mwb: „Deutlich griffiger als in einer Netzwerkkette“

Die mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank erhöht ihren Anteil an der bisherigen SRH AlsterResearch – nunmehr mwb research. BondGuide sprach dazu mit Kai Jordan und Dr. Oliver Wojahn

 Herr Jordan, Dr. Wojahn, die mwb fairtrade hielt ja zuvor schon eine Beteiligung am Research-Provider SRH AlsterResearch – künftig mwb research. Jetzt die Aufstockung auf über 25%. Antizipiere ich recht, dass es vor allem regulatorische Anforderungen – bestehende wie kommende – sind, die als Hauptmotiv gelten könnten?
Jordan: Nein, diese sind kein Motiv. Vor diesem Hintergrund waren wir auch zuvor schon gut aufgestellt. Auch für AlsterResearch hatten wir vorher bereits die Funktion des Haftungsdaches übernommen. Tatsächlich war es so, dass es die Möglichkeit gab, aus dem Altaktionärskreis der AlsterResearch Anteile zu übernehmen und wir diese genutzt haben, unsere Wettbewerbsposition zu optimieren. Der Unterschied ist, dass wir unsere bisher schon vertrauensvolle Zusammenarbeit nun auch unter einer Marke optisch visibler machen.
Wojahn: Regulatorisch ändert sich in der Tat vorerst auch nichts. Unter dem Strich können wir unseren Kunden ein besseres, kompletteres Angebot bieten. Das haben wir in der Vergangenheit schon, mit der neuen Aufstellung können wir dies nunmehr noch abgestimmter und damit zum Vorteil unserer Kunden.

MiFiD haben Sie aber dennoch in der Pressemeldung zitiert.
Jordan: Ja, das stimmt. MiFiD II hat in der Vergangenheit deutliche Veränderungen hinsichtlich der Vermarktung von Research gebracht, einige sagen sogar ‚tektonisch‘. Daran musste sich der Markt zum Inkrafttreten anpassen. mwb und mwb research haben diese Transformation ebenfalls erfolgreich umgesetzt. Durch die nun geschaffene Struktur wären wir auch schon optimal aufgestellt, falls sich in der Zukunft weitere regulatorische Schritte ergeben sollten.

Ändert sich durch die neue Beteiligungsstruktur im täglichen To Do überhaupt etwas?
Wojahn: Wir haben durchaus einige Felder identifiziert, auf denen wir noch enger zusammenarbeiten könnten. Wir werden künftig noch aktiver Designated Sponsoring und Research unter einer Marke im Paket anbieten. Der Designated Sponsor monitort auch den täglichen Orderflow einer Aktie und der Research Provider die fundamentalen Treiber hinter den Kursbewegungen eines Wertpapiers. Zusammen können wir Emittenten ein integriertes Bild über die Hintergründe von Kursbewegungen zur Verfügung stellen. Entsprechend lassen sich IR-Maßnahmen und operative Tätigkeiten darauf abstellen.
Jordan: Natürlich erhöhen wir auch unsere Reichweite. Für den Emittenten stellt sich das komplementäre Angebot deutlich griffiger dar als in einer Netzwerkkette.

Ist das nunmehr eine Aufstellung, wie sie vergleichbare Mitbewerber auch haben bzw. in absehbarer Zeit werden aufweisen müssen?
Wojahn: Aus unserer Sicht gibt es nicht so zahlreiche Mitbewerber. Wir definieren uns ja aus Research-Sicht vor allem über unsere offene digitale Plattform, den Research-Hub. Wir sprechen von ca. 30.000 Nutzern. Etwas Vergleichbares sehe ich in Deutschland so nicht.
Jordan: Natürlich gibt es Research, dass Banken-intern hergestellt wird, dann aber nur exklusiv und oft in dem durch die MiFID Regulierung vordefinierten Kreis direkt zahlender institutioneller Investoren limitiert verteilt werden darf. Da unser Research nicht vom Investor bezahlt wird, ist das ja beim Research-Hub anders – jeder Interessierte hat Zugriff darauf.

