reconcept: „Zentraler Schlüssel auf dem Weg zur klimaneutralen Energieversorgung“

Mit dem Rückenwind des Erfolgs jüngster Platzierungen folgt auch schon der dritte Green Bond durch die Hamburger reconcept. BondGuide sprach zum Start der Emission mit Geschäftsführer Karsten Reetz.

>> aus BondGuide 06/2024 vom 22. März

Herr Reetz, hatten Sie denn 2023 einen guten Draht zu Petrus und damit vorteilhaftem „EE-Wetter“?!
Tatsächlich ja. 2023 war in Deutschland eines der windstärksten Jahre seit über 20 Jahren. Gleichzeitig profitierten unsere Bestandsanlagen von Stromabnahmeverträgen mit vergleichsweise hohen Tarifen. Und auch das Sonnenjahr 2023 war rekordverdächtig. Durchschnittlich wurden über 1.700 Sonnenstunden in Deutschland gemessen. Im Vergleich zu den Jahren 1991 bis 2020 laut Deutschem Wetterdienst rund 5% mehr. Als Projektentwickler sind wir aber nicht vom Wetter abhängig. 2023 war für reconcept ein sehr gutes Jahr. Wir haben in beiden Geschäftsbereichen – in der Projektentwicklung wie auch im Investment und Asset Management – gute Ergebnisse erzielt. Der Jahresüberschuss der reconcept GmbH lag 2023 bei 4,3 Mio. EUR.

Nun also der reconcept Green Bond III. Gibt es Nuancen zu seinen Vorgängern?
Unsere zuvor emittierten Solar Bonds haben sich – wie der Name schon sagt – auf die Entwicklung von Solarparks konzentriert. Unser neuer reconcept Green Bond III sieht eine erweiterte Mittelverwendung vor: Die Unternehmensanleihe dient dem Ausbau unserer internationalen Geschäftstätigkeit in unseren drei bestehenden Kernmärkten mit Schwerpunkt auf der Erweiterung unserer Projekt-Pipeline. Konkret planen wir PV-Freiflächenanlagen und Windenergieprojekte in Deutschland, erweitern unsere Projektakquise in Kanada auf Photovoltaik und Windenergie und führen schließlich in Finnland weitere Windpark-Projekte zielsicher in Richtung Baureife. Aktuell arbeitet das Projektentwicklungsteam in Helsinki an Windparks mit in Summe mehr als 3.000 Megawatt. Unsere Geschäftsstrategie besteht ja darin, Erneuerbare-Energien-Projekte bis zur Baureife, Ready-to-Build, zu entwickeln und diese in diesem Status gewinnbringend an Investoren zu verkaufen.

„Die neue Unternehmensanleihe dient dem Ausbau unserer internationalen Geschäftstätigkeit in allen drei unserer bestehenden Kernmärkte.“

Finnland ist neuerdings innerhalb der NATO. Finnland ist aber auch Nachbar Russlands. Merkt man eigentlich vor Ort irgendwelche Veränderungen!?
Ja, durchaus. Finnland hat seine militärische Präsenz an der immerhin rund 1.300 Kilometer langen Grenze zu Russland erhöht. Aktuell ist die Grenze zu Russland geschlossen. Die finnische Regierung befürchtet, dass die Migration von Russland instrumentalisiert wird und zur ernsthaften Bedrohung werden könnte. Das sind vor Ort schon spürbare Veränderungen, doch Finnland geht seit jeher sehr umsichtig mit seiner russischen Grenze um. Gewisse Gebiete, so gut sie auch für die Nutzung von Windkraft geeignet wären, sind daher militärisches Sperrgebiet. Für Projektentwickler heißt es dann schlicht: Dieses Gebiet steht nicht zur Verfügung.

Dann war ja neulich die jüngste Weltklimakonferenz COP 28 in Dubai. Wie genau verfolgen Sie derartige Prominenz-Aufmärsche und was dort zum Besten gegeben wird? Die Stimmen zur COP 28 waren gemischt. Wie lautet Ihr eigenes Resümee, war etwas Neues für Sie dabei?
Natürlich verfolgen wir aufmerksam solche Ereignisse. Auch auf der letzten Klimakonferenz standen generell der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und der damit verbundene Ausbau Erneuerbarer Energien im Vordergrund. Die global abgestimmten Pläne und Zielvorgaben sind prinzipiell gut – auch mit Blick auf unsere Marktperspektive, aber kurzfristig wenig relevant für unseren konkreten Geschäftsbetrieb. Die Weichenstellungen erfolgen nach dem Wasserfallprinzip von oben nach unten. Deshalb ergeben sich aus solchen Veranstaltungen keine unmittelbaren Konsequenzen oder Schlüsse für unser operatives Geschäft.

