (-7%) und Beschäftigung (-5%). Am stärksten ist dies in der Automobilindustrie ausgeprägt, wo mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten weniger investieren will.

herbstliche Ernüchterung

In die andere Richtung geht die Konsumgüterindustrie, wo 60% der befragten Unternehmen mehr Investitionen planen. Auch bei den Beschäftigungsplänen unterscheiden sich die Branchen: Während die Hälfte der befragten Unternehmen aus der chemischen Industrie im kommenden Jahr weniger Einstellungen plant, erwarten Finanzvorstände im Dienstleistungssektor eher eine personelle Zunahme, besonders bei Banken und Technologiefirmen.

Unsicherheit trübt die Aussichten

„Die branchenspezifischen Lichtblicke können kaum darüber hinwegtäuschen, dass die zu erwartende wirtschaftliche Entwicklung derzeit von negativen Geschäftsaussichten dominiert wird. Zwar sind einige Branchen bisher vom Abschwung weniger stark betroffen, doch gerade die für die deutsche Wirtschaft wichtigsten Sektoren, Automobilindustrie und Maschinenbau, sind aktuell stark unter Druck“, so Börsch. Vor dem Hintergrund der andauernden Risiken und schwacher internationaler Nachfrage stünden der Wirtschaft ein unsicherer Herbst und Winter bevor. Rückenwind für die Wirtschaft könnte Ende des Jahres aufkommen, wenn steigende Löhne und sinkende Inflation die Konsumlaune beleben könnten.

Die Ergebnisse basieren auf dem aktuellen Economic Trend Briefing von Deloitte.

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