Notleidende Kredite werden Bankbilanzen über Jahre beschäftigen

Foto: © Dilok – stock.adobe.com

Die Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing e.V. (BKS) warnt vor notleidenden Krediten in Milliardenhöhe. Das Gesamtvolumen ist aufgrund der staatlichen Hilfsmaßnahmen noch nicht endgültig abschätzbar. Im aktuellen NPL-Barometer prognostizieren die befragten deutschen Kreditinstitute daher deutlich weniger Kreditausfälle, als noch vor einem Jahr erwartet worden waren. Jürgen Sonder, Präsident der BKS: „Sicher ist, dass die massiven Hilfspakete der Regierung die deutschen Banken im vergangenen Jahr vor einer signifikant höheren NPL-Quote verschont haben. Unstrittig ist aber auch, dass die nachlaufenden Effekte die deutschen Bankbilanzen in den nächsten Jahren beschäftigen werden.“

Rund 40,6 Mrd. EUR an notleidenden Krediten oder Non-performing Loans (NPLs) erwarten die befragten Kreditinstitute für das laufende Jahr. Dieser Wert könnte 2022 dann auf bis zu 46,7 Mrd. EUR steigen.

Im letzten NPL-Barometer rechneten die befragten Risikomanager noch mit einem Anstieg auf 59 Mrd. EUR allein bis Ende 2021. Zum Vergleich: 2020 waren rund 33 Mrd. EUR an NPL-Beständen zu verzeichnen.

„Die Teilnehmer unserer Umfrage waren in diesem Jahr wesentlich konservativer in ihrer Einschätzung. Während im vergangenen Jahr unter dem Eindruck des ersten Lockdowns noch erhebliche Ausfälle erwartet worden waren, zeigte sich, dass aufgrund der Hilfsmaßnahmen Insolvenzen hinausgezögert wurden und Kreditausfälle 2020 zu keinen Verwerfungen geführt hatten. Dennoch müssen die Banken vorsorgen – darauf weisen hohe Rückstellungen hin“, sagt Sonder.

Zu den Maßnahmen, die Kreditausfälle aktuell verhindern, zählen u.a. die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, Liquiditätsund Kreditprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau und das Kurzarbeitergeld. „Erst wenn die Politik sich dazu entscheidet, keine weiteren Hilfen zu leisten, wird das wahre Ausmaß deutlich werden“, so Sonder.

Foto: © photoschmidt – stock.adobe.com

Besonders betroffen von möglichen Kreditausfällen sind dabei Unternehmen im (Offline-) Einzelhandel, in der Tourismusbranche und Gastronomie. „Hier sind Ausfälle in größerer Höhe fast unvermeidlich“, sagt Sonder.

So werden NPL-Quoten von rund 3,3% bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) für 2021 erwartet. 2020 lag die Ausfallquote noch bei 2,5%. Für 2022 könnte dieser Wert auf 3,8% steigen. „Das ist auch in der zweiten Erhebung des NPL-Barometers in der Coronakrise der höchste erwartete Ausfallwert aller Assetklassen“, erklärt Sonder.

Die Immobilienbranche, die in den vergangenen Jahren dank steigender Immobilienpreise und niedriger Zinsen sehr wenige Ausfälle hatte, wird ebenfalls getroffen. „Hier sind die Auswirkungen aber vergleichsweise gering“, so Sonder. Besonders bei wohnwirtschaftlichen Immobilienkrediten fällt der Anstieg von 1,1% 2020 über 1,5% 2021 auf 1,7% 2022 nicht so stark aus. Bei finanzierten Gewerbeimmobilien steigen die Ausfälle stärker: von 1,7% im vergangenen Jahr über 2,5% in diesem Jahr auf 3,1% 2022. „Steigende Arbeitslosigkeit sorgt für einen (moderaten) Anstieg bei den Wohnimmobilienkrediten, bei den Gewerbeimmobilien sind es die anstehenden Schwierigkeiten der Firmen“, sagt Sonder.

Konsumentenkredite wiesen 2020 eine NPL-Quote von 2,1% aus. Hier ist ein Anstieg auf 2,8% in diesem Jahr und 3,4% 2022 zu erwarten.

Adobe

Foto: © feuerpferd1111 – stock.adobe.com

„Die Banken haben 2020 aufgrund der zu erwartenden Kreditausfälle ihre Risikovorsorge deutlich erhöht“, so Sonder. Nach Auslaufen der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen und nach Beendigung der Insolvenzantragspflicht zum 30. April 2021 wird das NPL-Management der Kreditinstitute in den nächsten Jahren besonders gefordert werden.

„Auch wenn die Banken die zu erwartenden Kreditausfälle teilweise bereits in der Risikovorsorge berücksichtigt haben, wird ein weiterer großer Mehraufwand in der Restrukturierung bzw. Sanierung von insolvenzgefährdeten Unternehmen entstehen“, sagt Sonder. Früherkennung und Risiko-Monitoring seien dabei die wichtigsten Aufgaben und Instrumente. Im NPL-Management bevorzugen die Risikomanager nach wie vor eine kombinierte Strategie bei der Bearbeitung von notleidenden Krediten. „Parallel zur internen Bearbeitung wird die externe Bearbeitung und die Inanspruchnahme des Sekundärmarktes eine große Rolle spielen müssen“, betont Sonder. Die Unsicherheit aber bleibt.

Jürgen Sonder, BKS

Das NPL-Barometer kann unter https://bks-ev.de/npl-barometer-21/ kostenlos angefordert werden.

Unser BondGuide Nachschlagewerk ,Anleihen 2020‘ kann ebenso wie unsere erste BondGuide Jahresausgabe ,Green & Sustainable Finance‘ als kostenloses E-Magazin bequem heruntergeladen, gespeichert & durchgeblättert werden.

! Bitte nutzen Sie für Fragen und Meinungen Twitter – damit die gesamte Community davon profitiert. Verfolgen Sie alle Diskussionen & News zeitnaher auf Twitter@bondguide !