„Unsere Investitionsentscheidungen von heute bestimmen das Erreichen der Klimaziele von morgen.“

Ist es eigentlich verpönt zu konstatieren, dass – nicht nur, aber auch – die reconcept à la longue ein Klimawandelgewinner sein müsste? Es wird wärmer und das Wetter wird volatiler.
Bei Strukturumbrüchen gibt es stets Gewinner und Verlierer – und unumstritten sind die Erneuerbaren Energien Klimawandelgewinner und damit auch unsere Branche der Projektentwicklung von Wind- und Solarparks. Die Welt will aus guten Gründen weg von den fossilen Energien, dieser Trend ist unumkehrbar und so wichtig. Erst diese Woche konstatierte die Weltorganisation für Meteorologie, dass die Welt so nah an der unteren 1,5-Grad-Schwelle des Pariser Abkommens zum Klimawandel ist wie nie zuvor. Mehr Erneuerbare Energien helfen, Treibhausgase zu vermeiden. Der Ausbau von Wind- und Solarenergie ist ein zentraler Schlüssel auf dem Weg zur klimaneutralen Energieversorgung. Und klar ist auch: Investitionsentscheidungen von heute bestimmen das Erreichen der Klimaziele von morgen. Wir bei reconcept tragen somit zur Lösung bei – über unsere Projektentwicklung und über unsere Green-Bond-Angebote.

Was ist das Dringendste, das die reconcept mit dem frischen Emissionserlös wird angehen können?
Wir wollen unsere Projekte in all unseren drei Kernmärkten weiter vorantreiben. Gerade bei Windprojekten sprechen wir ja von in der Regel mindestens sechs Jahren Vorlauf bis zur Inbetriebnahme. Unsere heutigen Maßnahmen werden somit erst Jahre später umsatzwirksam. Diese Zeit muss finanziert werden, vom Personal bis zur Infrastruktur vor Ort. Die Erlösverwendung unseres Green Bond III wird daher eine Kombination aus allen Maßnahmen sein, für die wir derzeit die Weichen stellen müssen.

Eine knifflige Frage zum Ausklang: Gibt es eigentlich eine Frage, die ich Ihnen bisher in all unseren Gesprächen noch nicht gestellt habe, die Sie sich aber gewünscht hätten? – jetzt wäre die Möglichkeit!
Lassen Sie uns doch einmal über die Chancen von grünem Wasserstoff unterhalten. In Zukunft werden meiner Einschätzung nach hybride Energieparks, die auch grünen Wasserstoff produzieren, an Gewicht gewinnen. Denn die Herausforderung bei der Energiewende liegt in der Sektorenkopplung – nicht nur unser Strom, auch der Verkehr und die Wärmeversorgung müssen regenerativer werden.

Karsten Reetz, reconcept

Karsten Reetz

Heißt das, Sie wollen künftig keinen Benziner mehr fahren?
Das auch – aber das meinte ich nicht. Viele Kommunen wünschen sich eine Kombination aus Stromerzeugung und dezentraler Stromspeicherung. Und da kommt nun die grüne Wasserstoffproduktion über Hybridparks ins Spiel. An einem windigen Tag in Friesland stehen heutzutage zu viele Windräder unfreiwillig still, da ihr grüner Strom aufgrund der unzureichenden Netzkapazitäten nicht eingespeist werden kann. Intelligente Zwischenspeicherungen zum Beispiel über grünen Wasserstoff sind somit gefragt. Sie können für eine stabilere Netzauslastung und in Kombination mit Speichertechnologien für mehr Flexibilität in der Stromversorgung sorgen. Bestehende Windparks können entweder durch zusätzliche Technologien wie Solar, Batterie oder Elektrolyseur – zur Wasserstoffgewinnung – nachträglich erweitert werden oder Hybridparks werden von Anfang an als eine Einheit geplant und gebaut. In Finnland haben wir eine neue Tochtergesellschaft gegründet, die genau an diesen Themen arbeiten wird. Darüber unterhalten wir uns dann bei einem unserer nächsten Gespräche gerne ausführlicher.

Herr Reetz – darauf freue ich mich!

Das Interview führte Falko Bozicevic.

Fotos: alle @reconcept, Hamburg

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