Research-Hub

Ich habe den Test gemacht: Tatsächlich konnte ich im Research-Hub aktuelle Coverage herunterladen. Ist es also dasselbe Modell wie beim Rating, namentlich dass die Emittenten die Dienstleistungen rund um die Kapitalmarktpräsenz herum bezahlen, nicht die Zielgruppe?
Wojahn: Der Investor zahlt nie. Die Emittenten sind die Auftraggeber. Tatsächlich ist unser Geschäftsmodell hybrid. Rund die Hälfte der gecoverten Emittenten hat Research in Auftrag gegeben und bezahlt daher für diese Dienstleistung. Die andere Hälfte covern wir pro bono. Dies fördert die Grundattraktivität des Research-Hubs für alle seine Nutzer. Und natürlich können frei gecoverte Emittenten auch immer mal zu Auftraggebern konvertieren. Die Ziele in der Wahrnehmung der Kapitalmarktpräsenz ändern sich ja auch zuweilen, z.B. wenn der Emittent wächst, einen Segmentwechsel vollzieht etc.

Apropos: Wer genau ist eigentlich die Zielgruppe?
Wojahn: Unser Anspruch war, den Research-Hub zur Hauptanlaufstelle für Investoren zu machen, die Coverage von Small- und Mid-Caps suchen. Mit jetzt 30.000 Nutzern haben wir das erreicht. Damit sind wir aus einer Startup-Phase heraus und etabliert. Insofern ist die neue Aufstellung zusammen mit der mwb der nächste logische Schritt. Kernzielgruppe sind sicherlich die kleineren institutionellen Investoren wie Investment-Boutiquen oder Family Offices, die durch MiFiD II vom Banken-Research abgeschnitten wurden. Aber auch interessierte Retail-Investoren sind willkommen, weswegen wir auch kürzere Zusammenfassungen auf entsprechenden Portalen veröffentlichen. Ein demokratischer Kapitalmarkt muss auch Privatanlegern die gleichen Ausgangsvoraussetzungen bieten.
Jordan: Aber auch größere Institutionelle schauen gerne mal vorbei. Da Banken die vielen kleineren Emittenten meist gar nicht mehr covern. Da bleibt dann nur der Research-Hub.

Kai Jordan, mwb

Kai Jordan

Small Caps hinken 2023 allerdings ziemlich hinterher. Ist das nur einmal mehr so eine Phase und wie ist sie zu erklären? – die Bewertungen sind deutlich günstiger als im Blue-Chip-Bereich.
Jordan: Diese Phasen gab und gibt es immer wieder. Der Markt fokussiert in schwierigen Zeiten auf Big Caps und deren Kurse werden konstant durch die Mittelzuflüsse in ETFs unterstützt.  Diesen inzwischen klassischen Effekt bekommt man auch nicht zur Gänze weg, man kann ihn natürlich durch eine entsprechende Unternehmensentwicklung und aktive Reflektion und Kommunikation abmildern. Für den fundamentalen Investor hält der Markt derzeit viele spannende Wertpapiere bereit – Investoren können dauerhaft nicht alle nur von Nvidia und Amazon leben, unabhängig davon, wie gut die sind und performen. 

Dr. Oliver Wojahn, Foto © Dirk Eisermann

Wojahn: In der Tat hat die Underperformance von Small Caps erklärbare Hintergründe: Magnificient Seven, Handelsliquidität und mögliche Refinanzierungen. Dies hat in der Summe zu einer ca. 25% schlechteren Performance kleinerer Emittenten geführt. Wann sich das wieder normalisiert, können wir beide nicht sagen. Aber die Bewertungen, wie Sie ja andeuten, bieten auf jeden Fall überlegenswerte Investitionsmöglichkeiten.

BondGuide: Herr Jordan, Dr. Wojahn, ganz herzlichen Dank an Sie beide!

Interview: Falko Bozicevic

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