Mittelstandsanleihen: Es ist wie es ist, und es ist noch immer gut gegangen? – ein Kommentar von Fondsmanager Ralf Meinerzag, Steubing

Im „Standpunkt German Mittelstand“ äußert sich das Team um Ralf Meinerzag regelmäßig zum Markt für Mittelstands- und Hochzinsanleihen. Dieses Mal: „Es ist wie es ist – und es ist noch immer gut gegangen.“ Im kölschen Dialekt wird dieser Spruch Alt-Bundeskanzler Adenauer zugesprochen. Sicherlich sind die Krisen im Markt für Mittelstandsanleihen nicht mit denen der jungen Bundesrepublik Deutschland vergleichbar, aber in den Medien und unter Investoren wird offen über ein Scheitern spekuliert. 

Umso überraschender erscheint uns das Verhalten der Anleihe-Emittenten, die zumeist noch nicht einmal um ihre „Kurse kämpfen“. Fast fatalistisch nehmen viele Emittenten es einfach hin, dass ihre Kurse gen Süden gehen, ohne dass diese Unternehmen konkrete Fehler gemacht oder schlechte Zahlen abgeliefert hätten. Auch die Prognosen stimmen und werden zumeist eingehalten. Emittenten, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt, verdächtig der betrügerischen Handlungen, reißen ein gesamtes Marktsegment in die Tiefe. 

RechtsbruchWie es anders geht, haben wir vor nicht allzu langer Zeit bei drei Unternehmen aus der Automobilindustrie gesehen. Volkswagen kommt wegen Abgas-Gate unter die Räder. Innerhalb kürzester Zeit stellen sich die Vorstandsvorsitzenden von Mercedes und BMW der Öffentlichkeit und bringen klar zum Ausdruck, dass sie mit diesen Vorkommnissen nichts zu tun haben: Sie versuchen transparent zu sein. Das ist Krisen-Investor-Relations in Reinkultur.

Was geschieht aber in diesem jungen Marktsegment? Weiterhin Fehler über Fehler. Der erste Fehler, auf den wir schon mehrfach hingewiesen haben, ist, dass zu viele Unternehmen, die zu hart am Wind segeln, der Zugang zum Kapitalmarkt eröffnet worden ist. Auch den Folgefehler haben wir immer wieder benannt: Es fehlt bei einem Großteil der Unternehmen eine regelmäßige und gute Kapitalmarktkommunikation.

geld brennt gut

Einerseits wären damit die Unternehmen, die einen guten Job machen, besser zu beurteilen und würden in Krisen, wie sie gerade vorherrschen, nicht so stark in Mitleidenschaft gezogen; gleichzeitig würden Unternehmen wie German Pellets wahrscheinlich schon viel früher auffliegen, weil sie dann in einem kommunikationsstarken Markt als Transparenzverweigerer herausstechen würden.

Um auf das Zitat von Konrad Adenauer zurück zu kommen: Die Unternehmen in diesem Segment verhalten sich wie „typische“ Mittelständler. Sie meinen, außerhalb der Unternehmensmauern sind Böse, die dem Unternehmer Böses wollen – vergessen aber, dass sie sich für einen „atypischen“ (Finanzierungs-)Weg für einen Mittelständler entschieden haben. Deswegen glauben wir nicht, dass es mit diesem Verhalten auch zukünftig gut gehen wird. Wir sind nicht mehr in der Bundesrepublik Deutschland zu Adenauers Zeiten, sondern im Jahr 2016. Wir sehen keine Heimatfilme, in denen alle glücklich sind, sondern wir haben hier eine Mittelstandsfinanzierung 2.0. Dementsprechend müssten die Emittenten zusammen eine Glaubwürdigkeits- und Transparenzkampagne starten, um gemeinsam zu verhindern, dass ihr Marktsegment zerstört wird.

Meinerzag plus X

21. März 2016